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Viel Geld planlos ausgegeben? [Foto: cpm]

Kritik vom Bundesrechnungshof am Management der Energiewende

Umland: Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) steuere die Energiewende im Hinblick auf die gesetzlichen Ziele einer sicheren und preisgünstigen Versorgung mit Elektrizität weiterhin unzureichend. Es müsse sein Monitoring zur Versorgungssicherheit vervollständigen und dringend Szenarien untersuchen, die aktuelle Entwicklungen und bestehende Risiken zuverlässig abbilden.

Das schreibt der Bundesrechnungshof in seinem aktuellen Sonderbericht zur Umsetzung der Energiewende. Auf 46 Seiten wirft er dem Bundeswirtschaftsminister vor, seine Hausaufgaben nicht gemacht zu haben und sowohl die Versorgungssicherheit, wie auch die Bezahlbarkeit, die im Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) gefordert werden, nicht genügend beachtet zu haben.

EnWG, Paragraph 1 besagt:  Zweck des Gesetzes ist eine möglichst sichere, preisgünstige, verbraucherfreundliche, effiziente und umweltverträgliche leitungsgebundene Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität und Gas, die zunehmend auf erneuerbaren Energien beruht.

Bereits in seinem Bericht 2018, nach der Bundes-Haushalts-Ordnung  (BHU §99), hatte der Rechnungshof vom Bundeswirtschaftsminister gefordert, diese Zielvorgaben im Gesetz zu quantifizieren.

Nachdem im Oktober 2019 die Bundesregierung das Klimaschutzprogramm 2030 beschlossen hat, und damit eine starke Umorientierung in der bisherigen Energie-Infrastruktur rechtens wurde, möchte der Bundesrechnungshof nun wissen, wie diese zukünftigen neuen Energiestrukturen gesetzeskonform finanziert werden sollen. Er sieht dringenden Handlungsbedarf im Bundes-Wirtschaftsministerium.

Das Klimaschutzprogramm bis 2030 sieht vor, im Wärme- und Verkehrsbereich stärker auf erneuerbare Energie zu setzen. Wesentliche Bestandteile sind die Förderung der Elektromobilität und der Ausbau der Lade-Infrastruktur. Bis zum Jahr 2030 sollen sieben bis zehn Millionen Elektrofahrzeuge in Deutschland zugelassen und eine Million Ladepunkte vorhanden sein. Öl- und Gasheizungen sollen ersetzt werden durch „klimafreundliche Anlagen“ oder „erneuerbare Wärme“. Neu eingeführt wurde eine CO2-Bepreisung für Verkehr und Wärme ab dem Jahr 2021.

Teil des Klimaschutzprogramms 2030 sind auch die verstärkte Nutzung von Wasserstoff und der beschleunigte Ausstieg aus der Kohleverstromung. Im Juni 2020 beschloss die Bundesregierung eine Nationale Wasserstoffstrategie. Um einen Teil des in Deutschland benötigten Wasserstoffs zu erzeugen, wird zusätzlich erneuerbar erzeugter Strom gebraucht. Dies soll alles geschehen durch den – möglichst direkten – Einsatz von Strom aus erneuerbaren Energien.

Zusätzlich traten im August 2020 die Gesetze für die Beendigung der Kohleverstromung in Kraft. Bis spätestens zum Jahr 2038 sollen alle Kohlekraftwerke in Deutschland außer Betrieb genommen werden.

Im Klartext: Wer soll das alles bezahlen und wie soll die Versorgungssicherheit der Bevölkerung mit elektrischem Strom sichergestellt werden, wenn die Stromversorgung nur aus volatilen Erneuerbaren Energien geleistet wird?

Der Bundesrechnungshof fragt nach der Aufgabenerledigung durch das Wirtschaftsministerium (BMWi): Was hat das BMWi unternommen, um die Ziele der Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit bei Elektrizität überprüfbar auszugestalten und zu quantifizieren? Wie hat es die Vorgaben des EnWG und des Klimaschutzprogramms 2030 bei der Versorgung mit Elektrizität berücksichtigt und umgesetzt?

Die Prüfung der Wirtschaftlichkeit verfolgte einen gesamtwirtschaftlichen Ansatz und berücksichtigte die Aufgaben des BMWi als Energieministerium, sowie als Wirtschaftsministerium: Als Energieministerium hat das BMWi die Energiewende zu gestalten.

Als Wirtschaftsministerium hat das BMWi die Rahmenbedingungen für Unternehmen, Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Verbraucher in Deutschland mitzugestalten. Es soll durch Fördermaßnahmen für Technologien dem Mittelstand, sowie dem Energie- und Außenwirtschaftsbereich Impulse setzen für dauerhaftes, tragfähiges Wachstum und Wohlstand.

Damit soll es auch einen Beitrag leisten, um die nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen im internationalen Wettbewerb zu sichern. Für Mittelstands-, Innovations- und Technologieförderung waren 5,4 Mrd. Euro im Bundeshaushalt 2020 veranschlagt.

Prüfungsergebnisse zur Versorgungssicherheit bei Elektrizität

Dem EnWG entsprechend umfasst die Versorgungssicherheit drei Dimensionen: Versorgungssicherheit am Strommarkt, Versorgungszuverlässigkeit und Systemsicherheit.

Zur Versorgungszuverlässigkeit und Systemsicherheit gehört die Betrachtung von Netzausbau und Speichern, der Netzwartung, Netzstörungen und Maßnahmen zur Gewährleistung der Netzstabilität, sowie Nachfragespitzen und Versorgungsausfällen.

Zu diesen Aspekten sagt das Monitoring des BMWi bisher nichts oder kaum etwas aus. Insoweit ist das Monitoring lückenhaft, resümiert der Bundesrechnungshof.

Im Übrigen seien die Annahmen des BMWi zur Versorgungssicherheit bei Elektrizität teils zu optimistisch und teils unplausibel. So hat das BMWi kein Szenario untersucht, in dem mehrere absehbare Faktoren zusammentreffen, die die Versorgungssicherheit gefährden können.

Durch den Kohleausstieg entsteht eine Lücke von bis zu 4,5 Gigawatt gesicherter Leistung, die das BMWi noch nicht bei der Bewertung der Versorgungssicherheit berücksichtigt hat.

Um den Anforderungen des EnWG zu genügen, muss das BMWi dringend aktuelle und realistische Szenarien untersuchen. Außerdem muss es ein „worst-case“-Szenario untersuchen, in dem mehrere absehbare Faktoren zusammentreffen, die die Versorgungssicherheit gefährden können.

Prüfungsergebnisse zur Bezahlbarkeit von Elektrizität

In keinem anderen EU-Mitgliedsstaat sind die Strompreise für typische Privathaushalte zurzeit höher, als in Deutschland. Sie liegen 43 % über dem EU-Durchschnitt. Auch für Gewerbe- und Industriekunden mit einem Stromverbrauch zwischen 20 und 20.000 Megawattstunden (MWh) pro Jahr liegen die deutschen Strompreise teils an der Spitze. Die Strompreise für Großverbraucher mit mehr als 150.000 MWh pro Jahr liegen hingegen unter dem EU-Durchschnitt. Treiber hoher Strompreise waren und sind die staatlich geregelten Preisbestandteile, insbesondere die Erneuerbare-Energien-Gesetz-Umlage.

Das BMWi hat nach wie vor nicht bestimmt, was es unter einer preisgünstigen und effizienten Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität versteht. So gibt es keine Zielwerte, die festlegen, bis zu welchem Niveau Strom als preisgünstig gilt. Die Indikatoren bilden die Entwicklung bei den Letztverbrauchspreisen nicht hinreichend ab.

Die Prüfer fordern, das BMWi muss bestimmen, was es unter einer preisgünstigen und effizienten Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität versteht. Es muss anhand von Indikatoren festlegen, bis zu welchem Niveau Strom als preisgünstig gilt.

Angesichts der Entwicklung der Strompreise empfiehlt der Bundesrechnungshof eine grundlegende Reform der staatlich geregelten Energiepreis-Bestandteile. Der Wirtschaftsminister müsse anstreben, das System der staatlich geregelten Strompreis-Bestandteile grundlegend zu reformieren. Anderenfalls besteht das Risiko, die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands und die Akzeptanz für die Energiewende zu verlieren.

Die Annahmen des BMWi für die Bewertung der Dimension Versorgungssicherheit am Strommarkt seien zum Teil unrealistisch oder durch aktuelle politische und wirtschaftliche Entwicklungen überholt, kritisieren die Prüfer. Das Monitoring bei der  Versorgungszuverlässigkeit und der Systemsicherheit sei lückenhaft.

Kohleausstieg ohne belastbare Szenarien  

Auch der Kohleausstieg wird vom Bundesrechnungshof kritisiert. So entstünde ab 2022 eine Versorgungslücke von bis zu 4,5 GW gesicherter Leistung. Dies entspricht einer Leistung von vier großen konventionellen Kraftwerken. (2022 sollen die noch verbliebenen deutschen Kernkraftwerke vom Netz, die Red.)

Die Berechnung der Lastausgleichswahrscheinlichkeit durch das vom BMWi herangezogene Gutachten zur Versorgungssicherheit 2019 beruht auf Annahmen, die zum Teil unrealistisch erscheinen oder durch aktuelle politische und wirtschaftliche Entwicklungen überholt seien.

Die betrachteten Szenarien reichen nicht aus, um die Schwächen des Referenzszenarios zu heilen. Um überzeugend nachzuweisen, dass die Versorgungssicherheit am Strommarkt jederzeit gewährleistet ist, bedarf es zusätzlich der Analyse eines „worst-case“-Szenarios. Dieses muss nach Auffassung des Bundesrechnungshofes verschiedene, die Versorgungssicherheit gefährdende Entwicklungen gemeinsam betrachten.

Ausstieg aus der Versorgungssicherheit

Die Kritik des Bundesrechnungshofes an einem gefährlichen Ausstieg aus der Versorgungssicherheit hatte sich bereits im Januar 2021 bestätigt, wie kaltesonne.de und „Die Welt“ berichten.

Zum 1. Januar 2021 wurden in Deutschland elf Steinkohlekraftwerke mit einer Gesamtkapazität von 4.700 Megawatt abgeschaltet und die Betreiber für das vorzeitige Aus mit 317 Millionen Euro vergütet. Unter anderem wurde das leistungsstärkste deutsche Steinkohlekraftwerk Heyden zum 1. Januar 2021 abgeschaltet – fünf Jahre vor dem eigentlich geplanten Aus.

Allerdings musste die Anlage, auf Ersuchen des Netzbetreibers Tennet, seit dem Jahreswechsel bereits sechsmal wieder hochgefahren werden, um das deutsche Stromnetz zu stabilisieren. Grund hierfür waren einerseits Störungen im europäischen Netz (am. 8. Januar und 25. Februar) und Dunkelflauten im Verlaufe des Januars und Februars 2021.

Zwei weitere Anlagen, die zum 1. Januar stillgelegt wurden, müssen wohl auf unbestimmte Zeit in Betrieb bleiben: Der Netzbetreiber Amprion beantragte bei der Bundesnetzagentur, das Kraftwerk Walsum 9 der STEAG und das Kraftwerk Hamm Westfalen E der RWE als „systemrelevant“ einzustufen und die Eigentümer zum Weiterbetrieb als Reservekraftwerke zu verpflichten.
Die Strommangelsituation wird in den  Dunkelflauten des nächsten Winters offenkundig werden, wenn weitere drei Kernkraftwerke (Brokdorf, Grundremmingen, und Grohnde) abgeschaltet werden sollen.

Wie relevant ist unser Kohleausstieg weltweit?
Während Deutschland sich von Kohlekraftwerken verabschiedet, sieht das global anders aus. Zwar gingen weltweit 17.000 MW Kohlekraftwerke vom Netz (vornehmlich in den OECD Staaten), aber fast doppelt soviel Kapazität (38.400 MW) wurde in China im vergangenen Jahr netto zugebaut. (8660 MW gingen 2020 in China vom Netz. 38.400 MW neue Kohlekraftwerke gingen ans Netz

Im vierzehnten 5-Jahresplan der Volksrepublik China, der in diesen Tagen verabschiedet wird, streut die KP Chinas der Weltöffentlichkeit Sand in die Augen. Um 18 % soll die CO2-Emission, bezogen auf das Bruttosozialprodukt (BSP) bis 2025 gesenkt werden. Das hört sich doch großartig an. Das BSP soll aber im nächsten und den darauffolgenden Jahren um 6 % steigen. Das wären dann also 30 % -18 % = 12 % CO2-Mehremissionen allein in den nächsten fünf Jahren. Dieser Zuwachs sind 1,2 Milliarden Tonnen CO2 , fast das doppelte der Gesamtemissionen Deutschlands. Aber China, der Weltexportmeister, hat im Pariser Abkommen den Status eines Entwicklungslandes. Das Land kann machen, was es will.

Die Botschaft des 5-Jahresplans der chinesischen Staats- und Parteiführung dagegen lässt keinen Zweifel: Peking will einen dominanten Platz in der Weltwirtschaft. Das oberste Ziel lautet Autarkie. Wie gesagt: Laut UNO immer noch ein Entwicklungsland. (kaltesonne.de)

Mehr zum Thema:

Bundesrechnungshof Bericht vom 30. März 2021

Die Freitagskinder von Lummerland und der 4600 Milliarden Euro Flop

3.4.2021PolitikUmland0 Kommentare cpm

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