Umland: Bereits 1977 wurde Gerhard Wagner, der in Marburg Germanistik und Geschichte studierte, Mitglied der Deutschen Burgenvereinigung. „Seitdem ich meinen Zivildienst in einer, zur Jugendherberge umgebauten, sauerländischen Burg absolviert habe, setze ich mich für den Erhalt und die Restaurierung historischer Burgen und Schlösser ein“, erzählt der 61-Jährige. Seine Liebe zu den geschichtsträchtigen Gemäuern und sein Faible fürs Mittelalter war so groß, dass seine Frau Sabine schon früh augenzwinkernd zu ihm meinte: „Irgendwann schenke ich Dir eine Burg.“
Dazu sollte es zwar nicht kommen, trotzdem wohnen Wagners mittlerweile in einem Bilderbuch-Ambiente – auf der Marksburg, dem Sitz der Deutschen Burgenvereinigung. Denn seit 2001 ist Gerhard Wagner Geschäftsführer dieser 1899 gegründeten, privaten Denkmalschutzinitiative. „Plötzlich war ich Burgvogt und Museumsleiter in einer Person“, blickt Wagner zurück. Sein Domizil hat er im „Neubaugebiet“ dieser imposanten Festung aus dem 13. Jahrhundert, die im Laufe der Jahrhunderte stetig erweitert wurde. Gerhard Wagner lebt in einem Stockwerk, das 1708 auf den romanischen Palas von 1239 aufgesetzt worden ist.
Um die Führungen durch die beeindruckende Burganlage, deren Ansicht in diesem Jahr eine Sondermarke der Deutschen Post ziert, lebendig zu gestalten, werden den Besuchern anhand der Exponate auch mittelalterliche Redewendungen nahegebracht. An einer Ritterrüstung lässt sich trefflich die überlieferte Redensart „Mit offenem Visier kämpfen“ erklären. Ursprünglich auf dem historischen Schlachtfeld angewendet, steht diese Formulierung heute für faire Verhandlungen auf Augenhöhe. Aber Hand aufs Herz! Wissen Sie, was Formulierungen wie „Pech gehabt“, „Die Kurve kratzen“ oder „Steinreich sein“ früher einmal aussagten?
„Nach unseren Führungen fragten die Burgbesucher immer wieder nach, ob es diese anschaulichen Erklärungen nicht auch in Buchform gebe“, erzählt der Burgvogt. Denn was man Schwarz auf Weiß besitzt, kann man getrost nach Hause tragen.
Dieses Publikumsinteresse war für Wagner Ansporn, über 200 „bedrohte (Redens-)Arten“ aus dem Mittelalter zu analysieren und so vor dem Aussterben zu bewahren. „Redewendungen sind Brücken in die Vergangenheit. Leider gehen diese Brücken immer mehr verloren, weil viele Bezüge, auf die Redensarten zurückgehen, heute in Vergessenheit geraten sind“, schreibt er im Vorwort seines ersten Buches „Schwein gehabt! – Redewendungen des Mittelalters“. Der amüsant-informative und lesenswerte Band, in dem er 2011 auf 128 Seiten geflügelte Worte aus den Bereichen Rittertum, Gerichtsbarkeit, Handel oder Familienleben erklärt und in den modernen Sprachgebrauch des 21. Jahrhunderts einordnet, wurde mittlerweile zum Bestseller.
In unserer Rubrik „Das letzte Wort hat…“ finden Sie nun wöchentlich eine der überlieferten Redensarten, die – in ihren historischen Kontext eingeordnet – von Gerhard Wagner erklärt und gedeutet wird. Eine Fundgrube – nicht nur für Geschichtsinteressierte.
Nähere Informationen zur gemeinnützigen Denkmalschutzinitiative Deutsche Burgenvereinigung gibt es unter www.deutsche-burgen.org und www.marksburg.de.
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