Bad Münstereifel: „Eines Tages ein Museum zu eröffnen, ist der Traum jedes Sammlers“, das wissen Cornelia und Rolf Urbild aus eigener Erfahrung. Seit über dreißig Jahren sammelt das Ehepaar historisches Spielzeug und vor dreizehn Jahren, im April 2003, konnten die beiden ihren ganz großen Traum in die Tat umsetzen: In Bad Münstereifel eröffneten sie ein privates Puppen- und Spielzeugmuseum. Hunderte liebevoll arrangierter Exponate warten darauf, von großen und kleinen Besuchern bestaunt zu werden.
Bei einem ihrer traditionellen Wanderwochenenden in der Eifel entdeckte das Erftstädter Ehepaar 1999 ein altes, zum Verkauf stehendes Fachwerkhaus. „Wir waren die ersten, die sich dafür interessierten, und haben auch den Zuschlag bekommen“, erinnert sich Cornelia Urbild an die Anfänge. Gut drei Jahre dauerte es, um das 1780 erbaute Haus, Alte Gasse 28, mit viel Eigeninitiative in ein Museum umzuwandeln.
Wer nun das restaurierte Gebäude betritt, fühlt sich in ein anderes Jahrhundert zurückversetzt. Auf zwei Etagen und insgesamt 120 Quadratmetern stellen Urbilds wertvolle Puppen und Teddybären, Ritterburgen und Kaufmannsläden, Eisenbahnen, Zinnfiguren und historisches Blechspielzeug aus. Heiß geliebte Raritäten, zum Spielen schön. Angefangen hat ihre Sammelleidenschaft in den frühen 1980er Jahren. Damals schenkte der frisch verheiratete Rolf Urbild seiner Frau Cornelia einen Puppenbaukurs, bei dem nach alten Vorbildern Porzellanpuppen hergestellt wurden. Wenig später entdeckten die beiden auf einem Trödelmarkt in den Bonner Rheinauen ihre erste, wirklich authentisch-alte Puppe. Für 4.000 Mark wechselte die Antiquität damals den Besitzer und wurde – ohne es zu wissen – Mitbegründerin des Museums.
Mittlerweile tummeln sich hunderte von Teddys, Puppen und Zinnsoldaten in den maßgefertigten Vitrinen. Alle liebevoll zusammengetragenen Raritäten sind nach Themengruppen in Szene gesetzt: Da gibt es die 1907 von der Firma Schoenhut aus Holz gedrechselten Zirkusartisten. Wie die späteren Playmobil-Figuren hat diese „Humpty Dumpty“-Truppe bereits Greifhände, sodass sich die gut 15 Zentimeter großen Holzpuppen überall in der Manege festhalten konnten: In kunterbunte Stoffkostüme gewandet, zeigen die beweglichen Trapezkünstler waghalsige Kunststücke. Elefanten, Tiger und Eisbären beleben die Szene. Nebenan – im früheren Musikzimmer der ortsbekannten, verstorbenen Hausbesitzerin und Lehrerin „Fräulein Scheeben“, – hockt ein riesiger Eisbär aus Plüsch lässig an der Kaffeetafel und studiert das Gästebuch des Museums.
Im Laufe der Jahre sind Urbilds zu Experten für historisches Spielzeug geworden. Nicht ohne Stolz zeigen sie die Raritäten ihrer Sammlung. In einem kleinen Pappkarton lächelt ein Puppenkind in adrettem Kleidchen, allerdings ohne Beine, aber dafür mit zwei Stiefelchen, was manche Besucher schon verwundert hat. „Das ist eine Fingerlaufpuppe aus dem Jahr 1910“, erläutert Rolf Urbild. Das spielende Kind schlüpfte damals von oben mit der Hand ins Kleid des Püppchens, rutschte mit den Fingern in die kleinen Schuhe und schon konnte das Puppenkind loslaufen… Eine absolute Seltenheit ist auch die so genannte „Schlopsnies Puppe“. Damit die aufgemalten Puppengesichter im Laufe der Jahre nicht verblassen, entwickelte der Tüftler vor fast 100 Jahren eine Technik, mit der ein Puppenköpfchen auch von innen bemalt werden konnte. So leuchten die Wangen des Steiff-Spielzeugs auch heute noch aprikosenfarben. Eins der weltweit raren Exemplare vom „Peter Bär“ hat ebenfalls in Bad Münstereifel ein neues Zuhause gefunden. In den 1930er Jahren produzierte die Firma Süßenguth bei Coburg einen Spielteddy mit beweglichen Augen und Zunge. Eine absolute Innovation, doch das geöffnete Bärenmaul mit den gefletschten Zähnen flößte den Kindern Angst ein. In unbespieltem Zustand wurde die ganze Charge nach Südamerika verschifft und fand erst vor wenigen Jahren den Weg zurück nach Europa.
Lebensecht sehen die Auslagen in den Kaufmannsläden aus: Mit Mehl bestäubte Miniatur-Brote liegen in den Regalen, in der Konditorei warten knusprige Torten auf Kundschaft und in der Metzgerei baumeln pralle Würste und rosige Schweinehälften an der Wand. In zahllosen Arbeitsgängen haben die beiden Spielzeug-Fans diese Dekoration aus brennbarer Knetmasse selber modelliert. Und wer genau hinschaut, entdeckt in einer der viele Puppenstuben sogar einen appetitlich gedeckten Tisch. Auf winzigen Tellern werden Spargelstangen mit Schinken umwickelt serviert. So klein und zart, dass Urbilds dieses appetitliche Menü nur mit Stecknadeln zubereiten konnten.
Aus alten Stoffen werden teilweise auch neue Kleider für die Museumspuppen genäht. Auch hier achten die Sammler ganz genau auf die historischen Details. Bei der korrekten Ausstattung einer Puppengruppe halfen sogar die Schwestern des Klosters Maria Hilf mit. „Sie erklärten mir, wie die Schwesternhauben auszusehen haben“, erzählt die 58-Jährige Puppenmutter lachend. Schon als kleines Mädchen kauerte Cornelia Urbild neben ihrer Mutter, die als Schneiderin an der Nähmaschine saß, und fertigte Garderobe für ihre Puppen.
Eins betonen Urbilds immer wieder: „Wir sind kein Indoor-Spielplatz, sondern ein Museum.“ Und mit Blick auf den lebensgroßen Steiff-Löwen, der im Obergeschoss Wacht hält und auf dem die Besucherkinder reiten dürfen, fügt Cornelia Urbild hinzu: „Wenn Sie wüssten, wie viele Kaugummis wir schon aus der Mähne schneiden mussten.“
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