Nideggen: „Ran an die Kiste“ lautete der Auftrag, den die Schüler der Nideggener Adolf-Kolping-Hauptschule mit Bravour in die Tat umgesetzt haben. Gemeinsam mit ihrer Mathe-, Bio- und Werklehrerin Gerda Engel zimmerten die Zehntklässler fünf Steinkauz-Nistkästen für die Streuobstwiesen der Region. Den Prototyp für diese Bruthilfen hatten die Jugendlichen von der Biologischen Station des Kreises Düren in Nideggen-Brück bekommen. „Ganz bewusst haben wir auf vorgefertigte Baupläne verzichtet“, erklärte Gerda Engel, die gemeinsam mit Doris Siehoff, Vertreterin der Gesellschaft zur Erhaltung der Eulen (EGE), das Projekt in die Wege geleitet hatte.
In sechs Unterrichtseinheiten à sechs Stunden des so genannten Berufseinführungskonzepts (BEKO) galt es, die Eulenbehausungen zu bauen. Da wurde gemessen, gesägt, geschraubt und geschliffen. Hiesige Firmen hatten das Projekt im Vorfeld mit Sachspenden wie robusten Lärchenbrettern, rostfreien Schrauben und Scharnieren sowie wetterfester Teerpappe unterstützt. Zuvor hatten sich die Jugendlichen intensiv mit der kleinen Eule beschäftigt, Bücher gewälzt und Videos geschaut. Gemeinsam tüftelten sie aus, wie die hölzernen Eigenheime für Eulen noch sicherer und komfortabler gebaut werden könnten, brachten zwischen Schlupfloch und Wohnstube eine „Mardersperre“ ein und sorgten für zusätzliche Belüftungsschlitze. Am Dienstag war es dann soweit: Mit reichlich Anschauungsmaterial kam Doris Siehoff in den Werkraum der Schule, bestaunte die perfekt gebauten Nisthilfen und erzählte den Schülern von ihrem zehnjährigen Einsatz für die gefiederten Jäger. Anhand eines Vogelmodells aus Papier zeigte sie, wie es – mit geübtem Griff – gelingt, die nachtaktiven Vögel zu beringen. Der leichte, nummerierte Aluring sei so eine Art Personalausweis für die Eulen. Anhand der persönlichen Kennnummer jedes Vogels erhalten die Naturschützer einen Überblick über den Bruterfolg, die Brutplatz- und Partnertreue, die Familienverhältnisse, sowie die Altersstruktur und Ausbreitung der kleinen Eulenart. Meist bleiben die Steinkäuze, die bis zu 15 Jahre alt werden, ihrem einmal gewählten Brutplatz treu. Manche Exemplare entpuppen sich aber auch als regelrechte „Wandervögel“, so sei ein im Kreis Euskirchen beringter und registrierter Steinkauz im 265 Kilometer entfernten Steinheim aufgefunden worden. Frisch geschlüpfte Steinkäuze wiegen nur zwölf Gramm und haben ein weißes Gefieder – weich wie Samt, erklärte Siehoff. Mit fünf Wochen seien sie dann flügge.Auch für die Eulenschützer gilt das Prinzip „learning by doing“, also während der Praxis aus den eigenen Erfahrungen lernen. „Früher wurden die Nistkästen unter die Äste der Obstbäume gehängt“, erzählte Doris Siehoff den Schülern. So konnte es aber passieren, dass die neugierigen, aber noch nicht flugfähigen Jungvögel aus dem Nistkasten purzelten. „Mittlerweile montieren wir die Kästen auf den Ästen.“ So habe der Steinkauz-Nachwuchs auf den verästelten Zweigen gute Voraussetzungen für den Flug ins Leben.
Fasziniert hörten die Teenager im Alter von 15 bis 18 Jahren zu, als Doris Siehoff einen MP3-Player anschaltete und den typischen Ruf eines „revieranzeigenden“ Steinkauz-Männchens ertönen ließ. Auch auf solche Signale eines Rivalen aus der Retorte reagieren die kleinen Eulen meist lautstark und signalisieren dem vermeintlichen Konkurrenten unter Protest, dass dieses Streuobstwiesen-Revier bereits bewohnt werde. Mit diesem technischem Trick sei es möglich, die Steinkauz-Population in der Region zu kartieren. Manchmal allerdings durchschauen die weisen Vögel den Trick der Menschen: „Dann äugen sie schweigend aus den alten Obstbäumen auf uns herunter“, räumte Doris Siehoff schmunzelnd ein.
2016 sei ein schwieriges Jahr für die Aufzucht von Jungtieren gewesen. „Es regnete im Frühjahr so viel, dass die Mäuse in ihren unterirdischen Gängen ertranken“, schilderte sie den Schülern. Und so manches Gelege sei wegen Nahrungsmangel aufgegeben worden. Einige Steinkauz-Paare versuchten jedoch, ihren Nachwuchs nur mit Käfern und Regenwürmern durchzubringen. „Wir haben einen Baum gesehen, in denen die Würmer als Vorrat für die Jungtiere wie Lametta aufgereiht hingen“, beschrieb Doris Siehoff.
Was im Werkraum der Nideggener Schule zunächst nur in der Theorie erläutert wurde, konnte kurz darauf in der Praxis erlebt werden. Auf der Streuobstwiese von Obstbaumwart Gerhard Kuckertz wurden die jungen Forscher fündig. In den dort bereits installierten Nistkästen entdeckten sie zwei Steinkäuze, die mit geübtem Griff von Doris Siehoff aus ihrer Behausung gehoben, gewogen und registriert werden konnten. Anschließend wurde auf einer anderen Obstwiese der erste, von den Schülern selbst gebaute Nistkasten installiert.
„Dass wir tatsächlich auf belegte Nistkästen gestoßen sind, war das Highlight unserer BEKO-Initiative“, fasste Pädogogin Gerda Engel den gemeinsamen Feldversuch zusammen. Das kommende Werk-Projekt steht bereits fest: Als nächstes wollen die Schüler Cajónes – hölzerne Kistentrommeln – bauen, die der letzte Jahrgang der traditionsreichen Nideggener Hauptschule beim Abschiedsfest lautstark einsetzen will, bevor diese Schulform abgewickelt wird. Denn – so formulierte es Schulleiterin Christa Stahl: „Wir gehen nicht stillschweigend!“
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