Heimbach: „Zeit meines Lebens kenne ich dieses Kraftwerk“, sagt Hubert Breuer. „Als Kind, als Gast, als Leiter. Zeit meines Lebens hatte ich mit dem Kraftwerk zu tun.“ Nun endet diese Ära: Am 1. April geht Hubert Breuer, der Mann mit dem unangepassten Haarschnitt, in Ruhestand. Im Gespräch mit EIFELON ließ er die letzten Jahrzehnte Revue passieren.
Nach seiner Meisterprüfung 1984 übernahm der gelernte Elektriker die Führung des 1905 eröffneten Wasserkraftwerks als „Kraftwerksgruppenleiter“. Er (er)fand neue Wege, um das idyllisch gelegene Jugendstil-Kraftwerk auch als Industriemuseum attraktiv auszulasten. Schritt für Schritt entstand in der oberen Etage der Maschinenhalle eine kuriose Sammlung elektrischer Haushaltsgeräte. Anhand eines „Zeitstrahls“ und historischer Bilder können die nostalgischen Maschinen nun mit dem damaligen Zeitgeschehen verbunden werden. Waren es bis dato etwa 100 Experten, die sich vor Ort ein Bild von der früheren Technik machen wollten, steigerten sich die jährlichen Besucherzahlen im „schönsten Kraftwerk Deutschlands“ bis auf 15.000 Gäste. „Wir haben einen Rundgang ausgearbeitet, wie wir die Geschichte der Elektrifizierung der Eifel am bestem den Besuchern nahebringen können“, schildert Hubert Breuer.
Dabei achtete Hubert Breuer auf jedes Detail: Egal, ob die Ausschilderung auf dem Gelände oder die Beschriftung der Bürotüren. Alles wurde dem Stil der damaligen Zeit nachempfunden: Die gewölbten Emailleschilder mit nostalgischer Schnörkelschrift passen zum originalen Jugendstil-Inventar, das seit 1905 im ehemaligen Büro des ersten Kraftwerksleiters steht.Zwei Erlebnisse aus seinem Berufsleben im Heimbacher Kraftwerk bleiben Hubert Breuer unvergesslich. „Mitte der 1980er Jahre hatten wir hier einen totalen Netzausfall. Durch einen technischen Fehler fielen alle Kraftwerke gleichzeitig aus.“ Es piepste, blinkte. Die roten Warnlichter flammten auf und Sirenen heulten. „Alles untermalt mit dem Lärm von Hubschraubern, die über dem Rursee kreisten“, beschreibt Breuer das damalige Chaos und weist auf die riesige Schalttafel im Nebenraum.
Unvergessen auch das Jahr 1997. Damals musste die 2.740 Meter lange Druckrohrleitung vom Urftsee zu den Turbinen im Kraftwerk überprüft werden. Durch einen Eingang „groß wie ein Scheunentor mit einer Breite von fünf Metern“ führte der Weg der Kontrolleure steil abwärts. Die letzten 200 Meter im Stollen wurden zur abenteuerlichen „Science Fiction“-Fahrt. Auf einem selbstkonstruiertem Wagen ließen sich Breuer und sein Team abseilen, um alle zwei Meter die Wandstärke der Druckrohrleitung per Ultraschall zu messen. Das Vehikel war zwar mit zwei dicken Stahlseilen gesichert, doch die damalige Anspannung ist im Gespräch mit EIFELON auch 20 Jahre später noch im Gesicht des Kraftwerkleiters abzulesen.
Maßgeblich war Hubert Breuer auch an der Erfolgsgeschichte des Kammermusikfestivals „Spannungen“ beteiligt. „Als der junge Lars Vogt 1997 nach einem alternativen Veranstaltungsort für Konzerte suchte, war ich von der Idee sofort angetan. Das war die Chance für Heimbach, groß rauszukommen“, erklärt er und bekennt – frank und frei – im gleichen Atemzug, dass er damals mit klassischer Musik „nicht viel am Hut“ hatte. Das hat sich im Laufe der zwei Jahrzehnte gewaltig geändert. „Ich bin begeistert, was die Musiker aus ihren Instrumenten herausholen können“, sagt er 20 Jahre später.Damals sei es noch eine spontane Idee gewesen. Umgesetzt nach dem Motto: „Wir probieren mal, ob überhaupt welche kommen.“ In enger Kooperation mit Verwaltung und Bauhof der Stadt Heimbach wurde ein erstes Klavier-Konzert mit Lars Vogt organisiert. „Der Laden war rappelvoll“, erinnert sich Breuer an den Ursprung des mittlerweile weltweit renommierten Festivals. „Damals mussten wir uns die Bestuhlung im ganzen Stadtgebiet zusammensuchen“, erzählt er mit amüsiertem Kopfschütteln. „Manche Stühle waren rot, andere beige, einige gehörten RWE, andere der Stadt Heimbach…“
Im Laufe der Jahre sind intensive Freundschaften gewachsen: Egal, ob mit den Musikern, dem künstlerischen Festivalleiter Lars Vogt oder dem Klavierstimmer, der jedes Jahr für den guten Ton sorgt. Beim letztjährigen Sponsorenkonzert wurde der verdutzte Kraftwerksleiter auf die Bühne gebeten und vom RWE-Vorstand offiziell geehrt: „Spannungen ohne Hubert Breuer ist wie Heimbach ohne Wasser aus der Rur“ steht auf der Foto-Collage, die ihm an jenem Abend überreicht wurde und seinen jahrzehntelangen Einsatz im Heimbacher Kraftwerk dokumentiert.Dem Festival bleibt Hubert Breuer erhalten. „Ich wurde schon gefragt, ob ich ‚Spannungen‘ auch weiterhin als Fotograf begleite“, meint er schmunzelnd. Im Laufe der vergangenen 20 Jahre hat er das Musik-Event stets mit der Kamera fotografisch dokumentiert. Langweilig wird es ihm also auch in Zukunft nicht werden: „Mit der Landwirtschaft mache ich ebenfalls weiter“, unterstreicht der Züchter von Galloways, der engagierte Karnevalist und Großvater von drei Enkelkindern.
Bisher 0 Kommentare
Kommentar schreiben
Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Beitrag. Schreiben Sie den Ersten.
Einen neuen Kommentar schreiben
Um einen neuen Komentar zu schreiben, melden Sie sich bitte mit ihrem Benutzernamen und Passwort an. Wenn Sie noch keinen EIFELON-Account haben, können Sie sich kostenlos und unverbindlich registrieren.