Nideggen, Berg: „Ich bin überzeugt, dass Bio-Äpfel besser schmecken und gesünder sind“, sagt Aloysius Knein. Seit zwanzig Jahren baut der Nideggener Äpfel und Birnen nach Biostandard an. Für ihn ist das eine Lebenseinstellung. „Wer einmal den biologischen Anbauweg ausprobiert, wird ihn auch weitergehen.“ Und: Konventionellen Anbau kann er „nicht verantworten“, schon allein wegen der Spritzmittel. „Ich habe viel Elend gesehen, das durch Spritzmittel hervorgerufen wurde“, sagt der 58-jährige Knein über seine Zeit als Entwicklungshelfer beim deutschen Entwicklungsdienst. Statt zur Bundeswehr zu gehen, hatte sich der damals 21-Jährige für diesen Ersatzdienst entschieden und zwei Jahre lang vor Ort Bauern in Bolivien und Peru landwirtschaftlich beraten. „Ohne Schutzkleidung haben die Bauern dort – die meisten Analphabeten – Spritzmittel auch deutscher Chemiekonzerne auf ihre Felder gesprüht. Bei uns waren die Mittel schon zu der Zeit längst verboten.“ Anschließend ist Knein nach Deutschland zurückgekehrt, hat seinen Baumschul-Meister gemacht und in seinem Heimatdorf Nideggen-Berg eine Bio-Baumschule aufgebaut. Die biologische Aufzucht von Bäumen ist sehr arbeitsintensiv. Langfristig hat sich diese Arbeit nicht rentiert. Nicht verkaufte Obstbäume hat Knein schließlich selbst angepflanzt, und allmählich hat sich aus der Baumschule ein Bio-Obstbaumbetrieb entwickelt. Knein führt ihn gemeinsam mit Thomas, seinem 28-jährigen Sohn und Meister im Obstbau.
Es sind mehrere Säulen, die den Bio-Obstanbau tragen: Vorausschauendes Denken gehört dazu. Im Winter beispielsweise achtet Knein schon beim Schneiden der Äste auf ein physiologisches Gleichgewicht zwischen Wachstum, Fruchtbarkeit und Gesundheit des Baumes. Wichtiges Augenmerk ist hierbei ein Nichtzuviel und Nichtzuwenig an Blütenaugen, die die Knospen für die Äpfel im nächsten Frühjahr ausbilden werden. Insgesamt müssen die Arbeiten am Baum zeitgerecht stattfinden. „Ein Zuspät verzeiht der Baum nicht“, erklärt der 58-Jährige. Ansonsten kann es sein, dass die Arbeit eines ganzen Jahres umsonst war. Dann beispielsweise, wenn die Bäume, von Pilzen befallen, an Mehltau erkrankt sind. Chemische Wirkstoffe, die nach einem Befall im konventionellen Anbau eingesetzt werden, sind beim biologischen tabu. Hier darf nur vorbeugend mit Pflanzenschutzmitteln gespritzt werden, und diese müssen aus biologischen Wirkstoffen bestehen. Präventiv gegen Mehltau setzt Knein auf eine Kombination aus Backpulver und Gesteinsmehl. Bis drei Wochen vor der Ernte bespritzt er die 40.000 Apfel- und Birnenbäume bedarfsweise mit diesem Mix. Einmal im Jahr macht er den Boden fit mit natürlichem Dünger, Kompost und Mist. Die mechanische (statt chemische) Bodenbearbeitung ist ein weiterer Pfeiler des Biobaus, auch gegen ein Zuviel an Unkraut. Allerdings bedeutet dies nicht, dass Kneins niederstämmige Obstbäume auf kahlem Boden wachsen. Ihm ist wichtig, dass „es lebt und fast durchs ganze Jahr auf dem Boden blüht“. Durch einen gewissen Grad an Verunkrautung mit beispielsweise Brennnesseln, Disteln oder Vogelmiere fördert er Nützlinge seiner Bäume. Die Bienenkästen eines befreundeten Imkers stehen permanent auf seiner Plantage. Die Bienen finden hier genügend Futter. Da Apfel- und Birnenbäume häufig von der Pilzerkrankung Schorf betroffen sind, ist der Anbau schorfresistenter Sorten ein weiterer Hauptpfeiler. Die Kneins haben sich bei den Birnen für die Sorten Conference und Concord entschieden. 80 Prozent der Äpfel sind von der Sorte Topaz, der neben seiner Schorfresistenz wenig anfällig für Mehltau und Obstbaumkrebs ist.Der tschechische Professor Tupy hatte diese Winterapfelsorte 1982 gezüchtet und bei einer Veranstaltung der Föko (Fördergemeinschaft Ökologischer Obstbau e.V.) 1992 vorgestellt, an der auch Aloysius Knein teilnahm. Knein kaufte die Sortenrechte und selektiert seitdem immer weiter auf neue Apfelsorten: Er schaut sich die einzelnen Obstbäume und ihre Früchte genau an. Seine Hauptkriterien sind schön ausgefärbte und wohlschmeckende Äpfel. Von deren Baum nimmt er dünne Zweige und veredelt damit den Stamm eines anderen Apfelbaumes. Sagt ihm das Ergebnis zu, meldet er den Apfel beim Bundessortenamt und beim europäischen Gemeinschaftlichen Sortenamt CPVO (Community Plant Variety Office), die ihn nach einer Prüfung als neue Sorte erklärt. Das Sortenrecht besteht dann für 30 Jahre. Wer immer diese neue Apfelsorte anbauen möchte, muss bei Obstbauer Aloysius Knein eine Lizenz anfragen, und Knein erteilt sie, gegen Gebühr. Beispielsweise genießt der von Knein selektierte rote Topaz, von dem jährlich 150.000 Stämme in Westeuropa angebaut werden, europäischen Sortenschutz. Die Selektion ist für Knein stückweit auch ein Hobby. Inzwischen hat er auch die Sorte schwarzer Topaz selektiert, der noch dunkelroter erscheint als der rote Topaz. Und weiterhin arbeitet er mit Universitäten zusammen, vor allem mit tschechischen, aber auch amerikanischen, von denen er neue Sorten ausprobiert. Sagen sie ihm zu, kauft er die Sortenrechte ab, vermarktet sie selbst und selektiert sie weiter zu neuen Sorten. Sein Wissen gibt er an Sohn Thomas weiter sowie an Praktikanten, die auf dem Hof arbeiten, derzeit ein Georgier und ein Russe.
Zu 99 Prozent kommen Geschäftskunden in den Genuss der jährlich meist über 100 Tonnen Äpfel und Birnen, die er in seinen drei Kühlhäusern lagert. Jedermann hat samstags von 10.00 bis 14.00 Uhr in der Berger Frankenstraße 69 die Gelegenheit, das Obst zu kaufen.
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