Eifel: Es war eine Sensation: Unabhängig voneinander entdeckten zwei, vom Landschaftsverband Rheinland (LVR) lizensierte Sondengänger in diesem und vergangenem Jahr auf den Feldern rund um Mönchengladbach-Rheindahlen so genannte „Papstbullen“. Zwei Bleisiegel aus dem 13. Jahrhundert, die einem Dekret von Papst Bonifatius VIII. damals das „Echtheitszertifikat“ verliehen. Die geweihten Siegel lagen – nur wenige Kilometer voneinander entfernt – in heute noch landwirtschaftlich genutztem Gelände. Obwohl sie mittlerweile aussehen, wie von Ton gefertigt, wurden beide Siegel aus Blei geprägt. „Wenn man daran kratzt, kommt die weißliche Bleioxyd-Schicht zutage. Die Reste der Siegelschnüre oder -Bänder sind allerdings im Laufe der Jahrhunderte verrottet“, erläutert Dr. Marion Brüggler, LVR-Grabungsexpertin in Xanten. Als „Fund des Monats“ sind die nun kostenlos im Foyer des Bonner LandesMuseums zu sehen.
Beide Bullen zeigen auf der Vorderseite drei Zeilen mit dem Namen des damals amtierenden Papstes mit gekürztem Titel und Ordnungszahl. Bonifatius kam 1235 unter dem bürgerlichen Namen Benedetto Caetani zur Welt und verstarb im Jahr 1303.Auf dem gut erhaltenen, Jahrhunderte alten Siegel ist die Inschrift BONI/FATIVS/PP VIII noch vollständig zu lesen. Bei der zweiten Papst-Bulle ist durch die andauernde Erosion jedoch nur noch „… NI /…IUS / VIII…“ zu erkennen. Diese Buchstaben-Fragmente lassen aber dieselbe Inschrift erahnen. Auf der jeweiligen Rückseite der Papstsiegel sind die Köpfe der Apostel Paulus und Petrus mit umgebender Gloriole (Heiligenschein) dargestellt. Über ihren Köpfen ist die übliche Inschrift erschließbar: „S(anctus) PA(ulus)/S(anctus)PE(trus)“.
Solche „Papstbullen“ sind seltene Funde. Umso interessanter ist es, dass nun zwei Exemplare desselben Papstes aus dem Umfeld von Rheindahlen stammen. Bonifatius VIII. ist ein historisch besonders interessanter „Kirchenfürst“, da er die bekannte Bulle „Unam Sanctam“ ein Jahr vor seinem Tod erließ. Diese war unmittelbar gegen den französischen König gerichtet und betonte den unbedingten Vorrang der geistlichen vor der weltlichen Macht: Denn es gebe – laut Lukas 22,38 – zwei Schwerter, von denen das geistliche von der Kirche, das weltliche für die Kirche gebraucht werde.
Mit dieser „Zwei-Schwerter-Theorie“ begründete das Papsttum seinen Anspruch auf unbegrenzte Gewalt über alle Kronen und Völker in der Welt. Politisch gesehen setzten sich die Ansprüche des Papsttums jedoch nie durch.
Wie die beiden päpstlichen Siegel auf den nordrhein-westfälischen Acker geraten sind, gibt viel Raum für Gedankenspiele und Spekulationen. Eigentlich durften solche Insignien nicht in fremde Hände gelangen. Neuere Untersuchungen aus Großbritannien erwägen jedoch, dass den kostbaren Insignien im ländlichen Raum möglicherweise eine Schutzfunktion oder auch Fruchtbarkeitssymbolik für eine gute Ernte zukamen und sie deshalb vielleicht von Klerikern gestiftet wurden. In der Hoffnung auf volle Kornkammern.
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