Eifel: Günter Nießen wird den Tag – als er das erste Mal von der möglichen Schenkung hörte – ohne Zweifel als großen Glückstag bezeichnen. „Ich kann das immer noch nicht glauben“, sagt der Vorsitzende des Bergbaumuseums kopfschüttelnd. Zwei Brüder, Michael Martin und Axel Repetzki, hatten Kontakt zu ihm aufgenommen. Ihr Vater, ein ehemaliger Steiger im Bergbau, geboren 1935 in Gleiwitz, sei ins Altersheim gekommen und man wolle jetzt seine seltene Sammlung weitergeben. „Das komplette Wohnzimmer war voller Bergbau-Sachen“, erinnert sich Nießen.
Wahre Schmuckstücke sind darunter: Karbid-Lampen, Lederkappen, Bergarbeiter-Figuren, alte Bücher, Krüge, der Nachbau einer Lore, ein historisch bedeutsames Messgerät, das früher der „Markscheider“ nutzte. „Markscheider“ waren als Vermessungstechniker zuständig für die Erfassung bergbaubezogener Geoinformationen und bearbeiteten Fragestellungen zu Lagerstättenmanagement, Bergbauplanung sowie Bergschäden.
„Allein die Lampe kostet bestimmt heute über tausend Euro.“
Auch „Frösche“ mit und ohne Docht zeigt der Vorsitzende stolz: „Das ist mit Sicherheit ein uraltes Ding. Dort kam Öl rein, und vorne war die Flamme. Man glaubt gar nicht, wie hell die kleinen Lämpchen die Gänge machten.“ Diese Lampen habe man nur da eingesetzt, wo es keine schlagenden Wetter gab – wie etwa in Mechernich.
Die Nachkommen von Nikolaus-Wolfgang Repetzki, der Bergbau an der RWTH Aachen studierte, hätten die wertvollen, über Jahrzehnte zusammengetragenen Sammlerstücke auch an begeisterte Trophäenjäger und Sammler im Internet für Bestpreise versteigern können. Liebhaber hätten jedes einzelne Teil vermutlich mit Kusshand genommen.
Doch Gewinnmaximierung, das sei nicht der eigentliche Beweggrund gewesen, die historischen Sammlerobjekte weiterzugeben. Der Vater hatte die Schmuckstücke aus der Vergangenheit des Bergbaus über Jahrzehnte gesammelt und liebevoll aufbewahrt. Mit einem Verkauf wären sie jedoch in alle Winde verstreut worden. So suchten seine Söhne einen dankbaren und würdevollen Abnehmer. Voller Zuversicht riefen sie auch in Mechernich beim Vorsitzenden des Bergbaumuseums an. Der konnte sein Glück kaum fassen.
Ich wäre am liebsten sofort dorthin gefahren, aber er sagte mir, dass ich am besten einen Transporter mitbringe“,
so Nießen. Gesagt, getan. Auf ging es nach Meckenheim, um die „Fundstücke“ einzuladen.
Die Raritäten stehen mittlerweile auf mehreren Tischen im Museum. Fein säuberlich aneinandergereiht. Ehrfurchtsvoll nimmt Nießen jedes Teil in die Hand und sagt bewundernd: „Was das für Schmuckstücke sind!“ Weitere Umzugskartons sind prall gefüllt. „Wir haben noch nicht alles ausgepackt, aber alles schon gesichtet.“ In den Transportkisten offenbart sich noch eine wahre Fundgrube für Bergbauliebhaber oder Historiker. Auch die „Vererber“ sind glücklich. Sie schreiben:
Ihre Begeisterung bestärkt uns in unserer Entscheidung, die Sammlung an Sie zu geben. Genau dieser Enthusiasmus würde sicherlich auch unserem Vater sehr gefallen. Danke, dass Sie der Sammlung unseres Vaters einen würdigen Rahmen geben!“
Der Vorsitzende des Fördervereins, der seit April im Amt ist, ist sehr rührig, lässt keine Chance unversucht, das Bergbaumuseum voranzubringen, um die Geschichte der prägenden Zeit weiterzutragen.
Mit einem Antrag hatte sich Nießen an die NRW-Stiftung gewandt, ob man das Bergbaumuseum nicht fördern könne. Doch sicher, kam prompt die Antwort. Ralf Sawatzki, ehrenamtlicher Regionalbotschafter der NRW-Stiftung, kam jetzt zu Besuch und brachte die Fördermittelzusage in Höhe von 2.000 Euro gleich mit. Zur Freude von Nießen.
Denn der hat große Pläne:
„Wir wollen das Mechernicher Museum attraktiver machen und gerne den Eingangsbereich des Bergbaumuseums neugestalten“, so der Vorsitzende.
Das Geld der NRW-Stiftung soll zum Ausbau des Anschauungsmodells eingesetzt werden. Benötigt wird noch ein Tablet zur bedienerfreundlicheren Steuerung der vorhandenen Eisenbahn und auch eine dritte Lokomotive könnte man gebrauchen.
Ein Modell im Maßstab 1:100, das die Bergbaulandschaft zeigt, wie sie früher, vor der Schließung 1957, einmal ausgesehen hat, begeisterte auch Sawatzki. Originalgetreu ist das Gebiet zwischen Westschacht bei Kalenberg bis zum Casino in Mechernich inklusive aller wesentlichen Produktionsbetriebe abgebildet.
In unzähligen Arbeitsstunden wurden von Nießen und seinen Mitstreitern 400 Kilogramm Gips verarbeitet, um den Boden für die originalgetreuen Gebäudemodelle der Magdalenenhütte & Co zu bereiten. „Das ist mein ganzer Stolz“, bekennt Nießen.
„Wir sind als Stadt sehr froh, dass wir diesen Verein haben und der einen Verjüngungsprozess geschafft hat“,
formulierte Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick. Das Modell fülle sicher eine Lücke. Erstmals könne so auch die Bergbaulandschaft, wie sie einst Über-Tage ausgesehen hat, gezeigt werden und Wissen weitergegeben werden.
„Wer weiß denn noch von den Jüngeren, dass im 20. Jahrhundert hier fast 4.400 Menschen gearbeitet haben? Wer weiß, dass es dort riesige Industriebereiche gab, die damals federführend waren, mit Innovationen, die heute noch im Bergbau Nachhall finden? Oder, dass der Lange Emil zeitweise der höchste Schornstein Europas war?“, so der Bürgermeister.
Sawatzki war vor zehn Jahren im Bergbaumuseum schon einmal zu Besuch. Er ist sehr angetan, von der Entwicklung des Hauses. Vor allem die Ausstellung begeistert ihn. „Man erfährt viel von der Geschichte und kann eine Menge sehen und lernen.“ Die Stiftung unterstütze das Engagement des Fördervereins sehr gerne.
Sie verbinden hier vorbildlich Heimat und Kultur.“
Das sei lobenswert. „Bleiben Sie dran. Glück auf.“
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