Umland, Bonn: Rund 450 Fachleute trafen sich im Bonner LandesMuseum zum 15. archäologischen Jahresrückblick. Bei weit über 500 Grabungsmaßnahmen konnte 2018 eine Fülle von verborgenen Relikten der Vergangenheit entdeckt und erforscht werden. Archäologen und Paläontologen präsentierten dem Fachpublikum in zahlreichen Vorträgen ihre neuesten Forschungsergebnisse. „2018 war ein Rekordjahr an Funden“, sind sich die Fachleute einig. Eine Vielzahl von herausragenden Funden des vergangenen Jahres ist nun auch für interessierte Museumsbesucher in einer Sonderausstellung zu sehen. Die kostbaren Relikte aus der Vergangenheit füllen acht große Glasvitrinen und werden auf vier weiteren Sockeln unter einer Glashaube präsentiert.
Schon mehrfach schien das bislang größte früheisenzeitliche Gräberfeld des Rheinlands im Indener Tagebau sein Ende erreicht zu haben, doch immer weiter kommen Bestattungen zutage: 900 Gräber bislang, darunter rund 140 Kreisgräben und Langhügel einstiger Hügelgräber. Der zeitliche Rahmen reicht mit einem neu entdeckten, noch bronzezeitlichen Grab vom 12. bis zum 5. Jahrhundert v. Chr. Unter den herausragenden Urnenbestattungen mit wertvollen Schmuckbeigaben enthielten zwei Gräber sogar eine identische Schmuckkombination aus bronzenem Hals- und Armring sowie einer Glasperle.
Sensationell waren Grabfunde, die in Zülpich zutagekamen. Neben einem Sarkophag mit der Bestattung einer jungen Frau mit kostbaren, sehr persönlichen Besitztümern (EIFELON berichtete) fanden sich zwei reich ausgestattete Brandgräber (busta) des 2. Jahrhunderts. Einige der Beigaben hatte man auf dem Scheiterhaufen mit verbrannt, doch die erhaltenen Reste belegen verzierte Möbel, Glasgefäße für Parfum und Duftöle, Speisereste, u. a. von Fisch und Schwein, und in einem der beiden Gräber zwei Münzen. Die unverbrannten Geschirrsätze aus Keramikgefäßen stammen möglicherweise vom Leichenschmaus am Grab.In separaten Beigabennischen standen Gefäße, darunter kostbare aus Glas: Flaschen, Teller, Becher und Schalen. Eines der beiden Gräber enthielt zudem ein Öllämpchen, ein Döschen (Pyxis) aus Bein, einen Bernsteinring mit einer figürlichen Verzierung in Form eines ruhenden Fuchses sowie zwei silberne, sogenannte einfache gallische Fibeln. Letztere sind vielleicht Erbstücke, da sie deutlich älter sind als das übrige Inventar. Dass bereits vor 2.000 Jahren Bergbau in der rheinischen Region eine große Rolle spielte, belegt ein sensationeller Fund in Königswinter-Rennerscheid. Durch Sturmschäden mit folgenden Ausgrabungen kam es zu neuen Entdeckungen im dortigen Montanrevier. In der Region wurde intensiv nach Silber, Blei- und Zinkerzen, aber auch Gangquarz, also Bergkristall, gegraben. Neufunde wie ein 45 Kilo schwerer, fladenförmiger Bleibarren bezeugen einen Abbau bereits im 1. Jahrhundert v. Chr. und auch in der Zeit um Christi Geburt ist intensiver Bergbau nachgewiesen.
Aus der mittelalterlichen Abbauphase stellt ein so genannter „Cabochon“, ein oval geschliffener Bergkristall, einen besonderen Fund dar. Um 1800 nahm man nach einer längeren Unterbrechung den Abbau für etwa 70 Jahre wieder auf, bis das Bergbaugebiet endgültig aufgegeben wurde. Gleich zwei Münzschätze entdeckten lizensierte Sondengänger und meldeten sie gesetzesgemäß dem LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland: Der Hort aus Jülich besteht aus 507 Silbermünzen des späten 3. Jahrhunderts, die wahrscheinlich illegal hergestellt wurden. Der bei Feldarbeiten zerpflügte Münzhort aus Mönchengladbach-Rheindahlen umfasst nach weiteren Untersuchungen durch das LVR-Amt für Bodendenkmalpflege mittlerweile mehr als 1.300 kleine Kupfermünzen aus dem 4. und beginnenden 5. Jahrhunderts. Dieser Münzschatz entsprach damals jedoch nur einem Landarbeiterlohn von mehreren Tagen. Zudem gelang es dort, einen Pfostenbau und mehrere Gruben freizulegen, dabei fand sich auch eine Merkurstatuette.
Warum die jeweiligen Besitzer ihr Geld versteckten, kann nur gemutmaßt werden. Naheliegend ist ein Zusammenhang mit unruhigen Zeiten – bergen konnten sie es nicht mehr. Dramatische Ereignisse fanden wohl auch im römischen Gutshof, der „villa rustica“ von Kerpen-Manheim im Hambacher Tagebau-Revier statt. Dort entdeckten Archäologen in einem Brunnen neben Bauschutt und Keramik etwas Unerwartetes: Eine Bronzekanne des gehobenen Tafelgeschirrs, aber auch die Skelettreste eines jungen Mannes. Trotz seines Alters von erst 21 bis 25 Jahren wies er starke Abnutzungsspuren an einem Lendenwirbel und am Ellbogengelenk auf, die eine starke körperliche Belastung anzeigen. Zudem litt er an einer chronischen Nasen- und Stirnhöhlenentzündung. Ob er gewaltsam zu Tode kam, ließ sich am erhaltenen Skelettmaterial leider nicht mehr feststellen.
Aufgrund der Datierung der Brunnenfunde ist ein Zusammenhang mit der Krise des Römischen Reiches in der zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts wahrscheinlich – einer Phase mit inneren Revolten und äußerer Bedrohung durch einfallende Germanen.
Ungewöhnlich sind ebenfalls ein hochmittelalterliches Schwert und ein frühneuzeitliches Messer von zwei Fundorten aus dem Hambacher Forst. Die beiden Waffen fernab von Siedlungsstellen sind vermutlich im Zusammenhang mit der Jagd zu sehen, einem wichtigen Aspekt der Waldnutzung durch den Adel. Dieser Zeitvertreib war ein bis in die frühe Neuzeit verbrieftes Privileg dieses Standes. Unter welchen Umständen diese wertvollen Blankwaffen verloren gingen, ist unklar. Denkbar sind schwere Jagdunfälle.
Im Anschluss an das zweitägige Archäologen-Treffen sind die herausragenden Fundstücke des Jahres 2018 noch bis zum 18. März im Bonner LandesMuseum, Colmantstr. 14-16, 53115 Bonn, zu sehen.
Öffnungszeiten: Dienstag – Freitag und Sonntag 11.00 – 18.00 Uhr, Samstag 13.00 – 18.00 Uhr. Weiberfastnacht, den 28. Februar, bleibt das LandesMuseum geschlossen.
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