Umland, Köln: Vor 350 Jahren starb der niederländische Maler Rembrandt Harmenszoon van Rijn. Seiner ungebrochenen Popularität huldigen deshalb zahlreiche Museen. Auch das Kölner Wallraf-Richartz-Museum mit der exquisit zusammengestellten Ausstellung „Inside Rembrandt“. Sie konfrontiert Rembrandt mit Arbeiten seiner Vorbilder, Kollegen, Schüler und Nachfolger. Eine Ausstellung voller Überraschungen.
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Von der J. Paul Getty Collection, Los Angeles, ausgeliehen: „Hl. Bartholomäus“, 1661 von Rembrandt gemalt. [Foto: Museum]
111 Arbeiten von Rembrandt und seinen Zeitgenossen
Denn vor allem die ausgestellten Frühwerke gehören zum eher unbekannten Oeuvre. Insgesamt 111 Gemälde, Grafiken und Zeichnungen sind zu sehen, gut die Hälfte davon echte Rembrandts. Sie stammen aus der eigenen Sammlung, von großen Museen und privaten Leihgebern. Von letzteren wurden einige noch nie ausgestellt. Und manche Zeichnungen sind so lichtempfindlich, dass sie mit einem Vorhang selbst vor der gedämpften Ausstellungsbeleuchtung geschützt werden müssen.
Mit ihrer Auswahl will Kuratorin Anja Sevcik einen anderen Rembrandt zeigen. Die meisten verbänden ihn ja vor allem mit seinem Spätwerk. Mit Verbitterung nach dem Tod seiner Frau und dem privaten Bankrott. Doch sei er ein Künstler mit Humor gewesen, mit Einfühlungsvermögen, dessen Porträts immer auch die Geschichte des Dargestellten erzählten. Das mache aus, dass er heute noch als einer der ganz Großen gelte. Als „Seelenwärmer“ preist ihn Sevcik. Und ja, auch der bekannte Meister des Hell-Dunkel, der theatralischen Inszenierung sei er gewesen.
Selbstporträts ziehen sich als roter Faden durch das Oeuvre
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Durfte erst zum zweiten Mal die Nationalgalerie Prag verlassen: Rembrandts „Gelehrter im Studierzimmer“ (1634). [Foto: Museum]
Im Prolog empfangen den Besucher Bilder von Rembrandts Kollegen: Sie spiegeln das kulturelle Leben des „Goldenen Zeitalters“ der Niederlande wider, insbesondere die Beschäftigung mit der Wissenschaft: Nicht nur Gemälde galten als Statussymbol, sondern auch Bibliotheken. In diesem Umfeld wuchs Rembrandt auf, der als einziges von zehn Kindern einer Müllerfamilie in der Universitätsstadt Leiden eine Lateinschule besuchen konnte.
Schon als Teenager lieferte er kleine Meisterwerke
Im 1. Akt sind dann die schon meisterlichen „Gehversuche“ des Teenagers Rembrandt zu sehen. Er brachte sich selber die Kunst der Radierung bei: Noch etwas unbeholfen und eher skizzenhaft seine „Beschneidung Christi“ aus dem Jahr 1625, konzentriert und mit dramatischem Hell-Dunkel dagegen dasselbe Motiv etwa fünf Jahre später. Beide Arbeiten stammen übrigens aus der hauseigenen Sammlung.
Langsam werden die Formate größer. Die anfängliche Buntheit weicht einer samtigen Farbpalette und dem gekonnten Spiel mit Lichteffekten. Sein „Alter Gelehrter in einer Gewölbekammer“ lässt frühe Impressionisten erahnen. Die Bilder dieser Zeit entstanden im freundschaftlichen Wettstreit mit seinem, ein Jahr jüngeren engen Kollegen Jan Lievens. Im 2. Akt lassen sich ihre Werke vergleichen, für die sie die Motiv-Ideen oft gemeinsam entwickelten. Und von denen oft selbst die Käufer nicht wussten, wer es gemalt hatte.
In Amsterdam schuf er die Marke Rembrandt
Zwei Szenen gliedern den 3. Akt. Die erste zeigt Rembrandts erste Jahre in Amsterdam. In das Zentrum der Kunst und des Handels war er sicherlich auch aus wirtschaftlichen Gründen umgezogen. Schnell wurde er zum gefragten Porträtisten, der seinen Auftraggeber aber auch andere Motive verkaufen konnte. Geschönt hat er nichts, zeigte Deftiges und nicht immer entsprachen seine Nackten den Schönheitsidealen.
Ein wesentlicher Einschnitt in Rembrandts Leben war die Heirat mit der heißgeliebten Saskia. Sie trieb ihn – wohl auch als seine Managerin – zu künstlerischen Hochleistungen an. Zu sehen sind sie in der zweiten Szene. In dieser Zeit entstand sein „Gelehrter“ – ob eine tatsächliche oder eine erfundene Person, ist unbekannt. Das Bild gehört der Prager Nationalgalerie und wurde vorher nur einmal ausgeliehen. In dieser Zeit wurde er sogar zum Buchillustrator. Nur sieben Jahre dauerte diese glückliche Zeit, Saskia starb schon mit 29 Jahren.
Wer sich keinen echten Rembrandt leisten kann, greift zum Bierdeckel
Im „Intermezzo“ wird auf die Rezeption Rembrandts eingegangen. Dicke Wälzer stehen für die wissenschaftliche Aufarbeitung seiner Kunst. Eine Vitrine zeigt, was sich die Wirtschaft von der Marke „Rembrandt“ erhofft: Zu sehen sind zum Beispiel Apfelsinenpapierchen mit seinem Porträt, Krawatten, Zahnpasta, Pillendöschen, Schlüsselanhänger – alle geschmückt mit Motiven aus Rembrandts Werken. Und klar, die Gaffel-Brauerei ‚kölscht‘ ihn auf einem Bierdeckel ein.
Rembrandts Unterschrift wurde schon zu seinen Lebzeiten gefälscht
Doch nichts geht über einen echten Rembrandt. Lange galt der Berliner „Mann mit dem Goldhelm“ als eines seiner Paradewerke. Seit 30 Jahren weiß man nicht nur von diesem Bild, dass es ihm fälschlich zugeschrieben wurde. „Das Problem mit diesen Zuschreibungen beginnt in der Werkstatt, die Rembrandt in Amsterdam eröffnete“, beschreibt Sevcik die Schwierigkeiten der Kunsthistoriker. In dieser Werkstatt beschäftigte Rembrandt zahlreiche Schüler, die seine Aufträge ausführten. Unter manche Bilder setzte er wohl nur seinen Namen. Und der war schon zu Lebzeiten wertvoll, gefälscht wurde seine Signatur schon damals. Eine überarbeitete Zeichnung im 4. Akt gibt Einblick in die Arbeitsweise der Schule und der Werkstatt.
Schließlich der Schlussakt, das Spätwerk, das im Wesentlichen Rembrandts heutige Wahrnehmung bestimmt. Vor allem das starke Dunkel mit funkelnden Lichtakzenten ist es. Und dazwischen eben der vermeintliche Liebermann – fast ein unerhörter Fremdkörper. Und der Betrachter versteht, warum der Deutsche sich von dem Niederländer inspirieren ließ.
Dann noch ein kleiner Epilog mit Arbeiten aktueller, von Rembrandt „inspirierter“ Künstler. Das wäre eine weitere Ausstellung wert. [Erich Huppertz]
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