Kreise, Kreis Düren: Thor mit dem Hammer, Hephaistos, der Gott der Schmiedekunst, bei den antiken Griechen, Wieland der Schmied in der germanischen Sagenwelt. Der Schmied als Herr des Schmiedefeuers gehört zu den Archetypen der Menschheitsgeschichte. In unserer Vorstellung ist der Schmied ein muskelbepackter, mundfauler, mindestens zwei Meter großer Kerl, der durch die Hitze der Esse schwitzend und mit rot angelaufenem Gesicht kräftig mit dem Hammer rot glühendes Metall verformt.
Von diesem Bild heißt es für den romantischen Laien wohl Abschied nehmen. Pferdebesitzer wissen dies schon längst. Während man sich früher mit dem Pferd auf den Weg zur Schmiede machen musste, läuft heute alles per Hausbesuch. Die glühende Esse wird bereits seit Jahren durch einen Gasofen ersetzt. Allerdings kommt der nur selten zum Einsatz. In den meisten Fällen werden die Pferde kalt beschlagen. Das funkensprühende Schmiedefeuer gehört schon lange der Vergangenheit an.
Hans-Dieter Kaan, Hufschmied aus Düren-Gürzenich, hat das, was er für seine Arbeit braucht, immer dabei. Sein Lieferwagen ist eine Schmiede auf vier Rädern. Hufeisen aller Größen und für alle Eventualitäten hängen säuberlich aufgereiht im Innenraum des Transporters. Eine Fülle an Werkzeugen – manche hat Hans-Dieter Kaan selbst entworfen – quillt aus Schubladen und Regalen.Auf dem Hof steht Jelle, ein riesiges Friesenpferd. Ein Job für ängstliche Menschen ist das nicht. Ruhig und besonnen spricht der Schmied das Pferd an, streichelt es, nimmt Kontakt auf. Der Pferdebesitzer bindet Jelle los und führt ihn ein paar Mal auf und ab, vorbei am kritischen Auge des Experten. „Nur so kann ich mir ein richtiges Bild von dem Tier machen“, erklärt Kaan. Nachdem Gang und Stellung begutachtet sind, schaut er sich die Hufe von unten an. Ein Huf erregt seine Aufmerksamkeit: Verdacht auf „Hohle Wand“. So bezeichnen die Experten eine flächenartige Hohlraumbildung innerhalb des Wandhorns. „Kleine Defekte muss man herauswachsen lassen“, so der Fachmann. „Bei größeren Defekten muss mit Kunsthorn aufgefüllt werden oder ein Klebebeschlag angebracht werden, weil Nageln meist nicht mehr möglich ist.“ Über dem Hohlraum wird Kaan die Wand abtragen und sorgfältig desinfizieren. Die Heilung einer hohlen Wand kann über ein Nachwachsen von geschlossenem, neuem Horn erfolgen. Hufschmied hat also wenig mit einem Pferdeschuhmacher zu tun, viel eher mit einem orthopädisch versierten Tiermediziner.
Hans-Dieter Kaan stammt aus einer Familie von Hufschmieden. Schon Vater und Großvater haben ihm diesen Beruf vorgelebt. „Das kann man nur aus Leidenschaft machen. Mein Vater hat noch bis ins hohe Alter von 83 Jahren gearbeitet. Allerdings nur mit besonders lieben Pferden.“ Hufschmied Kaan weiß, wovon er spricht: „Nicht selten treten oder beißen die Pferde. Was man braucht ist vor allem Ruhe – und die Gabe, die Tiere richtig einschätzen zu können.“ Mit seiner Unfallquote ist er sichtlich zufrieden: „Lediglich zwei Rippenbrüche und mehrere Finger- und Daumenquetschungen habe ich in über 30 Jahren davon getragen.“ Längst hat er sich einen vorzüglichen Ruf als Kaltbeschlager erarbeitet. „Kaltbeschlag ist eine echte Herausforderung, denn Hufeisen ohne Hitze individuell auf den Huf zu formen, ist besonders schwierig. Das beherrscht man erst nach jahrelangen Erfahrungen und mit einer besonderen Technik“, erklärt der Schmied.
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