Mechernich, Kommern: Seit Jahrhunderten sind sie aus der Region nicht mehr wegzudenken: Die Heimbacher Stühlchen. Die kleinen, robusten Möbel – aus Buchenholz gedrechselt – halfen Kindern in allen Lebenslagen. Sie waren für die Pänz Lauf-Lern-Hilfe, Sitzplatz und Leiter-Ersatz. Gleichzeitig konnte man im Winter mit den umgedrehten Stühlchen johlend die verschneiten Hänge hinunter rodeln… Huckepack per Esel wurden die Sitzmöbel früher in die Nachbarländer transportiert und von dort in die ganze Welt exportiert – ein Verkaufsschlager made in Heimbach. Am Sonntag, dem 4. Oktober, widmet das Freilichtmuseum Kommern den Heimbacher Stühlchen ab 14.00 Uhr eine eigene Veranstaltung.
Organisator und Moderator ist Ingo Esser, Leiter des auf dem Museumsgelände ansässigen WaldpädagogikZentrums Eifel. „Mir ist wichtig, dass diese regionale Tradition nicht in Vergessenheit gerät“, betont er im EIFELON-Gespräch. „Es soll ein interaktiver Nachmittag werden“, fährt er fort und freut sich schon auf seine sachkundigen Gäste, die den Besuchern Technik und Tradition nahebringen werden.
Drei Fachleute konnte Esser für diesen Nachmittag anheuern. Einer von ihnen ist Bernd Phiesel, der sonst als Museums-Wagner den Gästen veranschaulicht, wie in früheren Jahrhunderten hölzerne Wagenräder hergestellt wurden. Walter Linnertz wird mit Kinder auf einer eigens von ihm konstruierten Drechselbank kleine Holzobjekte herstellen. Mit Helm und Visier ausgestattet, können die kleinen Besucher sich als Handwerker erproben. „Die Maschine ist so konstruiert, dass sie sofort stehenbleibt, wenn sich irgendetwas verhaken sollte“, führt Esser aus. So können sich schon die Kleinsten in der Holzbearbeitung erproben, ohne dass eine Verletzungsgefahr besteht. „An diesem Workshop wird Linnertz wohl zum letzten Mal Gast im Museum sein“, bedauert der Organisator, denn aus Altersgründen werde er sich nun zurückziehen.
Dritter Fachmann im Bunde wird Herbert Windhausen sein, der in seiner Werkstatt an der Heimbacher Hengebachstraße seit Jahrzehnten die traditionellen Stühlchen produziert. Das nötige Buchenholz dafür bekommt er in Simmerath – als viereckiges Kantholz. Daraus müssen erst einmal die einzelnen Streben und Stützen herausgearbeitet werden. 22 an der Zahl.
Für die Museums-Präsentation rund ums legendäre Heimbacher Stühlchen hat sich Windhausen etwas ganz besonderes ausgedacht. „Mein Auftragsbuch ist voll. So werde ich vorarbeiten und mehrere verschiedene Arbeitsschritte bis hin zum fertigen Stühlchen zeigen.“ Bereits vor seinem Urlaub hat er viele Einzelteile vorbereitet, die er am ersten Oktobersonntag vor den Augen der Museumsbesucher zusammensetzen will.
Wegen doppelter Sehnenabrisse und mehrerer Operationen musste der Heimbacher seine Stühlchen-Produktion seit 2017 für einige Zeit ruhen lassen, doch nun steht er wieder unverdrossen an der Drechselbank, um die alte Tradition aufrechtzuerhalten.
Ingo Esser hofft auf viele interessierte Museums-Besucher, die ihrerseits ganz persönliche Geschichten und Erinnerungen zum Heimbacher Stühlchen beitragen können. Er selber geht mit gutem Beispiel voran. Selbst Großvater von vier Enkeln im Alter von anderthalb bis fünf Jahren hat er für jeden Nachwuchs ein eigenes kleines Stühlchen parat. „Jedes wurde von einem anderen Heimbacher Handwerker gedrechselt.“ Eine eigene kleine, private Sammlung.Bei seinen Recherchen im Museum wurde er auch im Stühlemagazin fündig. Dort lagern noch einige historische Exemplare. „Auch ein Dreibein für Erwachsene ist dabei“, freut Esser sich. Bis Anfang Oktober sollen sie auf Vordermann gebracht und ebenfalls ausgestellt werden. Schön wäre es, wenn die Raritäten zukünftig einen festen Platz im Freilichtmuseum fänden und nicht wieder im Fundus verschwinden…
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