Heimbach, Düttling: Andere nennen das Urlaub. Doch wenn Gerd Linden seine „Auszeit“ nimmt, fängt die Arbeit erst richtig an. Bereits zum fünften Mal organisiert der Landwirt im kleinen Eifeldorf Düttling einen Kohlemeiler nach historischem Vorbild. Gut 100 Raummeter selbst geschlagenes Buchenholz hat er deshalb neben seinem Hof trocknen lassen. Dieses Jahr sind er und sein Team mit besonderer Begeisterung bei der Sache, denn 2015 wurde das traditionelle Köhlerhandwerk als „immaterielles Kulturerbe“ von der UNESCO anerkannt.
Auf der Lichtung im Düttlinger Wald sind bereits konzentrische Kreise auf den Boden gezeichnet. Dort, wo Gerd Linden und seine „Köhlerbuben“ den Holzmeiler Scheit für Scheit aufbauen werden. Früher benutzten die Köhler für diese Hilfslinien Kies oder Sägemehl. Solche Markierungen sorgen dafür, dass der Meiler kreisrund und gleichmäßig zusammengefügt werden kann. „Schließlich soll ja kein ‚Ei‘ draus werden“, erklärt der 60-Jährige schmunzelnd. Bevor die Arbeit kommenden Montag beginnt, muss das Buchenholz – Treckerladung für Treckerladung – zur Lichtung gekarrt werden. Sobald der Holzkohlemeiler dann einen Durchmesser von etwa zehn und eine Höhe von fast drei Metern hat, wird die Oberfläche mit waagerechtem Knüppelholz begehbar gemacht. Abschließend wird der kunstvoll aufgerichtete Meiler mit Grassoden abgedichtet.
Gut 200 Quadratmeter sind notwendig, um den gesamten Meiler dicht einzupacken. Besonders geeignet dafür ist die Grassorte „Drahtschmiele“, die auf sauren, mageren Böden wächst und ein dicht verflochtenes Wurzelwerk entwickelt. „Wie ein flauschiger Teppich“, weiß Linden. „Im Vorfeld haben wir recherchiert, wo diese Grassorte noch zu finden ist“, erläutert er. In diesem Jahr wurde das Meiler-Team in der Gegend von Hollerath fündig, bereits auf belgischem Hoheitsgebiet. „Wir sind von allen Forstämtern und Institutionen großartig unterstützt worden“, lobt das Eifeler Urgestein die gelungene, grenzüberschreitende Zusammenarbeit.
Mit einer Pflanzhacke mussten die einzelnen Sodenstreifen abgetragen werden – maximal 40 Zentimeter breit und einen halben bis dreiviertel Meter lang: „Sonst werden sie zu schwer.“ Danach wurden die Grasnarben wie Rollrasen zusammengewickelt und nach Düttling transportiert. Ende nächster Woche müssen die „Schwarzen Männer“ mit dem Aufbau fertig sein, denn am Samstag, dem 14. Mai, soll der Meiler um 14.00 Uhr feierlich gesegnet und gezündet werden.
Nein, nicht einfach mit Streichholz oder Feuerzeug. Mal sprang der Funke beim Schlagen mit Feuerstein auf riesige Eisennägel, dann entfachten Juniorranger mit dem „Drillbogen“ das Flämmchen. In diesem Jahr geht es ganz futuristisch zu: Das Institut für Solarforschung des Deutschen Zentrums für Luft-und Raumfahrt (DLR) wird das Vorfeuer des Meilers mit künstlich erzeugtem Sonnenlicht entfachen. Jülicher Forscher werden mit hochkonzentrierten Lichtstrahlen Keramikpartikel erhitzen, die die Wärme gleichzeitig speichern können. Mit diesen heißen Keramikpartikeln wird das Vorfeuer entzündet, das Henning Walter, der kürzlich pensionierte erste Leiter des Nationalparks Eifel, in die „Fülle“ des Meiler hinablassen wird.
Während der anschließenden Verkohlungsphase finden – bis zur Meileröffnung und Ernte der fertigen Buchenholzkohle – Führungen und Feste rund um den qualmenden Meiler statt, der rund um die Uhr von zwei Köhlern bewacht werden muss. Auch in diesem Jahr wird Gerd Linden hochwertige Zeichenkohle aus Pfaffenhütchen-Holz herstellen. Nach jahrelangen Experimenten hat er eine Patentlösung gefunden und die Künstler der Internationalen Kunstakademie Heimbach sind von der Qualität begeistert. Mittlerweile bietet Gerd Linden die exquisite Zeichenkohle sogar in dekorativ gestalteten Holzschubern an, auf denen das Markenzeichen „immaterielles Kulturerbe“ prangt. „Als wir die Nachricht erhielten, waren die Papiersäcke für die Grillkohle leider schon bedruckt“, bedauert er.
Noch bevor der erste Holzfeuergeruch über die Hügel des Kermeters zieht, denkt der Kommerner Museumslandwirt bereits an den nächsten Meiler im Jahr 2018: „Ich grübele jetzt schon darüber nach, wie wir ihn dann entzünden können!“
Da der Lichtstrahl eine sehr hohe Intensität hat, ist die direkte Beobachtung vor Ort nur durch eine „Sonnenfinsternisbrille“ möglich. Ohne eine solche Schutzbrille könnte das Augenlicht Schaden nehmen. Die Besucher können das Geschehen allerdings ungefährdet live auf einer Leinwand im Festzelt verfolgen.
Wer Interesse an der spektakulären Premiere hat, sollte am besten selbst eine „Sonnenfinsternisbrille“ mitbringen, einen gewissen Vorrat dieser verdunkelten Schutzbrillen gibt es vor Ort.
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