Eifel: Lieber in der Stadt oder auf dem Land wohnen? Der ARD-DeutschlandTrend vom Freitag zeigt es: Die Menschen leben gerne auf dem Land (38%) und in kleinen Städten (40%). In den Interviews mit der Frage nach den Wohnwünschen der Deutschen landete die Großstadt deutlich (21%) auf dem abgeschlagenen dritten Platz. Noch eindeutiger wird das Ergebnis, wenn man die Befragten mit ihren Antworten nach dem eigenen Wohnort sortiert. Hier wollen 72 Prozent der Land-Bewohner im Dorf bleiben, nur zwei Prozent würden die Großstadt als Wohnort bevorzugen. Diese Zahlen sollte die Landesregierung bei ihrer Überarbeitung des Landeentwicklungsplans (LEP-NRW) im Auge behalten.
Düsseldorf hatte beschlossen, den erst Anfang 2017 in Kraft getretenen LEP zu überarbeiten und eine geänderte Fassung zur Öffentlichkeitsbeteiligung vorgelegt. Bis Mitte Juli konnten sich Bürger und Organisationen zum geänderten LEP-Entwurf äußern.
Eines der Änderungsziele war es, die Akzeptanz der Landbevölkerung für die Energiewende zu stärken. Stößt doch die Verspargelung der Landschaft vor der Haustüre auf immer massiveren Widerstand. Lärm, Schattenwurf und die Zerstörung des ländlichen Wohnumfeldes – gepaart mit massiven Werteinbußen am Eigenheim in der Nähe von Windanlagen – sorgen für schlechte Stimmung in den ländlichen Regionen.
Einen Mindestabstand der Windräder von 1.500 Metern zur Wohnbebauung war eines der Wahlversprechen der schwarz-gelben Koalition. Der nun vorgelegte Entwurf wird in der betroffenen Öffentlichkeit als zu wenig bestimmt und schwammig kritisiert. Vor allem die neuen Bestimmungen zu den Abstandszonen der Windanlagen halten, nach Ansicht der Juristen, nicht, was sie dem Bürger angeblich versprechen.
Bei der Landesplanung unterscheidet man zwischen „Zielen“ und „Grundsätzen“ der Raumordnung. „Ziele“ gilt es unbedingt zu beachten, während „Grundsätze“ der Abwägung unterliegen und somit auch missachtet werden können. Hier kritisieren Verbände und betroffene Bürger, dass die neu in den LEP-Entwurf aufgenommene 1.500 Meter Abstandsregel von Windanlagen zur Wohnbebauung lediglich als „Grundsatz“ genannt wird. Damit ist vor Gericht – im Streitfall – kein Blumentopf zu gewinnen. Zusätzlich wird im LEP-Entwurf ausgeführt, dass diese 1.500-Meter-Festlegung nicht für das Repowering bereits bestehender Windanlagen gilt.
Ebenfalls heftig in der Kritik ist die, in dem Entwurf enthaltene Einschränkung, die 1.500 Meter Abstände nicht für alle Wohngebiete auszuweisen. Sind doch in den meisten ländlichen Regionen „Mischgebiete“ aus Landwirtschaft und Wohnnutzung ausgewiesen. „Reine und allgemeinen Wohngebiete“ – wie im Entwurf beschrieben – finden sich auf dem Dorf eher selten. Mit einer solchen Formulierung würden die lärmgeplagten Dorfbewohner weiterhin im Regen stehen und Großwindräder weiterhin in unmittelbarer Nähe zur Wohnbebauung errichtet werden können. Die Formulierung im LEP-Entwurf:
Soweit die örtlichen Verhältnisse dies ermöglichen, ist ein Abstand von 1500 Metern zu reinen und allgemeinen Wohngebieten einzuhalten.
Hierzu schreibt die Arbeitsgemeinschaft Windenergie (AGW) – ein Zusammenschluss von Bürgerinitiativen aus Eifel und Börde – in ihrer Stellungnahme an die Landesregierung:
Da es sich bei den Belangen der Wohnbevölkerung um Gesundheit (Infraschall) und Wohlbefinden am Wohnort handelt und Unterschiede in den Ansprüchen der Menschen nach dem Verfassungsgebot nicht gemacht werden dürfen, kann ein Unterschied bei den Wohnorten nicht gerechtfertigt werden. Dies gilt besonders in ländlichen Gemeinden mit ihrem hohen Anteil von Misch-, Dorf- und Kleinsiedlungsgebieten sowie Einzelgehöften.
Auch im Kreis Euskirchen hat man die Schwachstelle in der Formulierung erkannt: In seiner mehrheitlich abgestimmten Stellungnahme zur Änderung des Landesentwicklungsplanes formulierte der Kreistag am 9. Juli:
Zu Kap.10 Energieversorgung wird in der Stellungnahme des Kreises gefordert:
„Die Festlegung von Regelabständen von Windkraftenergieanlagen zu reinen und allgemeinen Wohngebieten wird ausdrücklich begrüßt und sollte auf Misch- und Dorfgebiete ausgeweitet werden. Hier sollte eine rechtssichere Regelung gefunden werden.“
Weniger höflich und sichtlich enttäuscht formuliert ein Papier der VernunftWende NRW den Entwurf der Landesregierung zum LEP:
Wir fordern Mindestabstand zu Wohngebieten 1500 Meter, besser 10H. Eindeutige, gerichtsfeste Vorgaben zum Ausbau erneuerbarer Energien, insbesonders bei der Windkraftplanung. Wischi-Waschi Formulierungen wie substanzieller Raum müssen ersatzlos gestrichen werden und durch planbare Vorgaben ersetzt werden, damit Kommunen endlich rechtsicher planen und agieren können.
Fast jeder neue Flächennutzungsplan, der mit extrem viel Aufwand und hohen Kosten durch die Kommunen erstellt wird, wird z. Zt. durch die Windkraftlobbyisten beklagt. Nicht unsere gewählten Vertreter entscheiden, sondern Gerichte. Ein unhaltbarer Zustand.[…]
Leider setzen sich ausgerechnet die Grünen mit aller Macht für eine flächendeckende Naturzerstörung ein. Inwieweit die Windindustrie mit dem Bundesverband Windenergie (BWE) und ihren Milliarden schweren Subventionen im Rücken bei der Gesetzgebung beteiligt ist, kann man nur vermuten. Solange mit dem EEG eine extreme Subventionspolitik von Windindustrieanlagen betrieben wird und die Windkraftlobby Ihren medialen und finanziellen Einfluss massiv betreibt, wird sich wohl nichts ändern und es werden weiterhin Natur- und Kulturlandschaften zum Schaden von Mensch und Tier geopfert. Wenn die Politik Akzeptanz zur Energiewende im ländlichen Raum einfordert, muss sich aber besonders beim Ausbau der Windindustrie etwas ändern.[…]
Ob dieser LEP-Entwurf die Akzeptanz der Energiewende im ländlichen Raum befördert, ist eher fragwürdig einzuschätzen, vor allem dann, wenn man sich vergegenwärtigt, dass Windanlagen nicht in der Lage sind, ein stabiles Stromnetz rund um die Uhr aufrecht zu erhalten und somit auch keinen Beitrag zu einer gleichmässigen Netzfrequenz und Stromversorgung leisten. Kein einziges der vielen tausend Windräder ist in der Lage, unsere Kohle- oder Atomkraftwerke zu ersetzen. Sie werden weiterhin gebraucht. Der Wind weht, wann er will und nicht dann, wenn die Verbraucher Strom benötigen. Eine Volkswirtschaft auf ein derartig volatiles Fundament stellen zu wollen, zeugt von Unkenntnis, und zu glauben, dass die betroffenen Bürger dafür ihre Gesundheit und Lebensqualität zu opfern bereit sind, von politischer Ahnungslosigkeit.
Zum Thema bei EIFELON: https://eifelon.de/region/der-lep-entwurf-in-der-buerger-beteiligung.html
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