Eifel: Anlässlich der bevorstehenden Kommunalwahl hat die ArbeitsGemeinschaft-Windenergie
Eifel+Börde (AGW) den Landrats-Kandidaten in den Kreisen Euskirchen und Düren (in der Städteregion wurde letztes Jahr der Städteregionsrat gewählt, die Red.) kritische Fragen zu ihren Plänen und Vorstellungen zum weiteren Umgang mit dem Reizthema Windenergie in der Nordeifel gestellt.
Zunehmende Konflikte zwischen Bürgern, Naturschutzverbänden und Windinvestoren, wie in Blankenheim, Dahlem, Nideggen, Kreuzau und Heimbach, kulminieren in den genehmigenden Kreisämtern in Düren und Euskirchen. Insofern war es naheliegend – vor der Wahl – die möglichen zukünftigen Chefs der Kreisbehörden nach ihren Vorstellungen oder Konzepten zum zukünftigen Umgang mit den Interessen der Anwohner, im Spannungsfeld zu den Interessen der Windinvestoren, zu befragen.
Viele Menschen in der Eifel fragen sich, wie ihre Kandidaten zum Thema Windenergie stehen. Gesetzentwürfe wie das Investitionsbeschleunigungsgesetz der Bundesregierung (Eifelon berichtete) fördern nicht unbedingt das Vertrauen in die Sorgfaltspflicht des Staates gegenüber der Lebenswirklichkeit seiner Bürger in den ländlichen Regionen.
Hier sieht die AGW in Zukunft eine besondere Verantwortung der Landräte und ihrer Kreisbehörden, sich an erster Stelle für das Wohlergehen und den körperlichen Schutz „ihrer“ Bürger einzusetzen.
Im Kreis Düren stellen sich am Sonntag Rolf Hamacher (SPD), Wolfgang Kochs (AfD) und Wolfgang Spelthahn (CDU) dem Votum der Bürger, alle drei haben die Fragen der Arbeitsgemeinschaft Windenergie beantwortet.
Im Kreis Euskirchen haben sechs Kandidaten ihren Hut in den Ring geworfen. Hier war die Bereitschaft, sich mit dem „heißen“ Thema auseinanderzusetzen, weniger groß: Geantwortet haben Markus Ramers (SPD), Hans – Werner Ignatowitz (Grüne) und die ÖDP Kandidatin Camelia Dederichs . Keine Aussagen zu dem Thema kamen von Melanie Hill (Linke), Frank Poll (AFD) und Johannes Winckler (CDU).
Die Arbeitsgemeinschaft Windenergie stellte sieben Fragen, die Bezug nehmen auf die aktuellen Wind-Konflikte in den beiden Eifel-Wahlkreisen. Die AGW hat die Antworten der Kandidaten dem jeweiligen Kreis zugeordnet und auf ihre Webseite gestellt: Die kompletten Fragen sind für beide Landkreise ident, die Antworten natürlich unterschiedlich.
Hier die Antworten aus Düren
Hier die Antworten aus Euskirchen
Viele Menschen, besonders in den Städten, befürworten einen massiven Ausbau der Windenergie in den ländlichen Regionen. Ohne sich allerdings über die gravierenden, negativen Folgen dieser Form der Energiegewinnung Gedanken zu machen. Auf dem Land bezahlen die Menschen diese Entwicklung mit ihrer Lebensqualität und Gesundheit.
Immer mehr Anlieger von Windparks klagen über körperliche Symptome, die „große“ Politik verschließt die Ohren und beruhigt mit einer über 20 Jahre alten Technischen Anleitung-Lärm (TA-Lärm), in der die vorhandenen niederfrequenten Schallbelastungen unter 20 Hertz keine Berücksichtigung finden, ja nicht einmal gemessen werden. Aber: Der größte Teil der Schall-Emission von Windanlagen liegt im niederfrequenten Bereich von 1 bis 16 Hertz. In diesem Bereich ist die TA Lärm „leider“ nicht zuständig.Hier sieht die AGW durch das Versagen der Verordnungspraxis und der Legislative den Landrat als Kümmerer für seine Bürger gefordert:
Wie wollen Sie, als zukünftiger, gewählter Landrat die Bürger in ihren Gemeinden schützen, wenn Investoren Repowering mit 250 Meter hohen Anlagen auf den ortsnahen Standorten der bisherigen 100-Meter-Windräder beantragen?“
Lärm und Dauerbeschallung über das gesetzliche Mindestmaß hinaus, betreffen vor allem ländliche Regionen, da hier der ansässigen Bevölkerung in so genannten „Dorf- und Mischgebieten“ ein wesentlich höherer Schallpegel (+10 dB) zugemutet wird, als in den vorwiegend städtischen „Wohngebieten“.
Was sagen Sie einem Anwohner, der aufgrund gesundheitlicher Belastung durch zu nahe stehende Windanlagen keine Möglichkeit mehr hat, wegen der permanenten Schallkulisse in seinem Haus zu leben, aber auch keinen Möglichkeit mehr hat, sein Haus auf dem Immobilienmarkt zu verkaufen?“
Das Problem ist bekannt. Menschen übernachten auswärts oder flüchten von der Schallbelastung der Windanlagen aus dem Schlafzimmer in den Keller ihrer Häuser um halbwegs Nachtruhe zu bekommen, wenn der Wind ungünstig steht, oder der tieffrequente Bodenschall die Gläser in der Vitrine zum Klingen bringt.
„Eine Beteiligung der Kommunen an der Wertschöpfung Windrad“ wird vom Bundesminister vorgeschlagen. Der Gemeinderat soll also künftig entscheiden, welche seiner Mitbürger um ihre Nachtruhe gebracht werden. Damit würden die Konflikte in die chronisch geldknappen Kommunen verlagert. Sollen sie nun darüber entscheiden, welche Mitbürger nachts mit Schlafstörungen leben müssen, um den Gemeindesäckel zu füllen? Ein adäquater Sicherheitsabstand zu demnächst 300-Meter hohen Windanlagen steht auf dem Spiel, auf Kosten der betroffenen Ortsteile und ihrer Bewohner. Auch hier hat der künftige Landrat und der Kreis eine Verantwortung wahrzunehmen, findet die AGW:
Wie stehen Sie zu der Überlegung der Bundesregierung, den betroffenen Kommunen Geld anzubieten, wenn sie auf sinnvolle Sicherheitsabstände zu ihrer Wohnbebauung verzichten? Und wie wollen Sie dem Problem auf Kreisebene begegnen? (Siehe Gesundheitsschutz im Grundgesetz: GG Art.2 und 20a)“
Wenn es windstill ist, gibt’s keinen Strom. Das ändert sich auch nicht mit noch mehr Windanlagen. Keine Industrienation darf ihre Produktionsabläufe von der Zufälligkeit des Wetters bestimmen lassen.
Ein Beispiel: Am 8. August 2020 waren von 62.372 Megawatt installierter Windrad-Leistung in ganz Deutschland, um 10:30 Uhr morgens, genau nur 153 MW im Netz verfügbar. Das waren 0,24 Prozent der theoretisch verfügbaren Leistung.
Wenn es aber stürmisch ist, ist zu viel Windstrom im Netz. Dann bezahlen die Netzbetreiber sogar für die Abnahme des überflüssigen, aber EEG subventionierten Wind-Stroms horrende Preise ans Ausland, um den überschüssigen Strom wieder los zu werden. An diesen Fakten ändert sich auch nichts, wenn man die Anzahl der Windräder beliebig steigert – es wird nur teurer.
Müssen wir für den geringen Beitrag, den insbesondere die Windräder zum Klimaschutz, zum gesamten Energiebedarf und zur Grundlastfähigkeit des deutschen Stromnetzes leisten, die weitere großflächige Zerstörung der natürlichen Lebensräume und den wertvollen Natur- und Kulturlandschaften hinnehmen?
Konflikte, entstehen immer wieder zwischen betroffenen Anwohnern, Naturschutzverbänden und betroffenen Kommunen auf der einen Seite und der Kreisbehörde auf der anderen Seite. Die Projektierer müssen die Unbedenklichkeit ihrer Baumaßnahme durch Gutachten belegen. Natürlich wird kein vom Projektierer beauftragter Gutachter in seiner Stellungnahme die Hindernisse, die gegen ein Windprojekt sprechen, hervorheben. Der Kreis entscheidet mit seiner Unteren Naturschutz- und Emissionsschutzbehörde darüber, welche beantragten Wind-Projekte in den Kommunen umgesetzt werden sollen.
Fehler und Unterlassungen in den vorgelegten Gutachten, aufgezeigt im Rahmen einer Beteiligung durch die Öffentlichkeit, werden dem Projektierer zur Nachbesserung vorgelegt. Dieser lässt seine Gutachten von den von ihm beauftragten Gutachtern überarbeiten, korrigieren und legt sie dann erneut bei der Kreisbehörde vor. Dieser Vorgang wiederholt sich im Genehmigungsverfahren so oft, bis die Kreisbehörde einen gesetzeskonforme Bauantrag bescheinigt. Die beteiligte Öffentlichkeit, meist Gegner des Windradprojektes, tragen so ungewollt aber sehr effektiv zu der dann meist gerichtsfesten Baugenehmigung bei.
Die Kreise haben anhand von Gutachten, die der Projektierer beauftragt und bezahlt, über eine Windanlagen-Baugenehmigung zu entscheiden. Damit besteht ein latentes Risiko für die Unabhängigkeit der Gutachten. Können Sie sich vorstellen, die Beauftragung der Gutachten zukünftig – unabhängig – über die Kreisbehörde zu vergeben?“
fragt die AGW die Kandidaten und beschreibt damit ein Kernproblem der Gutachterpraxis. Die Kreisbehörde kann nicht die Gutachter unabhängig zu einem bestimmten Projekt auswählen. Somit werden sich die vom Baubewerber bezahlten Experten natürlich bemühen, ihr Honorar im Sinne ihres Auftraggebers zu verdienen. Dass dabei die geforderte Objektivität auf der Strecke bleibt, ist naheliegend.
Im Kreis Düren ist die kreiseigene Rurenergie GmbH Investor und Mehrheits-Eigentümerin von Windenergieanlagen im Dürener Kreisgebiet. Gleichzeitig ist der Kreis auch die Prüf- und Genehmigungsbehörde für die Erteilung der Bau- und Betriebsgenehmigung der eigenen Windanlagen.
Der Kreis Euskirchen ist Mitinhaber an Windanlagen über die Energie Nordeifel (ene), fusioniert mit der e-regio Energie und Verkehrsgesellschaft (Kreis und Stadt Euskirchen).
Die kreiseigenen Behörden prüfen und genehmigen also hier die korrekte und rechtskonforme Abwicklung von Anträgen zur Errichtung von Windparks, an denen der Kreis selbst beteiligt ist.
In beiden Kreisen (EU und DN) haben gerichtliche Überprüfungen von erteilten Bau und Betriebsgenehmigungen Unregelmäßigkeiten bzw. fehlerhafte Genehmigungsbescheide zu Gunsten der Projektierer festgestellt.
Darunter leidet das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Unabhängigkeit der kreiseigenen Genehmigungsbehörde. Frage:
Wie wollen Sie zukünftig sicherstellen, dass der Eindruck einer Befangenheit der Kreisbehörde in den Windanlagen-Genehmigungsverfahren ausgeräumt wird?„
Alle Antworten der Kandidaten finden Sie auf der Web-Seite der AGW.
Fragen an die BM-Kandidaten zum Repowering in Heimbach
Besondere Spannungen entstehen immer wieder durch die vorgegebene Genehmigungspraxis: Der Kreis entscheidet mit seiner Unteren Naturschutz- und Emissionsschutzbehörde darüber, welche beantragten Wind-Projekte in den Kommunen umgesetzt werden. Allerdings: Jede Gemeinde hat die grundgesetzlich garantierte Hoheit über ihr Gemeindegebiet (GG Art. 28/2). Insofern benötigt der Kreis das Einverständnis der Kommune für die Erteilung einer Baugenehmigung. Daraus ergeben sich Probleme, wenn die Kommune ihr „Einvernehmen“, also ihre Zustimmung zum Windradbau, verweigert.
Aktuell ist das im Kreis Düren der Fall. Dem Kreis liegt ein Repowering-Antrag für den Windpark Heimbach-Vlatten vor. Hier plant der Projektierer 200-Meter hohe Windanlagen aufzustellen. Die Stadt Heimbach verweist auf ihre Höhenbegrenzung von 130 Metern und befürchtet massive Nachteile für Vlattener Anwohner und den naturnahen Tourismus, die einzig relevante Einnahmequelle der Gemeinde. Auch die ebenfalls betroffenen Nachbargemeinden Nideggen, Zülpich und Mechernich haben sich gegen die geplanten Windradtürme in der Kulturlandschaft des Vlattener Hügelländchens ausgesprochen.
Am Wochenende wird auch in Heimbach ein neuer Stadtrat und einer von zwei Bürgermeisterkandidaten gewählt. Die Bürgerinitiative „Vlatten läuft Sturm“ (Mitglied der AGW) hat den Bürgermeisterkandidaten Dirk Nagelschmidt und Jochen Weiler Fragen zum Thema gestellt und sie um Stellungnahme ersucht. Die Fragen und Antworten finden Sie hier oder hier.
Die AGW (ag-w.de) ist der Zusammenschluss von über 20 Bürgerinitiativen aus der Region, die sich mit dem Zubau und der Errichtung von weiteren Windanlagen in der Natur- und Kulturlandschaft Eifel und Börde kritisch auseinandersetzt.
„Wir äußern uns kompetent, klar, sachlich und nicht ideologisch zu den Themen rund um die Energiewende unter der besonderen Berücksichtigung der Windkraft.“
Die AGW ist parteiunabhängig. Die AGW ist Mitglied in der Vereinigung Vernunftkraft-NRW e.V. und arbeitet fachbezogen mit anderen BIs und Vereinen in Deutschland zusammen, welche die gleichen Ziele verfolgen.
Hier die Fragen der AGW an die Kreistagskandidaten
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Vielen Dank für die Aktion. Jetzt weiß ich sicher, wen ich zu wählen habe.
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