Eifel: Windräder verursachen neben dem weithin hörbaren Geräuschen des Windes in den Flügeln auch Schall im nicht hörbaren niedrigen Frequenzbereich, unterhalb der menschlichen Hörschwelle von 20 Hertz. Jahrelang hatten Ärzte und Politiker die Infraschall empfindlichen Mitbürger, die über Beschwerden wie Kopfschmerzen, Schwindelgefühl und Schlaflosigkeit klagten, zu „Spinnern“ erklärt. Die Windindustrie reagiert auf die Symptome, indem sie den Menschen unterstellt, einer Einbildung zu erliegen, wenn die Windräder in ihrer Umgebung Beschwerden verursachten. Dafür wurde sogar ein eigener Begriff bemüht: Der Nocebo-Effekt. Der Unmut über die nahen Windräder sollte zu eingebildeten körperlichen und psychischen Beschwerden führen. Getreu dem Motto: Was man nicht hören kann, das gibt es auch nicht.
Das hat sich aber mittlerweile geändert. Wissenschaftler haben nachgewiesen, dass auch der unhörbare Schall sehr wohl vom menschlichen Körper wahrgenommen wird. Sowohl das Gehirn, wie auch das Herz reagieren auf die langen, unhörbaren Wellen, selbst wenn sie weit unterhalb der Hörbarkeitsgrenze stattfinden.
An der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt in Braunschweig und an der Berliner Charité konnten die Wissenschaftler nachweisen, dass der tieffrequente Schall sehr wohl vom menschlichen Gehirn bis zu einem Pegel von 8 Hertz (Hz) sicher registriert wird.
Die medizinische Fakultät der Uni Mainz hat sich mit der Wirkung von Infraschall auf das menschliche Herz befasst. Erstmalig haben die Forscher festgestellt, dass Infraschall die Leistung des Herzmuskels um bis zu 20 Prozent verringert.
Wir stehen ganz am Anfang (der Forschung, die Red.), können uns aber vorstellen, dass durch dauerhafte Einwirkung von Infraschall gesundheitliche Probleme entstehen. Der lautlose Lärm des Infraschalls wirkt ja wie ein Störsender fürs Herz.
so Professor Christian-Friedrich Vahl, Leiter der Arbeitsgruppe Infraschall, in einem Interview der Mainzer Allgemeinen Zeitung.
Bisher werden die Beschwerden und Erkrankungen der Anlieger durch Windanlagen weitgehend ignoriert oder verschwiegen. Nun greifen die Betroffenen zur Selbsthilfe: Am 30. Juni hat sich die „Deutsche Schutz-Gemeinschaft Schall für Mensch und Tier“ gegründet, um ihrem Anliegen mehr Öffentlichkeit zu verschaffen.
Der Verein will insbesondere auf die gesundheitlichen Gefahren des von technischen Anlagen erzeugten tieffrequenten Hörschall, Körperschall und Infraschall unter der Hörbarkeitsgrenze von 20 Hertz aufmerksam machen, wie er zum Beispiel von Windanlagen ausgeht. So breitet sich dieser Schall – nachgewiesener Maßen – über die Luft und den Boden bis zehn Kilometer weit aus. Dabei dringen gerade die langen Wellen des Infraschalls durch Wände und Rollläden und können so für Betroffene völlig unerklärliche gesundheitliche Beschwerden auslösen. Schwindel, Ohrgeräusche und Schlafstörungen sind häufig beobachtete Symptome. Langfristig kann es zu ernsten Beschwerden wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen, wobei die Ursache von Ärzten meist nicht erkannt wird.
Viele Betroffene berichteten bei unserem Gründungstreffen, dass sie letztlich ihre Wohnungen zum Schlafen verlassen mussten oder dauerhaft weggezogen sind. Für einige wurde ihr Leidensweg zu einer schweren existentiellen Krise mit großer Verzweiflung, in der sie von Ärzten unverstanden und den Behörden allein gelassen wurden,
fasst Peter Jaeger aus Kreuzau die Erfahrungen vieler Teilnehmer der Veranstaltung zusammen.
Nicht nur Menschen erkranken durch Schall und Infraschall. Einige Tierhalter berichteten auf dem Gründungstreffen über Veränderungen im Verhalten ihrer Tiere. So beispielsweise über eine um Monate verlängerte Tragzeit von Rindern und schwächliche neugeborene Kälber, seit die Windräder in 700 Meter Entfernung vom Hof ständig laufen.
Mit der Gründung der Organisation „Deutsche Schutz-Gemeinschaft-Schall für Mensch und Tier e.V.“ möchten Schallerkrankte vor allem Ansprechpartner für weitere Betroffene sein, um ihnen beizustehen, sie zu beraten und Hilfestellung zu leisten. Ziel ist es aber auch, die Öffentlichkeit über diese wenig bekannten Belastungen für Mensch und Tier zu informieren, sowie die Aufmerksamkeit der Ärzteschaft und den Verantwortlichen in Politik und den Behörden für dieses dringende Thema zu gewinnen.
Ansprechpartner: Peter P. Jaeger, Wilhelm-Böhmer-Str.21, 52372 Kreuzau
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