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Dr. Thomas Stiller referierte über die Folgen von Infraschall der Windkraftanlagen. [Foto: pg]

Infraschall und Artenschutz: Zwei Vorträge, zwei Experten zur Windenergie

Eifel: Die Menschen können ihn nicht hören, viele spüren ihn auch nicht und doch macht er Probleme: Die Rede ist vom Infraschall. Und zwar vom Infraschall, den die Windräder verursachen. Am Donnerstag hatten der NABU (Naturschutzbund) und die AG Windenergie (ein Zusammenschluss von Bürgerinitiativen der Eifel und Börde, des „Sturm im Wald“ e.V. und des NABU Euskirchen) nach Zülpich-Füssenich zu einem Vortragsabend in die Gaststätte Bonn eingeladen. Referenten waren Ralf Wilke vom NABU zum Thema „Freier Luftraum für Rotmilan & Co“ und Dr. Thomas Stiller, Vorsitzender von „Ärzte für Immissionsschutz“, zu den Gesundheitsfolgen von permanenter Lärmbelästigung und Infraschall.

Nach derzeitigem Kenntnisstand konnte bisher kein Nachweis einer negativen gesundheitlichen Auswirkung durch Infraschall, wie er von Windenergieanlagen ausgeht, erbracht werden,

heißt es in einem Faktenpapier des NRW-Umweltministeriums. Nicht nur in diesem Papier ist die Rede von Hör- und Wahrnehmungsgrenzen. Ich höre nichts, also ist es nicht schädlich? Dieser Meinung trat Dr. Stiller kräftig entgegen. Nur weil man etwas nicht wahrnehme, bedeute es nicht, dass dies keine Wirkung habe, meinte der Mediziner. „Der Mensch hört etwa in einem Bereich zwischen 20 und 20.000 Hertz, darunter nehmen wir nichts wahr, doch wer empfindlich ist, spürt trotzdem etwas. Viele Beschwerden beginnen bei etwa 10 Hertz“, erklärte Stiller den rund 100 Besuchern, die sich näher über das Thema Infraschall und den Stand der Forschung informieren wollten. Dr. Thomas Stiller ist Allgemeinmediziner mit einer Praxis in der Nähe von Göttingen. Er ist Mitglied der Organisation „Ärzte für Immissionsschutz“ (AEFIS) und hat sich intensiv mit den medizinischen Folgen von Windkrafträdern beschäftigt – Siehe auch Interview mit EIFELON.

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Die Aussicht in Dahl bei Paderborn. [Foto: Roland Maoro]

Stiller hat sich mit den Folgen des Ausbaus von Windkraftanlagen intensiv auseinandergesetzt und auch in seinem Wohnort Barterode in der Nähe von Göttingen gibt es viele Diskussionen. „Die einen wollen es, die anderen nicht – es ist eine Glaubensfrage geworden“ meinte er und sprach verschiedene Problembereiche beim Thema Windenergie an, denn nicht nur gesundheitliche Probleme treten vor allem bei empfindlichen Menschen auf. Er sprach die soziale Spaltung gerade in kleinen Orten an. Einige wenige verdienen viel Geld mit der Verpachtung ihres Landes, als Windradstandort, andere fühlen sich massiv gestört, sie erleben eine optische Bedrängung durch die Windräder, die wiederum Stressauslöser ist. „Wir sehen in Barterode nachts noch die Milchstraße“. Doch kommen immer mehr Windräder, führt die nächtliche Beleuchtung der Anlagen dazu, dass kein klarer Sternenhimmel mehr zu sehen ist.

Die Optik ist die eine Sache, die medizinische eine völlig andere. Denn der Schall der Räder trägt weit, vor allem, da immer größere Anlagen gebaut werden. Infraschall überträgt sich über den Untergrund auf dem die Windräder errichtet wurden, dieser wirkt als Resonanzkörper, erläuterte der Arzt. In den Häusern, auch noch Kilometer entfernt, kann der Infraschall für manche Menschen ein Problem werden. Die tieffrequenten Schallwellen dringen auch durch die Mauern und geschlossenen Fenster in die Häuser ein. Ein Innenraum wirkt dann als Trichter und als Resonanzkörper und verstärkt so noch die unhörbaren Schwingungen.

„Infraschall kommt in der Natur auch vor“ – diese Aussage höre er oft, meinte Stiller, doch dies sei ein anderer Infraschall. In der Natur vorkommender Infraschall ist frei von tonalen Spitzen und steilflankigen Abrissen und der Mensch hat sich in den Jahrtausenden daran gewöhnt. Doch an den technischen Infraschall ist eine Gewöhnung nicht möglich. Die Gleichmäßigkeiten – die Periodizität – ist es, die Probleme auslöst. Man wisse inzwischen, dass bis zu 30 Prozent der Menschen sensibel sind, die in der Nähe von Windkraftanlagen leben. Schlafstörungen, Ohrprobleme und Schwindel zählten zu den häufigen Beschwerden, erläuterte der Mediziner. Betroffene würden von ihrer Umgebung und Ärzten nicht ernst genommen, ihre Beschwerden seien eingebildet. Dies konnten auch einige der Besucher bestätigen, die selbst in der Nähe von Windrädern wohnen und unter anderem mit Schlafproblemen zu kämpfen haben. Der Boden, auf dem das Windrad steht, der Abstand, das Wetter – viele Faktoren spielen eine Rolle. „Wir wissen darüber noch zu wenig“, beschrieb Stiller die medizinische Sicht. Er wünsche sich ein fünfjähriges Moratorium von der Politik. In dieser Zeit sollte geforscht werden können und zwar unabhängig.

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Ralf Wilke erläuterte die Gefahren der Windräder für die Vögel. [Foto: pg]

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Mäusebussarde beim Windpark „Schleiden-Shöneseiffen“ [Foto: NABU/Marion Zöller]

Ganz andere Argumente gegen noch mehr Windräder führte Ralf Wilke vom NABU an. Denn die Anlagen können nicht nur Menschen Probleme bereiten, sondern auch den Tieren, insbesondere den Vögeln. „Der südwestliche Teil von Nordrhein-Westfalen gehört mit seinen beiden Landschaftsräumen Zülpicher Börde sowie Kalk- und Rureifel zu den artenreichsten Räumen in NRW. Beide Landschaftsräume haben zusammen mit der Vulkaneifel sowie den angrenzenden Ardennen eine strategische Bedeutung für den Natur- und Artenschutz in Europa, weil sie dünn besiedelt sind und bislang relativ wenig durch Infrastruktur in Anspruch genommen worden sind.

Der Großraum Börde/Eifel/Ardennen ist Bestandteil des südwestlichen Wanderkorridors für Zugvögel und Fledermäuse“, schilderte Wilke die besondere Situation der Eifel. Für viele Vogelfamilien wie beispielsweise Enten, Raufusshühner, Greif- und Singvögel seien die Kollisionsgefahren inzwischen bekannt. Die Nahrungssuche aus der Luft werde erschwert, die Manövrierfähigkeit bzw. die Aufwindnutzung für manche Arten verändere sich zwischen den Windrädern, Zugvögel seien irritiert und fänden ihren Weg nicht mehr. „Die Verbundkorridore sind die Autobahnen der Tiere“ erklärte Wilke den Flug der Vögel. Der Naturschützer hob auch die Wichtigkeit der Artenvielfalt hervor. „Wir müssen europäisch denken, wir liegen im Grünen Herzen von Europa, sind relativ dünn besiedelt und haben dadurch viele Schutzräume“.

Der Landesentwicklungsplan (LEP) von NRW sieht noch weit mehr Windenergieanlagen in der Eifel vor als bisher realisiert, die Energiewende soll vorangetrieben werden. Im Kreis Euskirchen sind bisher 111 Windräder genehmigt – dies ist nur ein Zehntel dessen, was der LEP vorsieht. Für Naturschützer wie Ralf Wilke und viele der Anwesenden im Saal eine Entwicklung, die sie nicht mittragen wollen. Dr. Thomas Stiller gab ihnen einen Rat: „Es ist Wahlkampf. Schreiben Sie an Ihren Landtagsabgeordneten, Ihren Bundestagsabgeordneten, gehen Sie zu Ihrer Kommune. Gegen die Natur und die Bürger wird es nicht gehen“

7.4.2017LebenEifel0 Kommentare pg

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