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In NRW werden die Bürger weiterhin bei Straßensanierungen zur Kasse gebeten - auch die Kommunen sind unzufrieden. [Foto: succo pixabay]

Resolution gegen STRABS: Kommune und Bürger in einem Boot

Schleiden: In seiner letzten Sitzung dieser Legislatur hat sich der Rat der Stadt Schleiden am vergangenen Donnerstag (3.9.2020) hinter seine Straßen-Anlieger gestellt. Einstimmig wurde eine Resolution zur Abschaffung der Anliegerbeiträge nach § 8 und §8a des Kommunalabgabengesetzes verabschiedet, die in den nächsten Tagen auf den Weg nach Düsseldorf gebracht wird.

Kurzer Rückblick: Eine vom Bund der Steuerzahler NRW initiierte Volksinitiative zur Abschaffung der Beiträge hatte sich zur größten aller Zeiten in diesem Bundesland gemausert: Gut 460.000 geprüfte Unterschriften sind im Sommer des vergangenen Jahres an den Landtag übergeben worden. Die SPD-Fraktion im Landtag ist mit ihrem Gesetzesentwurf im vergangenen Sommer und in zweiter Lesung vor wenigen Wochen an der Mehrheit der schwarz-gelben NRW-Koalition gescheitert.

Im Dezember vergangenen Jahres hatte die Koalition mit ihrer Ein-Stimmen-Mehrheit im Parlament die Beibehaltung des Paragraf 8 Kommunalabgabegesetz (KAG) beschlossen und eine Reform auf den Weg gebracht.

Kritiker sehen darin keine Lösung in Form einer Erleichterung für betroffene Bürger. Vielmehr werde da ein Bürokratiemonster gestärkt. Der Bund der Steuerzahler hatte den Verwaltungsaufwand im vergangenen Jahr bereits beziffert: Mit 50 Cent pro eingenommenem Euro an Anliegerbeiträgen.

„Durch das Reförmchen wird nur das Bürokratiemonster gefördert, nicht der Bürger“, sagt Lydia Schumacher, die Initiatorin und Sprecherin der Schleidener Bürgerinitiative „Schöne Straßen an leeren Häusern – nein danke!“. Seit Jahren setzt sie sich vor Ort und landesweit für die Abschaffung der Beiträge ein. Von ihr und ihrer Schleidener Bürgerinitiative ging kurz vor der Kommunalwahl die Anregung nach §24 der Gemeindeordnung an den Bürgermeister und den Rat der Stadt Schleiden mit der Forderung, eine solche Resolution auf den Weg zu bringen. „Im Schleidener Rat hat die SPD-Fraktion, die unseren Wunsch nach Abschaffung seit Jahren unterstützt, keine Mehrheit. Die liegt bei CDU und FDP. Deshalb war nicht zwingend davon auszugehen, dass der Antrag durchkommen würde.“

Ob es nun dem Kommunalwahlkampf geschuldet sei oder der Einsicht der Stadträte: Schumacher freut sich, dass die bereits im Vorfeld der entscheidenden Ratssitzung von der Verwaltung der Stadt Schleiden erarbeiteten Resolution über alle Parteigrenzen hinweg, einstimmig angenommen wurde.

Vor allem sei es der Schleidener Verwaltung gelungen, deutlich auf die Schwächen der neuen Regelungen hinzuweisen. Besonders kritisiert wird in der Resolution des Stadtrates, die der Redaktion bereits vorliegt, die Förderrichtlinie, die laut der NRW-Koalition und der zuständigen Ministerin die Anliegerbeiträge halbieren soll:

  • Diese führe zu einer Ungleichbehandlung von Grundstückseigentümern wegen der eingeführten Stichtagsregelung und der zeitlichen Begrenzung. Wurden Rats-Beschlüsse zur Straßensanierung vor dem 1.1.2018 gefasst, profitieren die Anlieger nicht davon. Werden Anträge nach dem 31.12.2024 gestellt, ist nicht sicher, ob es nach dem Auslaufen der Befristung der Richtlinie überhaupt noch weitere Fördergelder geben wird.
  • Die Anlieger haben keine Rechtssicherheit, wegen der Befristung zum 31.12.2024. Wörtlich heißt es in der Schleidener Resolution: „Da es sich jedoch um ein sehr sensibles Thema, mit teils großen finanziellen Folgen für die Betroffenen handelt, darf dies nicht den Anschein eines nicht zu Ende gedachten Tests haben.“
  • Die verabschiedete Regelung sei vom projektierten Zeitplan her zu knapp bemessen. Wörtlich heißt es: „Viele Kommunen haben aufgrund der jahrelangen Diskussion über die Straßenausbaubeiträge, in der Hoffnung auf deren Abschaffung, die Durchführung von Maßnahmen gestoppt bzw. die Beschlüsse hierüber vertagt. Bis nun wieder Maßnahmen im Rahmen der neuen gesetzlichen Anforderungen durchgeführt werden können, wird es seine Zeit brauchen, da vor den Beschlüssen über Maßnahmen (laut des neuen § 8a, KAG Anmerkung d.Red.) zunächst ein Straßen- und Wegekonzept erarbeitet und beschlossen werden muss. Ohne die Erstellung eines solchen Konzepts ist die Bezuschussung von Maßnahmen durch das Land und damit eine Entlastung der Grundstückseigentümer nicht möglich.“
  • Ein erhöhter Verwaltungsaufwand sei notwendig. Wörtlich wird das so begründet: „Durch die neuen gesetzlichen Erfordernisse (Straßen- und Wegekonzept, Anliegerbeteiligungen, Vergaberecht, Beantragungs- und Abrechnungsverfahren für die neue Förderung) steigt der Verwaltungsaufwand nicht unerheblich. Dieser gestiegene Aufwand muss ebenfalls finanziert werden, wodurch die Allgemeinheit zusätzlich belastet werden muss. Die Entlastung nach dem „Fördermodell“ der Landesregierung für die Grundstückseigentümer erfolgt somit auch auf Kosten der Allgemeinheit.

So kommt die Verwaltung der Stadt Schleiden zu dem Ergebnis, dass die Bemühungen des Landesgesetzgebers „insgesamt betrachtet sogar eine Verschlechterung“ für alle Beteiligten bedeuten würden. Demnach könne nur eine Abschaffung der Straßenausbaubeiträge das angestrebte Ziel einer Verbesserung erreichen. Der Landesgesetzgeber wird deshalb von der Stadt Schleiden aufgefordert, „die im Dezember 2019 beschlossene Reform kritisch zu überdenken und die Straßenausbaubeiträge nach §§ 8 und 8 a KAG NRW endgültig abzuschaffen.“

Kommentar von Lydia Schumacher, der Sprecherin der örtlichen Bürgerinitiative und der Landesarbeitsgemeinschaft der Bürgerinitiativen „SCHLUSS MIT STRABS!“:

Mittlerweile sollte es jedem Menschen in diesem Bundesland klargeworden sein: Anliegerbeiträge kann man nicht reformieren. Sie gehören abgeschafft. Aber noch immer werden Menschen in NRW mit Verweis auf die Mär von „wirtschaftlichen Vorteilen“ im § 8 KAG ausgenommen. Es darf nach unserer Meinung nicht sein, dass man in NRW neben allen Steuern und Abgaben als Privatperson noch einmal gesondert zur Kasse gebeten werden kann, für eine Aufgabe der staatlichen Daseinsvorsorge. Und das nur, weil Straßen nicht ordnungsgemäß instandgehalten werden. Andere Bundesländer haben das längst erkannt und diese Ungerechtigkeit abgeschafft. Warum sollte NRW nicht können, was andere längst vormachen?

Deshalb bin ich begeistert von der Kritik, die die Stadt Schleiden an der Reform übt. Das entspricht genau dem, was wir Bürgerinitiativen anprangern, seit wir die Pläne dieses Scharrenbach-Reförmchens kennen: Diese Halbierung, von der die schwarz-gelbe Koalition da spricht, ist eigentlich nur ein Marketing-Trick. Diejenigen, die seit Jahren in unserem Bündnis und in den Initiativen vor Ort für die Abschaffung kämpfen, haben bereits die Rechnung für ihre Straßensanierung bekommen oder erwarten sie in den kommenden Wochen und Monaten – so wie wir in Schleiden auch. Da wird gar nichts halbiert, sondern wir zahlen zu hundert Prozent. Es ist anzunehmen, dass hier auch niemand je in den Genuss der Halbierung kommen wird, weil die verwaltungtechnischen Hürden für eine solch kleine Verwaltung wie die in Schleiden zu hoch sind.

Und wenn die NRW-Koalition sich rühmt, dass Betroffene jetzt laut des neuen § 8a KAG über 20 Jahre in Raten zahlen dürfen, dann ist auch das ein Witz. Wer kann denn mal eben 20.000 Euro oder 50.000 Euro binnen Monatsfrist in einer Summe für die sanierte Straße berappen? Jetzt hat zwar jeder betroffene Anwohner ein Recht auf Ratenzahlung binnen 20 Jahren, aber dann kommen immer noch Zinsen obendrauf. Auch hier haben die Kommunen ein Mehr an Aufwand und müssen zudem das Geld über eine lange Zeit vorstrecken.

Umso mehr freut es mich, dass sich der Rat der Stadt und die Stadt selbst an die Seite ihrer Bürger stellen und offene Worte nach Düsseldorf schicken. Ich würde mir wünschen, dass sich alle Kommunen hier in der Region und in ganz NRW daran ein Beispiel nehmen und ebenfalls eine solche Resolution zur Abschaffung der Beiträge nach Düsseldorf übermitteln. Bürger und Kommunen sitzen ja ohnehin – naturgemäß – in einem Boot. Und da macht es doch Sinn, in die gleiche Richtung zu rudern.

4.9.2020PolitikSchleiden0 Kommentare redaktion

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