Umland, Düsseldorf: Ausgerechnet am „Freitag, dem 13.“, in dieser Woche, stand im Kommunalausschuss des Düsseldorfer Landtags die Reform zur Finanzierung der Gemeindestraßen auf der Tagesordnung. Es geht im „Fünften Gesetz zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes“ (KAG) um die künftigen Straßenbaubeiträge.
Wie soll in Zukunft verfahren werden, wer bezahlt für die Sanierung von Gemeindestraßen? Können die Anlieger weiterhin alle 20 Jahre zur Generalsanierung maroder Anliegerstraßen herangezogen werden? Folgt der Gesetzgeber dem Aufruf des Bundes der Steuerzahler und der Willenserklärung von bisher mehr als 500.000 Bürgern, die um ihre wirtschaftliche Existenz fürchten müssen, wenn sich die Gemeinde entschließt, die Straße zu erneuern?
Die Arbeitsgemeinschaft der Bürgerinitiativen gegen Straßenbaubeiträge in NRW „SCHLUSS MIT STRABS“ (STRABS) fordert – wie auch bereits in anderen Bundesländern üblich – die ersatzlose Streichung des Paragraphen 8 des Kommunal-Abgaben-Gesetzes (§8 KAG). STRABS ist von der vorgelegten Reform wenig begeistert:
Gegen jede Vernunft wird im Ausschuss wahrscheinlich die Minimalmehrheit der Regierungskoalition für das von Ministerin Scharrenbach hektisch geschnürte Paket stimmen. Geht es nach der NRW-Regierung werden die Anlieger in NRW auch in Zukunft existenzbedrohende Beiträge für eine Aufgabe schultern müssen, die eigentlich von der Allgemeinheit im Sinne der Daseinsvorsorge zu leisten wäre.“
Anliegerstraßen gehören, wie alle anderen Straßen im Land, der Allgemeinheit. Einziger Unterschied: Bei der erstmaligen Herstellung wurden sie zu fast 100 Prozent bereits von den Anliegern an die Kommune bezahlt.
Nach einer Neufassung des KAG, in der jetzt vorgesehenen Weise, komme auf die Kommunen erheblich mehr Verwaltungsaufwand zu. Kassieren müssen sie also weiter bei den Bürgern. Es bleibe den Kommunen freigestellt, ob sie bei einer künftigen Absenkung der Anliegerbeiträge mitmachen. Für diese Absenkung will das Ministerium eine Fördersumme von 65 Millionen Euro bereitstellen. Aber: Das Förderpaket wird nicht als Teil des Gesetzes verabschiedet. Damit kann es beliebig – je nach Haushaltslage des Landes – in den zukünftigen Jahren auch wieder gestrichen werden.
Zudem bestätige sich gerade das, was STRABS längst befürchtet hat: Die ersten Kommunen wollen die Beitragssätze für Anlieger in ihrer Satzung bereits jetzt erhöhen, damit sie mehr Geld aus dem Fördertopf des Landes abgreifen können und so ihren kommunalen Eigenanteil senken:
Damit wird die von der Landesregierung zugesagte Halbierung der Kosten für die Anlieger noch mehr zum Witz. Denn wenn aus zuvor 50 Prozent der Kosten, mit denen sich Anlieger an der kommunalen Straßensanierung beteiligen müssen, durch die kommunale Erhöhung künftig erst 80 Prozent werden und erst dann halbiert wird, sind es statt der ursprünglichen zugesagten 50 Prozent nur noch 40 Prozent. Da kann doch wohl von einer Halbierung keine Rede sein! Und zweitens: Da das Förderprogramm nicht Bestandteil des Gesetzes ist, kann es im kommenden Jahr schon wieder eingestellt werden. Dann müssen Anlieger die Straßen nahezu alleine zahlen. Das versteht die NRW-Koalition also unter Gerechtigkeit!“
Noch immer findet das Verursacherprinzip ausgerechnet hier keine Anwendung. Auch eine Verpflichtung der Kommunen zur laufenden Instandhaltung ihrer Straßen ist in dem Gesetz nicht vorgesehen. Damit setzt das KAG auch in Zukunft die falschen Anreize: Kommunen lassen Straßen verfallen, sparen sich die Kosten für die laufende Instandhaltung und kassieren stattdessen die Anlieger bei jeder Generalsanierung wiederholt ab.
Was zudem gar nicht gerne kommuniziert würde, sei die Tatsache, dass Straßen richtig Geld verdienen – durch sogenannte Konzessionsabgaben. Für die Durchleitung von Strom, Gas und Fernwärme haben Städte und Gemeinden im vergangenen Jahr laut der amtlichen Statistik von IT.NRW 920.694.341 Euro erhalten. Diese Summe von fast einer Milliarde Euro haben natürlich auch die Anlieger gezahlt – mit den Rechnungen ihrer jeweiligen Energie-Anbieter: Die Anlieger werden also doppelt abkassiert.
NRW-Koalition füttert Bürokratie-Monster
Der Bund der Steuerzahler hatte ausgerechnet, dass der Anteil der kommunalen Verwaltungskosten bereits heute bei nahezu 50 Prozent der Einnahmen aus Anliegerbeiträgen nach dem KAG liegt. In der Sachverständigenanhörung zur Reform des KAG haben nahezu alle Experten kritisiert, dass es einen deutlichen Mehraufwand in den kommunalen Verwaltungen bedeutet, wenn diese Reform Gesetz wird.
So sieht das Gesetz vor, – Anlieger zeitlich vorgelagert zu informieren, – Alternativen der Ausführung vorzustellen, – diese Alternativen auch zu berechnen, – den Zustand der Straßen Jahre im Voraus zu bewerten, – jedem betroffenen Anlieger eine Ratenzahlung über 20 Jahre zu ermöglichen. (Das bedeutet, dass die Kommunen künftig auch noch wie Banken agieren sollen, indem sie in Vorleistung gehen und jedes Jahr den aktuellen Zinssatz berechnen.)
Von der Stadt Wuppertal wissen wir, dass der Verwaltungsaufwand schon gegenwärtig und ohne die fragwürdige Überarbeitung des KAG bei 60 Prozent der Einnahmen liegt. Dort geht die Verwaltung davon aus, dass nach dieser Reform nichts mehr für den Straßenbau übrigbleibt, sondern jeder gezahlte Cent für die Bürokratie aufgebraucht wird. Dann würden Beiträge nur noch um der Beiträge Willen erhoben, heißt es. In Essen und Dortmund fallen bereits heute Verwaltungskosten von mehr als 70 Prozent an. Und die Stadt Bielefeld hat im vergangenen Jahr sogar mehr Ausgaben als Einnahmen aus Anliegerbeiträgen erzielt“,
kritisiert STRABS. Wenn CDU und FDP nur auf ihre Basis in den Kommunen hören würden, dann wäre einiges gewonnen: Der Landesfachausschuss (LFA) Kommunales der FDP in Nordrhein-Westfalen hat vor Kurzem mit einem klaren Votum die Abschaffung der Straßenbaubeiträge nach KAG befürwortet.
120 der 396 NRW-Kommunen haben eine Resolution zur Abschaffung der existenzbedrohenden Beiträge nach Düsseldorf geschickt. Auch sie werden nicht zur Kenntnis genommen, wenn diese Reform so zu einem Gesetz wird.
Aber nicht nur Beschlüsse der eigenen Basis werden missachtet. In NRW erleben die Menschen gerade bei diesem Thema, dass die Landesregierung fast 500.000 Unterzeichner der Volksinitiative des Bundes der Steuerzahler ignoriert.
Die Landesregierung reitet ein totes Pferd
Lydia Schumacher, Sprecherin der STRABS, formuliert es drastisch:
Scharrenbach will dem toten Gaul namens KAG §8 noch einmal die Sporen geben. Dass das keinen Sinn macht, ein völlig unsinniges Gesetz zu reformieren, sollte eigentlich jedem einleuchten. Von einer Befriedung zum Thema, die man wahrscheinlich mit der schnell zusammengeschusterten Reform erreichen wollte, kann jedenfalls keine Rede sein. Fair wäre allein die Abschaffung der Anliegerbeiträge.
Im kommenden Jahr stehen die Kommunalwahlen an. Da stellt sich die Frage, was CDU und FDP vor Ort den Menschen erzählen wollen? Dass es normal ist, wenn die Landesspitze einer Partei sich weiter von ihrer Basis entfernt als der Mond?
Wie lange will die NRW-Koalition den Willen der Wähler und der eigenen Basis noch ignorieren? Wir fordern die Koalition aus CDU und FDP auf, jetzt vom toten Gaul zu steigen und das Bürokratiemonster abzuschaffen!“
In der kommenden Woche, am Mittwoch, dem 18. Dezember, kurz vor Weihnachten, steht das Gesetz zur zweiten Lesung auf der Tagesordnung des Parlaments. Damit legt die Landesregierung den Anliegern statt eines Geschenkes eine schwere Bürde unter den Weihnachtsbaum.
Die Würfel im Ausschuss sind gerade gefallen: CDU und FDP halten an ihrem Gesetzentwurf fest. SPD, Grüne und AfD haben sich gegen das Gesetz der Landesregierung und für die Abschaffung der Anliegerbeiträge ausgesprochen.
Die grüne Fraktion war zunächst auch dafür gewesen, die Anliegerbeiträge nur zu reformieren. Erst die Intransparenz der Landesregierung (Frau Scharrenbach hat bis heute nicht erklärt, wie hoch der Reingewinn aus Straßenausbaubeiträgen ist und wie hoch die Verwaltungskosten sind), hat für ein Umdenken in der Grünen Fraktion gesorgt.
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