Umland: „Der Artenschutz ist unter ‚grün‘ in Hessen zu einer Farce verkommen, der sich in lächerlichen Blühstreifendiskussionen und medienwirksamen Biotopeinweihungen erschöpft“, sagt Silke Hable, Jahrgang 1977, diplomierte Geographin und Zoologin. Sie lebt mit ihrer Familie im Herzen des Odenwaldes, zwischen Frankfurt/Main im Norden und Heidelberg im Süden. Ein absoluter „Wald-Mensch“ sei sie, schildert sie gegenüber EIFELON. Für sie ist der Wald nicht nur eine beliebige Ansammlung von Bäumen. Ebenso nicht nur „grüne Kulisse“ beim Radeln, Joggen oder Hundespaziergang. Auch kein Wirtschaftsraum im Sinne der Holz“produktion“, die sie in ihrer gegenwärtigen Ausprägung für alles andere als nachhaltig hält. Stattdessen ist Wald für Hable ein überaus komplexer Organismus, der nur in seiner Gesamtheit mit all seinen Elementen betrachtet werden kann und muss (Flora, Fauna, Geologie, Hydrologie…), um ihn auch nur ansatzweise verstehen und damit schonend und wirklich nachhaltig nutzen zu können. Und der auch nur in seiner Gesamtheit „funktioniert“.
Bei Äußerungen von sogenannten „Grünen“ platzt ihr schon mal literarisch der Kragen. Etwa wenn ein Grünen-Mitglied des hessischen Landtages Bäume in gut und schlecht einteilt: Gute Bäume seien ihm zufolge jene im Hambacher Forst, die den Kohleabbau im Weg stehen. „Schlechte“ Bäume stünden dagegen „guten“ Projekten wie dem Windkraftausbau im Weg; sie müssten am besten möglichst schnell gefällt werden, um dann mit der Windkraft das Great Barrier Riff und das Weltklima zu retten. Erschlagene Vögel und Fledermäuse, sowie der Verlust an Lebensraum für die Tiere sind für diese Art von „Grünen“ zu vernachlässigende Kollateralschäden.Die schlechten Bäume stehen nicht nur in der Eifel, sondern auch in vielen anderen Mittelgebirgen, so auch in Hables Heimat, dem Odenwald. Um dem Eifeler Leser einmal die Dimension dieser Vernichtung von kostbarem Lebensraum überall in Deutschland und seine negativen Folgen für uns hier direkt vor Ort greifbar zu machen, veröffentlicht EIFELON eine Kurzfassung von Silke Hables Text „Analytisch“:
Weltklima gerettet? Kleinklima erwärmt!
Längst ist bekannt, dass auch mit 30.000 Windkraftanlagen (WKA) deutschlandweit kein einziges Gramm CO2 eingespart werden konnte. Dennoch wird weiter fleißig an allen Fakten vorbei behauptet, durch den weiteren Ausbau der Windkraft ließe sich das Klima retten. Tatsächlich führen die auch im Odenwald bereits vorgenommenen und noch in weitaus größerem Maß geplanten Rodungen von Wäldern zugunsten von Windrädern jedoch kurzfristig und dauerhaft zu einer drastischen Erwärmung des sogenannten Kleinklimas – also des Klimas vor Ort. Denn wo Wald ist, ist es für gewöhnlich zwei bis drei Grad Celsius kühler als über unbewaldeten Flächen – und sogar noch einige zusätzliche Grad kühler als über Flächen, die durch Asphalt oder Beton versiegelt wurden.
Natürliche Wasserkreisläufe gestört
Die großflächigen Rodungen zugunsten von WKA – allein im Odenwaldkreis reden wir gemäß TPEE (Teilplan Erneuerbare Energien) von gut 2.700 Hektar – verändern zudem empfindlich den Wasserhaushalt: Wo unter Wald der Boden noch aufnahmefähig für Wasser und Gase (auch CO2) war, ist durch die großflächige Entwaldung und die damit verbundene weitaus intensivere Sonneneinstrahlung nicht nur die Verdunstung schneller und höher. Der einstige Waldboden verliert zudem seine Fähigkeit, Wasser zu speichern, da die Fundamente der WKA den Boden großflächig versiegeln und schwere Harvester und Kräne die Zuwege und die Windräder umgebenden Flächen wie die der Kräne bis in mehrere Meter Tiefe hochverdichten. (Beispiel: Ein 16 Tonnen schwerer Harvester verdichtet den Boden bis zu zwei Meter tief.) Dieser Zustand wird über viele Jahrhunderte nachweisbar sein. Bildung und Regeneration von Boden sind Prozesse, die Jahrhunderte bis Jahrtausende brauchen.
Zerstört wird auch das empfindliche Geflecht aus Feinwurzeln und Pilzen. Das benötigen aber die noch verbliebenen Bäume zwingend, um gesund zu bleiben. Selbst die angrenzenden Wälder, die das Glück haben, erst einmal nicht gefällt zu werden, werden somit unmittelbar, schwer und langfristig geschädigt. Das Geflecht ist für einen gesunden Wald deswegen unabdingbar, weil die Bäume über dieses „Wood Wide Web“ Informationen austauschen (etwa: Schädlingsbefall droht), sowie wichtige Nährstoffe und Wasser.
Nicht mehr vorhandene Bäume und Waldböden können kein Wasser mehr bei Starkregen aufhalten. Im versiegeltem und/oder hochverdichtetem Boden kann es nicht mehr langsam versickern. Ein nicht unerheblicher Teil des Regenwassers wird von den bald großflächig entwaldeten Höhenrücken der Region weitgehend ungehindert in die Täler abfließen. Überschwemmungen in Tallagen werden zur Regel mit allen negativen Folgen für die dort lebenden Menschen.
Außerdem tragen Wälder erheblich zur Wolkenbildung bei: Über ihre Blätter und Nadeln geben Bäume permanent nicht nur wichtigen Sauerstoff ab; sie verdunsten auch wieder Wasser und geben in erheblichen Mengen (auch für den Menschen sehr gesundheitsfördernde) ätherische Öle (Terpene) an die Luft ab. Dabei bilden sich in höheren Luftschichten wieder sogenannte Nuklei, an die sich Wassermoleküle lagern. Wolken entstehen. Aus diesen Wolken fällt wieder Regen. So sieht ein gesunder Wasserkreislauf aus, den es mit großflächig entwaldeten Höhenrücken aber nicht mehr geben wird. Das beeinflusst die umgebende Vegetation (Wald), die Landwirtschaft (zunehmende Trockenheit der Böden) und auch den Trinkwassernachschub für die Menschen. Der Grundwasserspiegel wird dadurch bereits mittelfristig vielerorts erheblich – ich sage: bedenklich – absinken.
Wegen der Bechsteinfledermaus wurden 200 Hektar „Hambi“ nicht gerodet – im Odenwald dagegen kein Problem?
Der Odenwald ist eines der letzten größeren, noch wenigstens einigermaßen unzerschnittenen Waldgebiete Deutschlands. Er ist, und zwar nahezu flächendeckend, Heimat für zahlreiche seltene – sogar gesetzlich streng geschützte – Tierarten. Hier leben fast überall ein gutes Dutzend zum Teil streng geschützter Fledermausarten: etwa die Bechsteinfledermaus (wegen diesem Tier wurde von der Rodung von 200 Hektar „Hambi“ abgesehen) oder auch die Mopsfledermaus. Klimaaktivisten wollen das Great Barrier Reef schützen, indem sie großflächig und dauerhaft Lebensräume unserer heimischen geschützten Tiere zerstören? Eine seltsame Logik, die man wohl nur als Grüner versteht. Fakt ist ebenso, dass noch bis Mitte 2016 in Hessen WKA zu Wochenstuben der Mopsfledermaus fünf Kilometer Abstand halten mussten – per Erlass haben das die „Grünen“ in der Landesregierung inzwischen auf lächerliche 200 Meter heruntergeschraubt.
Artenschutz ist unter „grün“ in Hessen zu einer Farce verkommen
Totfunde von Fledermäusen gibt es inzwischen rund um bereits bestehende Anlagen so einige. Untersuchungen von Fachinstituten, beauftragt durch unabhängige Fledermausschützer aus der Bürgerschaft, ergaben, dass diese Tiere am Barotrauma elend und qualvoll verreckt sind: der Unterdruck, der rund um sich drehende Rotoren entsteht, hat ihnen die Lungen und weitere Organe einfach im Flug zerfetzt. Die Totfunde und das Untersuchungsergebnis wurden den zuständigen Behörden gemeldet. Geschehen ist nichts. Seitens der Genehmigungs- und Kontrollbehörden ignoriert man derlei.
Weiter geht es mit dem „Klassiker“ in Sachen Windkraft, dem Rotmilan. Der Odenwald ist Heimat für eine der größten und stabilsten Rotmilan-Populationen Deutschlands. Rund um die bereits bestehenden Windparks der Region sind die Rotmilane bereits verschwunden – ob sie getötet wurden (die Tiere, das ist wissenschaftlich erwiesen, weichen WKA nicht aus) oder abgewandert sind, ist unklar. Fest steht jedoch: Mit jeder WKA, mit jedem Windpark mehr auf Odenwälder Höhenrücken verschwindet ein Teil der Population. Und da gemäß dem TPEE-Entwurf so gut wie jeder Höhenrücken betroffen sein wird, wird die Rotmilan-Population des Odenwaldes wohl bald der Vergangenheit angehören.
Doch wenn Klimaaktivisten und „Grünen“ am Great Barrier Reef und an bedrohten Exoten der Tierwelt gelegen ist, wie können sie dann der rapiden Vernichtung heimischer bedrohter Tiere so tatenlos zusehen, ja sie sogar aktiv weiter vorantreiben – unter dem „ökologischen Deckmäntelchen“ der Energiewende? Fast zwei Drittel der Rotmilane dieses Erdballs leben in Europa – Deutschland ist gemeinsam mit Frankreich das Land mit der größten Rotmilan-Population. Die Art ist nicht weniger gefährdet als die großen, „spektakulären“ Tiere, mit denen die einschlägigen Naturschutzorganisationen um Spenden werben.
FFH – Flora Fauna Habitat wird zu Industriegebiet
Dass der Politik, und offensichtlich nicht nur der „grünen“, in Hessen rein gar nichts mehr an Artenschutz liegt, sieht man auch daran, dass mit der Errichtung des Windparks „Greiner Eck“ bei Hirschhorn im südlichsten Zipfel des Odenwaldes sogar ein FFH-Schutzgebiet per Sofortvollzug einfach plattgemacht wurde. Ich muss Ihnen wohl kaum erzählen, dass sogenannte FFH- oder Natura-2000-Gebiete Areale sind, die durch europäisches Recht besonders geschützt und darum für Windparks eigentlich per se vollkommen tabu sind.
Im einstigen FFH-Gebiet Greiner Eck war die streng geschützte Haselmaus zuhause. Die Wildkatze und der Uhu waren jeweils von Jägern per Foto eindeutig nachgewiesen worden, die Mopsfledermaus war gesichert nachgewiesen, der Rotmilan drehte hier seine Kreise ebenso wie der gleichermaßen geschützte Wespenbussard. Das Tötungsverbot für den ebenfalls am Greiner Eck vorkommenden Fichtenkreuzschnabel wurde vom Regierungspräsidium Darmstadt als Genehmigungsbehörde kurzerhand aufgehoben. Der Lebensraum für all diese Tiere ist zerstört. Ein für alle Mal – denn ein solches Biotop forstet man nicht einfach irgendwann wieder auf und alles ist wieder gut.
Grund- und Trinkwasser bedroht
Auch das Wohlergehen der Bevölkerung vor Ort ist der Politik vollkommen gleichgültig, wenn es um den Ausbau der Windkraft im Odenwald geht.
Beispiel Greiner Eck: Durch ungeeignetes Aufschüttmaterial für Zuwege und Stellflächen ist der Boden nun mit Arsen, Cadmium und Zink um ein Vielfaches der zulässigen Grenzwerte belastet. Selbst ein Gutachten des Windpark-Betreibers bestätigt dies inzwischen. Hatte ich schon erwähnt, dass das Greiner Eck im Trinkwassereinzugsgebiet von rund 11.000 Menschen der umliegenden Ortschaften liegt? Dass gleich zwei Schutzzonen III davon betroffen sind? Schadstoffe im Boden werden zwingend mit dem Regen nach und nach ausgewaschen und ins Grund- und Trinkwasser eingetragen. Und hier sprechen wir noch nicht von den in den Betonfundamenten von WKA nahezu ausnahmslos enthaltenen Schadstoffen wie Schwermetalle, die aus den Fundamenten ausgewaschen werden, ebenfalls über die Zeit in den umliegenden Boden übergehen und schließlich ins Grund- und Trinkwasser eingetragen werden.
Ähnlich bedroht wie das Trinkwasser der Bevölkerung rund um das Greiner Eck ist auch das Trinkwasser von Teilen der Gemeinde Mossautal durch den Windpark Kahlberg. Das streitet noch nicht einmal das Regierungspräsidium Darmstadt als genehmigende Behörde ab. Eine Verunreinigung, zeitweise oder auch dauerhaft, oder auch ein Versiegen der Quellen wird im Genehmigungsbescheid für durchaus möglich bis wahrscheinlich erklärt. Man zieht allerdings das Fazit, dass eine Versorgung der dann betroffenen Orte per Tankwagen absolut zumutbar für die Bevölkerung ist.
Ich nenne das einen Ausverkauf der Region auf Kosten der Menschen, der Tiere und des Waldes.
Atomstrom aus dem Ausland
Dass es die deutschen WKA nicht schaffen, auch nur annähernd den Primärenergiebedarf zu decken, verschweigen oder negieren die Grünen und sprechen gebetsmühlenartig von installierter Leistung. Auch dass Windkraft und Solarenergie nicht einmal ansatzweise grundlastfähig sind, blenden sie konsequent aus. Nicht verraten haben die Politiker ihren Wählern, dass die Bundesrepublik enorme Mengen Atomstrom aus dem französischen, belgischen und schweizerischen Ausland einkauft, und sogar entgegen dem beschlossenen GroKo-Koalitionsvertrag ausländische Atom-Aktien hält und Ende 2018 noch zugekauft hat. All das, um die Netzschwankungen auszugleichen, die die „Erneuerbaren“ verursachen und die mit jedem Windrad mehr zu einem noch größeren Problem werden.
Ebenso verweigern sich die Grünen bislang der Einsicht, dass es bis auf absehbare Zeit – Ingenieure sprechen von 15 bis 40 Jahren – keine ausreichenden beziehungsweise ausreichend effektive Speichermöglichkeiten geben wird.
Allein im Odenwaldkreis, ein Teil des hessischen Odenwaldes, sollen 2.700 Hektar der Windkraft zur Verfügung gestellt werden. Da vom Regierungspräsidium aktuell ein Windrad je 10 Hektar Vorrangfläche „vorgesehen“ ist, wäre das allein Platz genug für mehr als 200 Windkraftanlagen.
Mit dem Greiner Eck fiel im Odenwald bislang mindestens ein FFH-Gebiet der Windkraft zum Opfer – das Greiner Eck liegt bei Hirschhorn im Kreis Bergstraße, neben dem Odenwaldkreis der zweite hessische Teil des Odenwaldes. Ein weiteres Schutzgebiet – die sogenannte Mies bei Michelstadt-Würzberg – steht aktuell auf der Kippe: Dort plant – mitten in einem EU-Vogelschutzgebiet, das dem Natura2000-Biotopverbund angehört – der Projektierer Juwi derzeit einen Windpark mit (zunächst) vier beantragten WKA mit je 241 m Gesamthöhe.
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