Bad Münstereifel: Die Stadt Bad Münstereifel hat in den letzten Jahren ihre touristischen Möglichkeiten kontinuierlich entwickelt. Neben dem Kuraspekt, hat sie ihre historischen Innenstadt durch Ansiedlung von Outlet Aktivität belebt, Kultur-Events veranstaltet, ihr landschaftlich reizvolles Umfeld durch Wander- und Radrouten gefördert, Landschaft unter Schutz gestellt, Naturreservate angelegt, kurz alles unternommen, um den Erholungs- und Freizeitwert Bad Münstereifels für viele unterschiedliche Besuchergruppen stetig zu steigern. Für die Verantwortlichen in Verwaltung und Politik war klar: Kuren, Wandern und Einkaufen bringt unserer historische Stadt und unserer reizvollen Umgebung Besucher aus den nahen Großstädten Köln und Bonn und sorgt – neben dem Kurbetrieb – für laufende Umsätze zu allen Jahreszeiten. Das touristische Angebot sei „Naturnah, Authentisch und Lebendig“, wie der Werbeprospekt dem interessierten Besucher verheißt. Es war ein langer, aber erfolgreicher Weg, der hier in den letzten Jahren gegangen wurde.
Als die Firma Energiekontor vor zehn Jahren an die Stadt herantrat und beantragte, in Münstereifel-Schönau 150 Meter hohe Windanlagen zu errichten, lehnte der Stadtrat diese Ansinnen ab. Es vertrage sich nicht mit dem Anspruch eines Landschaftsschutzgebiets, in einem solchen sei die Errichtung von baulichen Anlagen verboten und eine Ausnahme von diesem Verbot wolle man auch nicht für Windanlage machen, argumentierte die Stadt.
Im Vorfeld habe man sich bemüht im Flächennutzungsplan der Stadt Möglichkeiten für Windkonzentrationszonen auszuweisen, habe aber keine hinreichend großen Flächen gefunden, die sich als Standort für Windanlagen eignen würden, um der Windenergie substantiell und spürbar „Raum zu verschaffen“, teilte man dem Projektierer bedauernd mit.
Diese Argumentation fand kein Verständnis auf Seiten des Projektierers. Die Firma beharrte auf ihren Anspruch, mehrere 150-Meter-Windanlagen auf den Flächen im Stadtgebiet errichten zu wollen, und verklagte Bad Münstereifel und den Kreis Euskirchen als Genehmigungsbehörde vor dem Verwaltungsgericht in Aachen auf die Erteilung einer Baugenehmigung. Man argumentierte mit der Privilegierung von Windanlagen im Außenbereich und bestand auf einer Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens und einer Baufreigabe.
Der Kreis und die Kommune verweigerte die Baugenehmigung und argumentierte mit artenschutzrechtlichen Bedenken und eine nicht hinnehmbaren „Verunstaltung des Landschaftsbildes“.
In dem folgenden Rechtsstreit musste der Projektierer zur Kenntnis nehmen, dass auch landschaftliche Schönheit ein Schutzgut ist, das einen Rechtsanspruch für seine Erhaltung rechtfertigt:
Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht 2012 aus, dass der, für die Windenergieanlagen gewählte Standort im räumlichen Geltungsbereich eines Landschaftsschutzgebietes liege, für das ein Verbot der Errichtung baulicher Anlagen gelte. Eine Befreiung von diesem Bauverbot könne nicht erteilt werden. Insoweit überwiegen bei der vorzunehmenden Abwägung die landschaftschutzrechtlichen Belange gegenüber dem öffentlichen Interesse an einer verstärkten Nutzung regenerativer Energien.
Durch das Landschaftsschutzgebiet sollten gerade „die Vielfalt, Eigenart und Schönheit der zum Teil sehr abwechslungsreichen Landschaft mit stark bewegtem Relief“ geschützt werden. Diesem Schutzzweck würde die Errichtung der beantragten Anlagen aber zuwiderlaufen. Die geplanten Windenergieanlagen überprägten durch ihre Höhe von ca. 570 m über NN deutlich den Horizont und verfremdeten aufgrund ihrer Unmaßstäblichkeit gegenüber den natürlichen Bestandteilen der Kulturlandschaft einen weiten Bereich.
Dieses Landschaftsbild zeige sich bislang frei von technischen Bauwerken und sei nicht vorbelastet. Die beiden 150-Meter hohen Windenergieanlagen mit ihren rotierenden Flügeln würden vor diesem Hintergrund als fremd und störend empfunden werden und wirkten sich auf die geschützte Landschaft daher nachteilig aus“, äußerte die Kammer in ihrem Urteil.
Damit war der Versuch, der Windenergienutzung Vorrang vor der erhaltenswerten landschaftlichen Schönheit zuzubilligen, gescheitert. Bad Münstereifel hatte um seine Natur gekämpft und gewonnen.
Umso unverständlicher ist es jetzt, wenn acht Jahre später, diese gerichtlich erkämpfte Position freiwillig aufgegeben werden soll und einem Projektierer auch noch Grundstücke der Stadt im Ortsteil Nöthen für Windanlagen geopfert werden sollen. Ist doch unberührte und nicht zerspargelte Landschaft in den letzten Jahren seltener und damit kostbarer geworden.
Laut Mitteilung aus dem B. Münstereifler Stadtjournal, welche zuerst die Tatsache bestätigt, weiterhin keine Windkonzentrationen auf städtischem Gebiet ausweisen zu wollen, ein Standpunkt den das Verwaltungsgericht in seinem Urteil vor acht Jahren zustimmend bestätigt hat, ist man nun im Stadtrat anscheinend gewillt, Windräder auf städtischen Gebiet zuzulassen und damit in der Folge dem zukünftigen unkontrollierten Windwildwuchs Tür und Tor zu öffnen:
Nachdem der Stadtrat im August 2020 den abschließenden Beschluss gefasst hat, keine Konzentrationszonen auszuweisen, sind nun Windenergieanlagen im Außenbereich als privilegiertes Bauvorhaben nach § 35 Baugesetzbuch möglich. Auf Basis dieser Entscheidung hat der Projektentwickler der Stadt Bad Münstereifel ein Projekt für Windenergieanlagen in einem Waldgebiet in der Gemarkung Nöthen angediehen,“
berichtet das Stadtjournal. Auch für das Waldgebiet „Pfaffenbusch“ zwischen Bad Münstereifel-Hohn, Bouderath und Nöthen, sowie Nettersheim-Pesch gilt, was auch für das Gericht für B.M.-Schönau gegolten hat:
[…] die Landschaft zeichne sich durch weitgehend offene, grünlandgeprägte Hangbereiche aus, die zusammen mit kleineren Waldbereichen, einzelnen Bäumen und Baumgruppen, Bachtälern, Kuppen und Anhöhen eine insgesamt strukturreiche ländliche Kulturlandschaft bildeten, in die sich Siedlungen […] harmonisch einfügten.“
Auch wenn sich nun der Projektträger juwi bereit erklärt, ein förmliches Genehmigungsverfahren nach Bundes-Immissionsschutz-Gesetz mit öffentlicher Beteiligung durchzuführen, ist es doch eher fraglich, ob der Standort, der vorerst drei geplanten Windanlagen der 6 Megawatt Klasse mit geplanten 260 Metern Höhe, gebaut in einem „stark geschädigten Wald“, die richtige Antwort auf die Borkenkäfer-Schäden ist.
In der Stadtverwaltung argumentiert man, fehlende Einnahmen aus einer Windenergie-Nutzung bisher durch Einnahmen aus den städtischen Forstbetrieben kompensiert zu haben, um Steuererhöhungen zu vermeiden. Aufgrund der Waldschädigung durch den Borkenkäfer würde diese Einnahmequelle künftig wegfallen. Also sei der fehlende Ertrag aus dem Wald künftig durch Einnahmen aus der Windenergie zu kompensieren.
Das sei aus „klimarelevanten und monetären Gründen alternativlos.“ (Ratsdrucksache: 33-XI/Z-2)
Also Beton statt Wald, zum Wohle des städtischen Haushalts und wechselhafter Flatterstromertrag aus Windrädern zur Klimarettung?
Auch die örtlichen Vertreter von der Naturschutzinitiative e.V. und dem EU-Kreisverband des NABU rechnen, in einer ersten, kurzfristigen Stellungnahme mit erheblichen artenschutzrechtlichen Konflikten. Sei doch der Kreis Euskirchen ein Schwerpunktvorkommen des Rotmilan, welches sich auch über den gesamten beplanten Waldbereich erstreckt. Hier sei in jedem Fall mit einer Erhöhung des signifikanten Tötungsrisikos von Rotmilan bei Errichtung der Windenergieanlagen (WEA) zu rechnen:
Der Rotmilan gehört zu den am stärksten betroffenen Arten, die als Anflugopfer an WEA getötet werden. Derzeit ist dies für die Art Rotmilan die am häufigsten auftretende Todesursache.“
Aufgrund der bereits hohen Anzahl an Windanlagen im Bereich der Schwerpunktvorkommen des Rotmilans im Kreis Euskirchen u.a. durch die Windparks Dahlem I-IV, Blankenheimer Dorf, Blankenheim Rohr-Reetz, Kall Ravelsberg, Kleinbüllesheim und den Schleidener GLS Park könne bei Genehmigung der WEA im Nöthener Wald die Erhöhung des Tötungsrisikos für die Rotmilanpopulation im Kreis Euskirchen nicht sicher ausgeschlossen werden. Es sei ein weiterer Rückgang der Brutpaare im Kreis zu befürchten.
Die lokale Population hier wird auf 34-47 Brutpaare geschätzt. Das ergibt einen Anteil von 5 % für die Gesamtpopulation des Beutegreifers in NRW. Der Erhaltungszustand für die Art wird weiterhin als ungünstig bis schlecht bewerte.
Auch eine Bürgerinitiative (BI) „Gegenwind-Bad Münstereifel“ hat sich, seit das Projekt am 18. November im Ausschuss der Stadt Münstereifel für Umwelt, Tourismus und Mobilität vorgestellt wurde, gegen die 250-Meter-Windtürme gegründet.
Die monströsen Anlagen sind so groß, dass sie die gesamte Eifellandschaft im Bereich der Stadt Bad Münstereifel verunstalten werden. Die Anlagen werden noch aus einer Entfernung von 50 km zu sehen sein“,
so die BI. Nach Angaben des Investors betrage der Siedlungsabstand 1.100 Meter bis 1.300 Meter und liege über der gesetzlichen Forderung von 1.000 Metern. Einzelne Hofanlagen haben allerdings einen deutlich geringeren Abstand als die 1.000 Meter. Von diesen riesigen Windkraftanlagen sind die Bewohner in Nöthen, Hohn, Bouderath, Kolvenbach, Gilsdorf, Pesch, Roderath, Witscheiderhof und Bergrath unmittelbar betroffen.
Die Bürger rechnen der Stadt vor, dass für die Stellfläche der drei Windanlagen, die Verbreiterung der Waldwege und die neue Strom-Leitungstrasse mitten durch den Wald, mindestens 5.000 Bäume gefällt werden müssten, das seien „5.000 Argumente gegen die Errichtung eines Windparks mitten in unserem Wald“, ist die BI empört. Innerhalb von nur drei Wochen haben sich über 600 Bad Münstereifeler der BI angeschlossen. Erklärtes Ziel der Bürger ist es, sollte der Rat städtische Flächen für Windenergieanlagen zur Verfügung stellen, mit einem Bürgerentscheid gegen die Verpachtung der städtischer Waldflächen vorzugehen.
Am kommenden Dienstag, dem 15. Dezember, um 18.00 Uhr, tagt der Rat der Stadt Bad Münstereifel zum Thema in der Konviktkapelle, Trierer Straße 16. Unter TOP 5 steht die Windradplanung mit fünf Vorlagen im öffentlichen Teil auf der Tagesordnung. Auch im nichtöffentlichen Teil wird das Thema nochmals aufgerufen.
Ob es nach der Beratung zu einer mehrheitlichen Beschlussfassung, die die städtischen Waldflächen in Nöthen für Windanlagen zur Verfügung stellt, kommen wird, ist nicht abzusehen.
Windanlagen im Pfaffenbusch sind nicht sinnvoll, weil Windanlagen in der Größe von 260 m Gesamthöhe für Mensch und Tier in Nöthen und den umliegenden Ortschaften ein gesundheitliches Risiko erzeugen. Besonders Schall, aber auch der sogenannte niederfrequente Körperschall und Infraschall erzeugen Beschwerden und bei 20-30 Prozent der Anwohner ernstzunehmende Krankheiten, wie Schwindel, Konzentrationsschwäche, Schlaflosigkeit und Herz- Kreislauf und Organerkrankungen.
Nur ein Drittel der Windenergie wird im Windrad in elektrische Energie umgewandelt, zwei Drittel werden zu Schallwellen der oben genannten Art. Wegen der niedrigen Frequenz von Infraschall unter 10 Hertz und den geologischen Formationen in der Eifel breitet sich diese Schallenergie weiträumig auch über den Boden aus.
Dazu werden Natur und seltene Tierarten in Mitleidenschaft gezogen. Die schon 2013 im Gerichtsverfahren mit einem anderen Windinvestor festgestellte Einzigartigkeit der Landschaft in und um Bad Münstereifel wird durch den geplanten industriellen Windpark empfindlich beeinträchtigt.
Diese Schäden für Mensch und Tier sowie für Natur, Arten und Landschaft kann nicht mit Geld ausgeglichen werden. Deshalb muss das Kalkül für Zuwendungen zur Stadtkasse, wie auch geringe finanzielle Vorteile für Anlieger, hinter den Schutzvorschriften der Artikel 2 und 20a des Grundgesetzes zurückstehen. Artikel 20a GG wird da sehr deutlich:
Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung.
Hier sind besonders die Verwaltung der Stadt Bad Münstereifel und des Kreises Euskirchen gefordert, die Planungen nicht zu unterstützen und zu genehmigen, um nicht gegen dieses Verfassungsgebot zu verstoßen.
Zum Klimaschutz muss gesehen werden, dass ganzheitlich betrachtet – also mit Bau und späterem Abbruch der Windanlagen – eine positive Bilanz der CO2 Reduktion nicht gezeigt werden kann. Besser ist es durch vernünftige Wiederaufforstung für mehr Wald als zusätzlichem CO2-Speicher Sorge zu tragen.
Windanlagen im Wald wollte auch die NRW Koalition gesetzlich beschränken. In der Mitteilung zum Landesentwicklungsplan (LEP) aus 2018 wurde dazu auf der Regierungswebseite „WIR in NRW“ mitgeteilt, dass das Landeskabinett die Errichtung von Windenergieanlagen im Wald […] weitgehend ausgeschlossen (hat). Abstände von 1.500 Metern zwischen Windenergieanlagen und Wohngebieten sollen soweit wie möglich eingehalten werden.
Zum Klimaschutz sollte nicht vergessen werden, dass mehr Wald eine der nachhaltigsten und wirksamsten Maßnahmen ist, um CO2 aufzunehmen. Ein Verein in Mitteldeutschland, „Wälder statt Windräder“ e.V., hat errechnet, dass der gesamte deutsche CO2 Ausstoß mit Neuanpflanzungen von Wald zu Kosten von weniger als 10 Mrd. Euro im Jahr kompensiert werden kann.
Das ist nur ein Drittel der Kosten von 30 Mrd. Euro, die jährlich von den Stromverbrauchern in Deutschland an erneuerbare Energien-Umlage über ihre Stromrechnungen bezahlt werden! Wegen der Abfederung der Volatilität dieser Stromerzeugung aus Wind muss der Steuerzahler im kommenden Jahr noch weitere 11 Mrd. auf die EEG-Stromsubvention drauflegen. Ein zusätzlicher Anstieg der Vergütungen für die erneuerbare Energiewende von einem Drittel!
Zur Zeit haben wir bereits in Deutschland eine Stromkapazität aus Windanlagen von 54 Gigawatt (GW), mit der Photovoltaik zusammen sind es 114 GW an volatiler Energie.
Schon jetzt besteht an Tagen, wenn der Wind weht und die Sonne scheint, ein Überangebot von Strom aus erneuerbaren Energien von bis zu 50 Prozent des täglichen Bedarfs von 70-80 Gigawatt. Leider liefert aber auch an durchschnittlich 5-6 Tagen jeden Monats die Windenergie, sowohl on- wie auch offshore, weniger als 1 Prozent des Tages-Bedarfs.
Ein weiterer Ausbau würde diese Situation nur verschärfen, Überschuss-Energie, die in die Nachbarstaaten entsorgt werden muss, oder Unterdeckung mit zusätzlichen Strom-Lieferungen aus dem Ausland. Das kostet Deutschland in beiden Fällen viel Geld: Jeden Monat mindestens eine Milliarde Euro. Und umso mehr, je mehr Windanlagen und Photovoltaik zusätzlich ans Netz gehen.
Die Bürgerinnen und Bürger sind vollkommen auf dem richtigen Weg, wenn sie sich gegen den Ausbau weiterer Windanlagen stellen: Sie machen energietechnisch keinen Sinn und bringen nur finanziellen Nutzen für die Investoren, aber nicht für den Klimaschutz.
Mit freundlichem Gruß
AG-Windenergie Eifel und Börde
Ratsdrucksache: 33-XI/Z-2 Errichtung von Windanlagen
Vorstellungen des des Projektes durch juwi
Urteil: Verwaltungsgericht Aachen, 6 K 1140/10 vom 07.05.2012
Die Bürgermeisterin zum Projekt (8.12.2020)
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