Nideggen, Schmidt: Hart, aber fair ging es bei der Bürgerversammlung im Schmidter „Schützenhof“ zu. Auf Einladung des Nideggener Bürgermeisters Marco Schmunkamp sollten bei einer „Frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung“ Bedenken, Anregungen und Vorschläge zum geplanten – und gleichzeitig heftig umstrittenen – Eschaueler Kletterwald diskutiert werden. Der Verhaltenskodex wurde vorab vom Bürgermeister unmissverständlich festgelegt: Um mögliche Eskalationen zu vermeiden, herrschte während des Diskussionsabends striktes Alkoholverbot. Jeder, der das Wort ergreifen wollte, musste sich mit vollem Namen vorstellen und bekam maximal drei Minuten Redezeit. Auch Zwischenrufe waren bei diesem aufgeladenen Thema tabu. „Es ist eine Herausforderung, die Sachlichkeit zu bewahren“, betonte Moderator Schmunkamp gleich zu Beginn. Als Verwaltung habe man den teilweise sehr heftigen, emotionalen Disput in den sozialen Netzwerken zwar „mitbetrachtet, sich aber nicht beteiligt.“
Fast 300 Bürger waren erschienen, um sich über den geplanten Kletterpark in Eschauel zu informieren. Zunächst kamen die von Investorin Yasmin Kalmuth-Büyükdere, Grüner Salamander GmbH, beauftragten Planer und Gutachter zu Wort. „Hören Sie genau zu, notieren Sie Ihre Fragen und untermauern Sie anschließend, warum Sie für oder gegen das Projekt sind“, animierte Schmunkamp und verwies auf die zahlreichen Zettel und Bleistifte, die griffbereit auf den Tischen lagen.
Anhand einer Powerpoint-Präsentation erläuterte Rochus Mey vom Planungsbüro Becker das Vorhaben. Dann referierte Jan Meuleman, ACCON Köln, über mögliche schalltechnische Lärmbelastung durch die beiden Kletterinstallationen und anschließend stellte Hartmut Fehr seine Gutachten zum Thema Artenschutzprüfung und Umweltbericht vor. Von allen drei Fachleuten gab es – zumindest auf dem Papier – grünes Licht. Das sorgte bei den anwesenden Bürgern allerdings für heftiges Kopfschütteln.
Als erster aus dem Publikum meldete sich Werner Löhrer, betroffener Anlieger und Vorsitzender zahlreicher Eifeler Vereine, zu Wort. An heißen Sommertagen, wenn unzählige Erholungssuchende den Rursee ansteuern, sei schon jetzt das „Chaos mehr als perfekt“. Wohin also mit den zusätzlichen Fahrzeugen der Kletterwaldbesucher? Hier brandete erster spontaner Zwischenapplaus auf. Zudem – so sein Argument – liege bereits in sechs Kilometer Luftlinie der nächste, nicht ausgelastete Kletterpark. Danach zitierte er aus dem Ideenprogramm der Grüne Salamander GmbH und fragte vorsorglich, wie es denn mit der geplanten Superseilbahn oder weiteren Outdoor-Events aussehe, falls der Flächennutzungsplan geändert werde. Er schloss mit dem eindringlichen Appell an Rat und Verwaltung: „Stoppen Sie dieses Projekt, denn die Schmidter wollen es nicht.“ Die Stimmung im Saal gab ihm Recht.
Während der dreistündigen Debatte sorgte die brisante Parkplatzsituation immer wieder für massiven Diskussionsstoff. Schon jetzt sei an „Chaos-Tagen“ die Hölle los und Magdalena Meller, Betreiberin des Eschaueler Beach Clubs am Sonnenstrand, führte an, dass allein im letzten Sommer die Zufahrt zum Eschauel an 24 Tagen gesperrt werden musste, weil kein Durchkommen mehr war. Auf einen weiteren Gefahrenpunkt machte Peter Wirtz aufmerksam: „Ich bestehe als Anlieger auf einem Brandschutzgutachten“, forderte er.
Günther Heck fragte ganz gezielt nach dem „Mehrwert für die Stadt“, sollte der Kletterwald errichtet werden: „Heißt mehr immer besser?“ Manchmal sei eben auch weniger mehr, wehrte er sich gegen den Eingriff in die Natur: „Das ist kein Qualitätssprung, sondern ein Qualitätsverlust.“
Schützenhilfe bekam die Investorin von einem befreundeten Kletterparkbetreiber aus Sachsen, der von seinen zehnjährigen Erfahrungen berichtete. Grundsätzlich sei solch ein Kletterparcours an 216 Tagen im Jahr geöffnet und werde pro Besucher zwei bis drei Stunden genutzt. Natürlich werde neben dem Outdoor-Erlebnis ein kleines „Grundsortiment“ zur Stärkung angeboten wie „Grillwurst, Wurstsemmeln und Getränke.“ Seine Ausführung, nach der abendlichen Schließung des Parks sei Ruhe, führte allerdings zu Unruhe im Saal. Eine der Besucherinnen konterte, sie wohne direkt neben einem solchen Kletterpark, da sei oft noch nach 22.00 Uhr so viel „Remmidemmi“, dass die Anlieger die Polizei rufen müssten. Kritisch hinterfragten die Bürger deshalb auch die nächtliche Absicherung der Kletterstationen. Nein, an eine Einfriedung sei nicht gedacht, nur die Aufstiege zu den Kletterplattformen, die 70 Elemente in luftiger Höhe miteinander verbinden, sollen nachts gesichert werden.
Für Zweifel bei den betroffenen Anwohnern sorgte auch das vorgestellte Lärmgutachten, das eine Unterschreitung der gesetzlichen Vorgaben bestätigte. Lediglich zu Spitzenzeiten an Sonn- und Feiertagen könne es zwischen 13.00 und 15.00 Uhr zu Lärmspitzen von bis zu 55 Dezibel kommen. Merkwürdig aber, dass im vorgestellten Gutachten nur von „Kommunikationsgesprächen“ auf dem Weg zu den Klettereinheiten die Rede war, von „Einparkgeräuschen“ und „Türenschlagen“ der Autos. Der Schmidter Christian Naas kritisierte deshalb die Aussagen des Schallgutachtens als „rein theoretische Werte“. Erst auf seine Nachfrage hin bestätigten die Experten, dass die „schallharte Wasserfläche“ des angrenzenden Rursees die Freizeit-Geräusche weitertragen werde.
Kritik am Umweltschutzgutachten meldeten auch die Fledermaus-Experten Dr. Henrike und Holger Körber an. Als NABU-Vertreter des Kreisverbands Düren hinterfragten sie gezielt die Beoachtungsart und -Dauer der Studie. Eine konkrete Antwort konnte das beauftragte Büro jedoch nicht geben.
Nach der sachlich geführten und vom Bürgermeister Marco Schmunkamp souverän moderierten Bürger-Debatte sorgte allerdings drei Tage später eine von der Nideggener Stadtverwaltung genehmigte Aktion für gehörigen Wirbel. In dem circa zwei Hektar großen Gelände des geplanten Kletterwaldes wurden bereits zahlreiche Bäume mit rotem Flatterband markiert. Im Gespräch mit EIFELON bestätigte Nideggens Bürgermeister Schmunkamp die Aktion. Die Vorhabenträgerin habe nachgefragt, ob ihr Team Betretungsrecht für das Waldstück bekomme, um erste Kletterrouten festzulegen. „Das ist keine Garantie zum Bauen“, betonte Schmunkamp. „Diese Begehung hat keinerlei Auswirkung auf den Ausgang des Verfahrens.“ Erst im März entscheide der Stadtrat, ob das Kletterwald-Vorhaben in die nächste Phase geht, oder verworfen wird.- 01.06.2018: Kletterwald Eschauel vor dem Aus?
- 16.03.2018: Stellungnahmen und Antrag der SPD zu Eschauel
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- 25.02.2017: Der Kletterwald Eschauel bleibt weiterhin heftig umstritten
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- 23.09.2016: Bürgerinfo zum geplanten Kletterwald in Eschauel
Bisher 1 Kommentar
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Und wieder einmal wird aufgezeigt, wozu „Naturschutz“ eigentlich dient.
Der Bürger wird durch das Einrichten der sogenannten Nationalparkflächen eingeschränkt und regelmentiert. Diese Areale stehen dann möglichen Investoren (Windkraftanlagen, Eventflächen, Wohnparks,…) anscheinend wiederum offen zur Verfügung.
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