Simmerath, Lammersdorf: Der Windradprojektierer Juwi beantragt Windenergieanlage (WEA) Nr. 32 und Nr. 33 im näheren Umfeld von Simmerath und Hürtgenwald. Mit jeweils 200 Meter Gesamthöhe sollen sie im Wald am nordöstlichen Ortsrand von Lammersdorf errichtet werden. Mit jeweils 5.6 MW und 150 Meter Raddurchmesser sind die annähernd leistungsstärksten Anlagen der Firma Vestas (V150-5.6MW) geplant.
Juwi beantragt ein Verfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung und Umweltverträglichkeitsprüfung. Damit sollen der bereits aus sieben Großanlagen bestehenden Windpark „Simmerather Wald“ um zwei weitere WEA im Westen erweitert werden.
Probleme sind bei der Schallentwicklung und beim Erdbebenschutz abzusehen. Sind doch die beiden Erdbebenmessstationen der Erdbebenwarte Bensberg in der Kalltal- und der Dreilägerbachtalsperre unmittelbar betroffen. In beiden Fällen würden die WEA in der vom Windenergieerlass NRW vorgeschriebenen Mindestabstandszone errichtet. Damit sind Störungen der Eifeler Erdbebenmessstationen und damit des NRW-Erdbebenwarnsystems zu erwarten.
Auch die gesamte Schallbelastung der betroffenen Anwohner in Lammersdorf überschreitet nachts und am Wochenende die gültigen Grenzwerte. Deshalb wäre der Betrieb der zwei zusätzlichen WEA dann nur im leistungsreduzierten Modus genehmigungsfähig. Laufen doch bereits heute acht kleine und sieben große WEA – mit entsprechender Schallentwicklung – im Nordosten von Lammersdorf.
In ihrem Anschreiben an die Genehmigungsbehörde der Städteregion Aachen (liegt der Redaktion vor), weist Juwi das Umweltamt darauf hin, dass der vorliegende Antrag vertraulich zu behandelnde Dokumente enthalte: Als Beispiele werden das Turbulenzgutachten in seiner Langfassung und ein „Schwarzstorch Schutzkonzept“ genannt. An den entsprechenden Stellen im Antrag befänden sich nur Kurzfassungen oder Hinweise mit kurzen Erläuterungen zu den jeweiligen Dokumenten. Der Behörde lägen die Dokumente zwecks Vorhabenbeurteilung jedoch vollständig vor, schreibt Juwi in seinem Antragsbrief vom 31. März 2020.
Moment mal: Da ist doch eine Umweltverträglichkeitsprüfung mit öffentlicher Beteiligung beantragt? Allerdings soll dann die Öffentlichkeit nicht alle Details zur Standsicherheit der Windräder und zum Schutzkonzept für die Schwarzstörche erfahren? Eine solche Einschränkung der Öffentlichkeit stellt das Verfahren in Frage und weckt zumindest Zweifel an der Korrektheit der Unterlagen. Solche „Anmerkungen“ sind in einem Verfahren mit öffentlicher Beteiligung ein no-go und tragen bestimmt nicht zur „Beruhigung“ von Bürgern, Statikern und Naturschutzverbänden bei. Anscheinend soll sich die Öffentlichkeit nur mit der Kurzfassung des Antrags auseinandersetzen. Genauere Überprüfung unerwünscht.
Gut versteckt und nicht auf den ersten Blick zu finden, gibt es auch bei der Genehmigungsbehörde, der Städteregion Aachen, eine elektronische Fassung der eingereichten Unterlagen: Hier für alle Bürger und Naturschutzverbände, die ein wenig genauer hinsehen wollen.
Für alle Eifel-Wanderer und städtischen Erholungssuchenden im Simmerather Wald, die der Anblick von weiteren WEA bei ihrem Sonntagsausflug stört, noch ein Satz zur Naturverträglichkeit der Baumaßnahme aus den Unterlagen:
Die Beeinträchtigung des Landschaftsbildes wird monetär ausgeglichen. Die Höhe der Ersatzgeldzahlung beträgt 111.043,85 € (gemäß § 15 Abs. 6 Satz 7 BNatSchG ist das Ersatzgeld zweckgebunden für Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu verwenden. Die Maßnahmen sollen möglichst in räumlicher Nähe zum Ort des Eingriffs umgesetzt werden)
Der Ausgleich im Zusammenhang mit der Waldumwandlung für die hier beantragten Windenergieanlagen soll über Ökokonto – Maßnahmen der Gemeinde Simmerath erfolgen.“
Text der Amtlichen Bekanntmachung Nr. 10/2020 als pdf zum Herunterladen :
https://bportal.staedteregion-aachen.de/ortsrecht/-/egov-srac-dokumentenablage/80744457
Kurzbeschreibung von Juwi:
http://wka-umweltamt.staedteregion-aachen.de/bimschg/WKA-juwi-2020-04/01%20Antrag/1.1%20Projektkurzbeschreibung.pdf
Die ausführlichen Genehmigungsunterlagen:
http://wka-umweltamt.staedteregion-aachen.de/bimschg/WKA-juwi-2020-04/
- 13.10.2017: Windenergieerlass in der Kritik: Teil II - Außer Spesen...?
- 22.04.2016: Verwaltungsstreit um das Erdbebenalarmsystem?
- 29.01.2016: StädteRegion riskiert Ausfall des Erdbebenwarnsystems
- 29.01.2016: ZwEifler: Ist Erdbebenvorsorge für die Eifel überflüssig?
- 13.11.2015: Windanlagen behindern Erdbebenalarmsystem
Zum ersten Genehmigungsantrag für sieben WEA von 2015:
Erörterungstermin Windpark Simmerath/Lammersdorfer Wald
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Warum werden die gesamten Genemigungsverfahren nicht eingestellt und jeder baut seine WKA wie er möchte. Das wäre wenigstens ehrlicher. Die Gesetze zum Schutze der Natur werden doch nur von reaktionären Naturschützern beachtet. Der Fortschritt heißt doch freie Bahn für die „Erneuerbaren“ und ihr Portemonnaie.
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