Umland: Der Ökonom Lüder Gerken fordert eine sofortige Abschaffung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, hier seine Begründung:
Wir deutsche Verbraucher zahlen die höchsten Strompreise Europas: im Schnitt 30 Cent pro Kilowattstunde. Das sind fast 50 Prozent mehr als im EU-Mittel und dreimal so viel wie in Bulgarien. Ein Vier-Personen-Haushalt zahlt bei 4000 Kilowattstunden also im Jahr 1200 Euro. Warum ist unser Strom so teuer?
Der Strom selbst kostet 7 Cent. Weitere 7 Cent bekommen die Stromnetzbetreiber für den Transport. 16 Cent – also über die Hälfte – gehen für staatlich verfügte Abgaben drauf: Erstens fällt Mehrwertsteuer an. OK. Zweitens gibt es eine Stromsteuer und drittens, weil die Stromleitungen unter der Straße liegen, eine Straßensteuer. Pikant ist, dass der Staat bei beiden Steuern doppelt kassiert: Er meint doch tatsächlich, dass sie den Wert des Stroms mehren, und erhebt auch auf sie Mehrwertsteuer. Der mit Abstand größte Brocken der 16 Cent ist viertens die EEG-Umlage. EEG steht für Erneuerbare-Energien-Gesetz. Es soll das Klima schützen und subventioniert Ökostrom aus Wind, Sonne, Kuhmist und anderem. Aber wie!
Marktpreise zeigen Knappheit an: Bei zu niedrigem Angebot steigt der Preis; bei zu hohem Angebot sinkt er. Ein steigender Preis vermittelt den Anreiz, mehr anzubieten; ein sinkender Preis bewirkt das Gegenteil. Dieses fundamentale Prinzip der Marktwirtschaft hat das EEG in bester planwirtschaftlicher Manier ausgehebelt: Es zwingt die Stromnetzbetreiber, erstens allen Ökostrom, der ihnen angedient wird, aufzukaufen und zweitens dafür staatlich festgelegte Fixpreise zu bezahlen. Sie müssen ihn dann zum gerade herrschenden Marktpreis weiterverkaufen. Das hat gravierende Folgen: Die Ökostrom-Erzeuger müssen ihr Angebot nicht am Preis ausrichten, sondern können auf Teufel komm heraus produzieren, was Wind und Sonne und Kuhmist hergeben. Denn sie werden alles zum Festpreis los. Das Marktrisiko ist Null.
Problem: Der Staat schreibt für die Festpreise, die die Netzbetreiber an die Ökostrom-Erzeuger zahlen müssen, eine Höhe vor, die deutlich über dem Marktpreis beim Weiterverkauf liegt. Die Netzbetreiber machen also zwingend Verluste. Um die auszugleichen, hat man sich die hübsche Idee der EEG-Umlage ausgedacht: Mit knapp 7 Cent pro Kilowattstunde werden die Stromverbraucher zur Kasse gebeten. Und ja, auch hier hält der Staat die Hand auf, kassiert Mehrwertsteuer auf die Umlage. Plus regulär 19 Prozent macht gut 8 Cent – über ein Viertel der 30 Cent.
Von 1200 Euro Stromkosten fließen also mehr als 300 Euro über die Netzbetreiber an die Investoren der Ökostromanlagen. Das sind meist wohlhabende Zeitgenossen. Die Umlage zahlt aber jeder. Eine nette Form der Umverteilung von Arm nach Reich. Die EEG-Umlage ist heute übrigens dreimal so hoch wie vor zehn Jahren.
Strom lässt sich technisch nicht in den nötigen Mengen speichern. Die Netzbetreiber müssen also den erhaltenen Ökostrom gleich weiterverkaufen. Wenn die Sonne kräftig scheint oder der Wind kräftig bläst, wird viel Ökostrom produziert. Je mehr Strom die Netzbetreiber abnehmen müssen, umso mehr müssen sie am Markt anbieten und umso niedriger ist dann der Marktpreis, den sie beim Weiterverkauf erzielen. Da sie den Strom aber zum staatlichen Festpreis kaufen mussten, ist ihr Verlust umso höher, je mehr Ökostrom produziert wird. Ein Preis von Null ist nicht selten: Der Strom wird verschenkt. Egal, der Verbraucher zahlt alles über die EEG-Umlage.
Immer wieder wird sogar so viel Ökostrom produziert, dass die Netzbetreiber ihn nicht einmal mehr verschenken können, weil niemand ihn will. Irgendwer muss ihn aber abnehmen; sonst brechen die Stromnetze unter der Überlast zusammen. Dann bieten die Netzbetreiber immer höhere Geldbeträge als Draufgabe, bis ihnen endlich doch jemand den Strom samt Geld abnimmt. Ostern zahlten sie 7,8 Cent pro Kilowattstunde, also fast 80 Euro für jedes Megawatt Strom, um den Ökostrom loszuwerden. Der Ökonom nennt das „perverse Effekte“. Der Verbraucher finanziert über die EEG-Umlage auch das, wenn nicht besondere Ausschlussbedingungen vorliegen.
Aber brauchen wir die Ökostromförderung des EEG nicht, um unser Klima zu retten? Die Stromerzeugung unterliegt auch dem europäischen Emissionsrechtehandel, EU-ETS. Der deckelt die CO2-Emissionen auf das politisch festgelegte Niveau – unausweichlich und zu geringstmöglichen Kosten. Das EEG wird dafür nicht gebraucht. Nicht einmal mit Klimaschutz lässt es sich rechtfertigen. Es gehört abgeschafft. Sofort. [Gastautor]
Erstveröffentlichung: Badische Zeitung am 18.07.2020
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