Eifel: Die Windradpolitik in NRW sollte sich massiv ändern, so steht es im NRW Koalitionsvertrag zwischen FDP und CDU. 1.500 Meter Abstand zur Wohnbebauung und der Schutz der Wälder vor weiterer Zerstörung waren angekündigt. „Den Windradausbau wieder in geordnete Bahnen lenken und die Anwohner, Natur und Landschaftsschutz zu stärken“, formuliert die FDP.
Der NRW Verband der Windkraftindustrie mit seinem Vorsitzenden Rainer Priggen, vorher Fraktionsvorsitzender der Grünen im NRW Landtag, protestierte heftig und sah Arbeitsplätze in Gefahr.
Einen ersten Entwurf zu Veränderungen am bisher gültigen Windenergieerlass 2015 hat die Landesregierung nun veröffentlicht. Zu den Änderungen können die Fachverbände bis zum 20. Oktober schriftlich Stellung nehmen.
Eine gute Gelegenheit für die unabhängige Naturschutzinitiative (NI) die darin getroffenen Aussagen auf ihre Qualität und Realisierbarkeit zu überprüfen.
Eine erste Analyse fällt dann auch eher verhalten aus. Zwar begrüßt die NI:
Die Absicht der nordrhein-westfälischen Landesregierung, Windräder grundsätzlich aus dem Wald zu verbannen und die Bewohner der ländlichen Regionen zukünftig besser vor dem Lärm und der großflächigen Landschaftszerstörung durch Windkraft zu schützen,
sieht aber im Anschluss die angedachten Maßnahmen als nicht zielführend im Sinne der Koalitions-Vereinbarung.
Die Einschränkung für die Errichtung weiterer Windanlagen „sofern wesentliche Funktionen des Waldes nicht erheblich beeinträchtigt werden“, wird dem Wald in seiner Bedeutung für die biologische Vielfalt und die Erholung für die Menschen nicht gerecht. Zusätzlich würde in dem Entwurf sogar die bisher geltende Verpflichtung, erst andere Standorte auszuschöpfen, bevor im Wald gebaut werden darf wegfallen. Dies sei vollkommen inakzeptabel.
Das Ökosystem Wald vertrage keine Windenergieanlage. Nur besonders „wertvolle“ Wälder auszunehmen, habe sehr negative „Nebenwirkungen“. Dies berge die Gefahr, dass auch weiterhin bereits im Vorfeld der Planung versucht werde, wertvolle Wälder zu entwerten, etwa indem man geschützte Arten durch Holzeinschlag, Horstbaumfällung oder andere massive Beeinträchtigungen – solcher essentieller Wildtier-Habitate, vertreibt. Es würde damit auch weiterhin nicht möglich sein, die geschützten Arten und wertvollen Biotope gegen ein übermächtiges „Gutachter- und Genehmigungswesen“ wirksam zu schützen.
Zum Artenschutz enthält der Entwurf des neuen Windenergieerlasses keine neuen Regelungen, so die Naturschutz-Initiative, sondern verweist auf den Leitfaden zur „Umsetzung des Arten- und Habitatschutzes bei der Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen in NRW“. Verwirrung herrsche bislang nicht nur bezüglich der herangezogenen Datenquelle für die Abstandsempfehlungen, da im Entwurf das „alte Helgoländer Papier“ genannt wird, aber lediglich das neue Helgoländer Papier zitiert werde. Der herangezogene Leitfaden sei jedoch von 2013, so dass sich dieser eigentlich gar nicht auf das neue Helgoländer Papier (aus dem Jahr 2015, die Red.) beziehen kann.
Der NI lägen Informationen zu einer korrigierten Version der Fortschreibung des Leitfadens vor, so dass davon ausgegangen werden muss, dass sich der in Kraft tretende Windenergieerlass dann auf eine andere Version des Leitfadens mit erheblichen Verschlechterungen beziehen würde. (Ein solcher neuer Leifaden wurde bisher nicht veröffentlicht, die Red.)
Oder versucht hier die alte Ministerialbürokratie den politischen Willen der Landesregierung zu torpedieren?
fragt die Naturschutz-Initiative.
Äußerst bedenklich ist es zudem, dass besonders geschützte Arten, die nach der Fertigstellung der Windanlagen in deren Umfeld festgestellt werden, als „nicht mehr geschützt“ deklariert werden sollen. Hier formuliere man (in NRW, die Red.) faktisch eine weitere Ausnahme vom Tötungsverbot des Bundes-Naturschutz-Gesetzes (BNatSchG § 44).
Diese Regelung ist mit europäischem Recht nicht vereinbar, denn der besondere Artenschutz für streng zu schützende Tierarten gilt immer und überall,
so die NI.
Auch beim Immissionsschutz für geplagte Windradanlieger enttäuscht der neue Entwurf:
Die im Koalitionsvertrag vereinbarte Abstandsregelung von 1.500 Metern zu Wohngebieten wird wieder nicht klar festgelegt, sondern lediglich ein Beispiel aufgezeigt, unter welchen Bedingungen es zu solch einem Abstand kommen könnte. Dies ist hinsichtlich des Lärmschutzes nicht nur für die betroffenen Bürger ungenügend. Wir fordern deshalb die Definition einer harten Tabuzone von mindestens 1.500 Metern unabhängig von Anlagentyp und Anzahl vom äußeren Rand eines Windenergiegebietes.
Was den Kommunen und Fachbehörden aber auch den Planern als Hilfestellung dienen und für mehr Rechtssicherheit sorgen soll, so die Initiative, ist aus Sicht der betroffenen Bürgerinnen und Bürgern, sowie des Naturschutzes keine Verbesserung. Der jetzt vorliegende Entwurf leiste keineswegs einen effektiven Beitrag dazu, die vielfältigen Konflikte durch den Ausbau der Windkraft nachhaltig zu entschärfen.
Gerade solch ein nachhaltiger und effektiver Beitrag wäre aber jetzt wichtig, da die Windenergie zunehmend zu einem Desaster für die Biologische Vielfalt wird und auch auf immer mehr Widerstand in der durch die Windstromindustrie beeinträchtigte Bevölkerung stößt.
Deshalb fordert die NI die Landesregierung in NRW auf und unterstützt diese dabei, ihre Wahlversprechen couragiert und konsequent einzuhalten und nicht vor der Windlobby einzubrechen.
Zudem erwarte die NI, dass die Landesregierung nach der Bundestagswahl eine Gesetzesinitiative mit dem Ziel starte, das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) sowie die Privilegierung der Windkraft nach dem Baugesetzbuch ersatzlos zu streichen.
Eifeler Naturschützer überreichen Armin Laschet eine Analyse des Winderlasses
Auch die Bürgerinitiativen (BI) beschäftigen sich mit den Änderungen zum Windenergieerlass. Hier ist die Resonanz ebenfalls nicht gerade positiv. Auf einer Wahlkampfveranstaltung am Mittwoch in Kall überreichte die BI „Ländchen gegen Dahlem VI“ Ministerpräsident Laschet eine erste Stellungnahme zu dem Änderungspapier.
In einem Vergleich werden die damaligen Aussagen zum weiteren Umgang mit der Windenergie einer Analyse der nun bekanntgegebenen Änderungen am Windenergieerlass gegenübergestellt.
Anbei ein analytischer Faktencheck des Inhalts, mit den Absichtserklärungen der NRW-Koalitionspartner:
Der Koalitionsvertrag FDP/CDU: „Wir gehen davon aus, dass bei Neuanlagen eine Abstandsregelung von 1500 m zu reinen und allgemeinen Wohngebieten rechtssicher umsetzbar ist. Wir wollen den rechtlichen Rahmen voll ausschöpfen.
Der Windenergieerlass wird im vorgenannten Sinne überarbeitet, um den angemessenen […] Anwohnerschutz sicherzustellen.“
Fazit der BI: Die Grenzwerte der veralteten TA Lärm bestimmen weiterhin und ausschließlich die Abstandsregelung sowohl zu reinen als auch zu allgemeinen Wohngebieten. Es gibt keinen 1500 m Tabubereich.
Der Koalitionsvertrag: „Die Verpflichtung im Landes-Entwicklungs-Plan (LEP) zur Ausweisung von Windvorrangzonen wird ebenso wie die Privilegierung der Windenergieerzeugung im Wald aufgehoben.“
Fazit der BI: Hier gibt es keinerlei Änderung zum alten Erlass in Richtung Aufhebung der Windenergieerzeugung im Wald.
Jedoch: Die Gemeinden müssen im Gegensatz zu vorher nicht mehr nachweisen, dass ein Vorhaben außerhalb des Waldes nicht realisierbar ist.
Weder die Verpflichtung zu Windvorrangzonen noch die Privilegierung der Winderzeugung im Wald wurden im neuen Entwurf aufgehoben.
Der Koalitionsvertrag: „Wir stärken die kommunale Entscheidungskompetenz“
Die BI: Das beschränkt sich auf: Mehr Windkraft, aber nicht weniger!
Die Kommunen können mehr Konzentrationszonen ausweisen.
Die Kommunen können nicht weniger ausweisen!
Der Koalitionsvertrag: Naturschutz stärken und Wahlversprechen einhalten!
Abstandsregelung 1.500 Meter und Helgoländer Papier müssen eingehalten werden!
Fazit der BI: In diesem Entwurf für den neuen Windenergieerlass werden:
– der Vertrauensschutz, der Eigentumsschutz der Investoren, der Bestandsschutz und das Repowering sichergestellt.
– der Anwohnerschutz, der Naturschutz und der Landschaftsschutz nicht sichergestellt.
Armin Laschet ging in seiner Rede vor Kaller Bürgern darauf ein, dass die Anwohner und die Natur vor überzogenem Windradausbau geschützt werden müssen.
Die Ausarbeitung zum Windenergieerlass der BI „Ländchen gegen Dahlem IV“
Der Koalitionsvertrag der NRW Landeregierung
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