Kreise, Städtereg. Aachen: Der Verein für Natur- und Landschaftsschutz Nordeifel e.V. (NLN) fordert von der höheren Naturschutzbehörde bei der Bezirksregierung in Köln die Überprüfung der vorliegenden Genehmigungsunterlagen für die Errichtung des Windpark Münsterwalds, sowie die Überwachung der weiteren Planungs- und Bauarbeiten.
Mitten im umgepflügten Münsterwald hatten Wanderer eine Geburtshelferkröte gefunden. Das Tier steht auf der Roten Liste und gehört nach dem Bundesnaturschutzgesetz und der FFH-Richtlinie zu den streng geschützten Arten. Von seinem Lebensraum haben die Harvester und Holzerntemaschinen nichts mehr übrig gelassen.
Der Verein wendet sich nun an die vorgesetzte Instanz der „Unteren Naturschutzbehörde“ in Aachen, da sich herausgestellt habe, dass die Verbotstatbestände des § 44 Abs.1 Nr. 2 und 3 Bundesnaturschutzgesetz nicht eingehalten werden und die vorliegenden Gutachten zum Artenschutz im Münsterwald zumindest unvollständig wenn nicht sogar fehlerhaft sind. Somit sei die „sofortige Vollziehung“ des Genehmigungsbescheides der Stadt Aachen vom 23. November 2016 und damit der vorgezogene Rodungs- und Baubeginn für die sieben Windanlagen im Münsterwald in Frage zu stellen, argumentiert der NLN.Das Bauprojekt im Münsterwald wird von den anerkannten Naturschutzverbänden aus Gründen des Natur- und Landschaftsschutzes vehement abgelehnt. Daher erhob die Landesgemeinschaft Naturschutz und Umwelt Nordrhein-Westfalen e.V. (LNU) am 30. Dezember 2015 gegen die Genehmigung Klage. Außerdem stellte die LNU am 22. Januar 2016 einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes, den das Verwaltungsgericht Aachen mit Beschluss vom 2. September 2016 abgelehnt hat. Dagegen legte die LNU am 21. Oktober 2016 beim Oberverwaltungsgericht NRW Beschwerde ein. Über diese Beschwerde ist bis heute noch nicht entschieden.
Die Firma juwi hatte über die Karnevalstage kurzfristig und überraschend mit den Rodungsarbeiten im Münsterwald begonnen und fast zehn Hektar Wald für die beabsichtigte Errichtung der sieben WEA gerodet und der Natur damit großen Schaden zugefügt, erläutert der NLN in seinem Schreiben an die Bezirksregierung.
Im Rahmen dieser Bauarbeiten zur Rodung der Windradstandorte, der Krantellflächen und der notwendigen Wegeverbreiterung für den Schwerlastverkehr wurden ausgewiesene Feuchtbiotope und Teiche beschädigt und verschmutzt. Angelegte Sperren, um die Eintrübung der Teiche zu verhindern, seien wirkungslos, kritisiert der NLN.
Bei einer Begehung der freigeräumten, ehemaligen Waldflächen am 2. April wurde die unter strengem Artenschutz stehende Geburtshelferkröte im Baugebiet gesichtet, fotografiert und dokumentiert. Der Fundort liegt im Münsterwald in unmittelbarer Nähe zu der geplanten WEA Nr. 3 in einer Teichanlage, die im Biotopkataster des Landes NRW ausgewiesen ist (BK 5303-78).
Durch die Rodungsarbeiten und Räumung des Baufeldes an der WEA 3 ist das Wasser in dem, unter Naturschutz stehenden Teich nun stark verschmutzt und eingetrübt.
Für die Baufeldfreimachung und Herstellung der Kran-Aufbaufläche wurden zusätzliche Entwässerungsgräben gezogen und in den Wegeseitengraben, der zum Biotop führt, eingeleitet. Dies führte dazu, dass die Geburtshelferkröte einen weiteren wichtigen Teil ihres Lebensraumes verliert.
Da der Tümpel-Komplex als Fortpflanzungsstätte dient, dürfte die Geburtshelferkröte außerhalb der Laichzeit ihren Lebensraum auch in unmittelbarer Umgebung und somit auf den bereits gerodeten Flächen haben. Weil die Bauarbeiten vor bzw. während der Amphibienwanderung erfolgten, ist davon auszugehen, dass die Tiere Schaden genommen haben und ihr Lebensraum großflächig zerstört wurde.
In dem, für die Änderung des Flächennutzungsplanes im Jahre 2011 angefertigten „Gutachten bezüglich Artenschutz für den geplanten Windpark Aachener Münsterwald“ wurde die Geburtshelferkröte nicht zur Kenntnis genommen.
Die Umweltverträglichkeitsstudie des verantwortlichen Gutachterbüros vom Oktober 2014 führt zur Geburtshelferkröte aus: „Vorkommen von Geburtshelferkröte und Kreuzkröte sind aufgrund fehlender Lebensräume nicht zu erwarten.“ Dementsprechend wird die Geburtshelferkröte auch in dem „Konzept Ökologische Baubegleitung“ nicht erwähnt.
„Die der Genehmigung zugrundeliegenden Angaben sind somit unzutreffend bzw. unvollständig“, resümiert der Verein für Natur- und Landschaftsschutz Nordeifel.
Der NLN hat die Befürchtung, dass die Stadtverwaltung Aachen in dieser Angelegenheit nicht unbefangen sei, zumal die Stadt über das städtische Versorgungsunternehmen an dem Windpark beteiligt ist und als Grundstückseigentümerin an der Verpachtung der Grundstücke verdient. Somit liege hier ein klassischer Interessenskonflikt vor, der die Unabhängigkeit der Aachener Naturschutzbehörde infrage stellt.
Deshalb ersucht der Verein die Bezirksregierung in Köln als vorgesetzte Naturschutzbehörde, „die aus Gründen des Naturschutzes notwendigen Maßnahmen gegenüber der Stadt Aachen anzuordnen und zu überwachen.“
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Die Geburtshelferkröte (Alytes obstetricans)
Die gelblich- bis bräunlichgraue Geburtshelferkröte ist eine relativ kleine Krötenart Westeuropas.
Merkmale
Die Geburtshelferkröte ist mit einer Größe von bis zu 5,5 Zentimetern eine relativ kleine Art. Die Oberseite ist gelblich- bis bräunlichgrau mit undeutlichen dunkleren Flecken. Die Pupille ist leicht schlitzförmig und verläuft senkrecht.
Verbreitung
Die Geburtshelferkröte ist eine Art mit eher westeuropäischer Verbreitung. Sie kommt in mehreren Unterarten von Spanien und Portugal über Frankreich bis nach Deutschland vor. Hier befindet sich das Vorkommen der Geburtshelferkröte an der nördlichen und östlichen Verbreitungsgrenze. Den Norden und äußersten Osten Deutschlands erreicht die Art nicht mehr.
Lebensraum
Die Lebensräume der Geburtshelferkröte sind meist wärmebegünstigt und weisen zahlreiche Verstecke (Steinhaufen, Erdlöcher) auf. Bei der Wahl der Fortpflanzungsgewässer ist die Art anspruchslos und nutzt eine breite Palette sonniger bis halbschattiger Gewässer unterschiedlichster Größe und Wasserführung. Typische Lebensräume befinden sich in Deutschland vor allem in Steinbrüchen und Tongruben, auf militärischen Übungsplätzen und im Siedlungsbereich (Gärten, Friedhöfe).
Fortpflanzung
Zwischen März und August erfolgt die Paarung der Geburtshelferkröte in Mitteleuropa. Die Besonderheit ist die Eigenart, dass die Männchen die Laichschnur bis zum Ende der Embryonalperiode um die Hinterbeine gewickelt mit sich herumtragen und später die Larven ins Gewässer absetzen.
Gefährdung
Die Zerstörung oder Beeinträchtigung von Kleingewässern durch Zuschüttung oder Eintrag von Müll, Dünger und Umweltgiften ist eine der häufigsten Gefährdungsursachen der Geburtshelferkröte. Insbesondere die Vorkommen tieferer Lagen sind in den letzten Jahrzehnten aus unerklärlichen Gründen zurückgegangen.
Schutzstatus
Europaweit geschützt nach der FFH-Richtlinie (Anhang IV) und „streng geschützt“ nach Bundesnaturschutzgesetz. Streng geschützte Arten dürfen nicht gefangen, verletzt oder getötet werden. Außerdem ist es verboten, sie durch Aufsuchen ihrer Lebensstätten zu beunruhigen
Aus: https://www.nabu.de/tiere-und-pflanzen/amphibien-und-reptilien/amphibien/artenportraets/10665.html
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