Eifel: Mehr als 30 Jahre war Dr. med. Stephan Kaula Anwalt seiner Patienten. Seit drei Jahren macht sich der pensionierte Hausarzt für windradkranke Menschen stark, für ihn eine diskriminierte Minderheit in Deutschland. Im EIFELON-Gespräch richtet er klare Worte an Politik und Medien.
EO: Sie sind pensionierter Hausarzt. Statt ihren Lebensabend an einem schönen friedlichen Ort auf dieser Welt zu genießen, reisen Sie seit Jahren durch die Bundesrepublik, besuchen windradkranke Menschen und dokumentieren ihre Schicksale mit Videos. Warum?
Kaula: Als geplant war, in der Nähe meines Wohnortes einen Windpark zu errichten, habe ich mich intensiv mit den möglichen Nebenwirkungen von Windrädern beschäftigt. Stichwort Infraschall, also nicht hörbare tiefstfrequente Schallwellen, die sich durch die Luft, sogar durch geschlossene Fenster und Dächer, oder über den Boden bis in die Wohnräume ausbreiten. Dabei können sie Menschen, Erwachsene wie Kinder, und Tiere auf verschiedene Weise schädigen. Ich bin dann zu einem Treffen der Schallopfer gegangen. Die Begegnung mit windradkranken Menschen und deren Berichte von betroffenen Tieren haben mir die Augen geöffnet.
EO: Inwieweit?
Kaula: Als Hausarzt kann ich medizinisch Relevantes aus Erzähltem raushören. Die Menschen dort waren authentisch, in dem was sie berichteten. Der Infraschall der Windräder hat sie körperlich krank gemacht. Viele sind existenziell bedroht. Unternehmer stehen vor dem wirtschaftlichen Aus, weil ihre Produktionshallen in unmittelbarer Nähe zu den Windrädern stehen. Dort können sie sich bei Starkwind nur kurz aufhalten, weil ihnen schlecht wird. Eine andere Familie, die in Windradnähe wohnt, wurde krank davon, ist aber den Windrädern auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Denn ihr Haus in der Nähe der Windräder ist inzwischen unverkäuflich geworden. Vom deutschen Staat werden sie dafür nicht entschädigt, wie es etwa in Dänemark üblich ist. Zuerst erkrankten die Eltern, sie entwickelten gravierende Schlafstörungen. Später auch die Kinder. Tagsüber in der Schule können sie sich nicht mehr konzentrieren. Ihre Schulnoten sackten ab.
EO: Wie genau kann Infraschall krankmachen?
Kaula: Auf zwei Weisen. Einerseits über die physikalische Komponente der Infraschallwellen. Stellen Sie sich eine Apfelsine vor, die Sie durchkneten. Die Schale bleibt ganz, das Fleisch im Inneren aber wird in Mitleidenschaft gezogen. So ähnlich kann Infraschall auf den Körper einwirken. Forscher konnten zum Beispiel sowohl am Menschen als auch in Tierversuchen bleibende Schäden im Ohr, am Herzen und an der Lunge nachweisen.
EO: Und die andere Komponente?
Kaula: Andererseits nimmt unser Unterbewusstsein den Infraschall als eine Bedrohung wahr. Eine Untersuchung an der Berliner Charité weist nach, dass Infraschall den Bereich des Gehirns aktiviert, der bei einem Alarmsignal anspringt, also bei Angst und Stress. Außerdem wird das Zentrum aktiviert, das für unseren Biorhythmus zuständig ist. Das alles bewirkt, dass Betroffene nachts nicht richtig schlafen, eine Depression, Angststörungen und andere Folgeerkrankungen entwickeln können.
EO: Welche weiteren Symptome können Betroffene entwickeln?
Kaula: Weitere häufige Symptome sind Schwindel, Ohrgeräusche und Schmerzen vielfältiger Art. Inzwischen haben verschiedene Ärzten und Gutachter von Infraschallmessungen circa 1.200 Fälle dokumentiert, bei denen die krankmachende Wirkung vom Infraschall der Windräder ausgeht.
EO: Die Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg schreibt in ihrem Bericht „Tieffrequente Geräusche inkl. Infraschall von Windkraftanlagen und anderen Quellen“ über Ergebnisse des Messprojekts 2013-2015: „Infraschall wird von einer großen Zahl unterschiedlicher natürlicher und technischer Quellen hervorgerufen. Er ist alltäglicher und überall anzutreffender Bestandteil unserer Umwelt. Windkraftanlagen leisten hierzu keinen wesentlichen Beitrag. Die von ihnen erzeugten Infraschallpegel liegen deutlich unterhalb der Wahrnehmungsgrenzen des Menschen. Es gibt keine wissenschaftlich abgesicherten Belege für nachteilige Wirkungen in diesem Pegelbereich. Auch für den Frequenzbereich des Hörschalls zeigen die Messergebnisse keine akustischen Auffälligkeiten. Windkraftanlagen können daher wie andere Anlagen nach den Vorgaben der TA Lärm beurteilt werden.“ Wie können Sie dennoch sicher sein, dass die Windräder die von Ihnen beschriebenen Probleme verursachen?
Kaula: Die Landesanstalt bezieht sich auf sogenannte gemittelte Werte. Das bedeutet, die Intensität wird über Minuten ausgemittelt. Das ist zu vergleichen mit einem unscharfen Foto, auf dem man nichts erkennt außer hell und dunkel. Es gibt spezielle Mikrobarometer, die die Pegelspitzen scharf und deutlich abbilden, aber von den Behörden einfach nicht benutzt werden. Und wenn es um die Wahrnehmungskomponente geht, dann sind die Umgebungsgeräusche ebenfalls nicht ausschlaggebend. Das ist so, wie wenn Sie in einem Lokal voller lauter Stimmen und Tellergeklapper sitzen und jemand leise Ihren Namen ruft. Den hören Sie heraus, weil er eine Bedeutung für Sie hat. Genauso transportiert das Infraschallsignal die Bedeutung einer Bedrohung. Solange man diese wahrnimmt, erkennen und reagieren das Gehirn und das Unterbewusstsein darauf. Und das menschliche unbewusste Wahrnehmungsvermögen überbietet in vielen Fällen die Empfindlichkeit technischer Messgeräte. Kritiker werfen Betroffenen oft vor, sie würden sich in etwas reinsteigern, weil sie gegen Windräder seien. Das ist fatal und perfide. Hier werden die Rollen vertauscht, aus dem Opfer der Täter gemacht. Mein Metier ist es ja gerade, zu unterscheiden, wie stark die psychische Komponente und wie stark die körperliche vertreten ist. In fast allen Fällen steht bei Windradkranken die körperliche im Vordergrund. Viele Erkrankte sind sehr selbstkritisch, hinterfragen, ob wirklich die Windräder Ursache sind und fanden selbst heraus, dass wenn sie verreisen oder eine längere Windflaute besteht, die Probleme verschwinden. Kommen sie wieder zurück und die Windräder drehen sich stark, treten die Probleme wieder auf. Diese Reproduzierbarkeit ist der stärkste Hinweis auf den Zusammenhang der Beschwerden mit den Windrädern. Und diese Reproduzierbarkeit haben wir in so vielen Fällen gefunden, dass dies auch mathematisch erfasst kein Zufall sein kann. So haben wir anhand von Falldokumentationen nachgewiesen, dass Anwohner durch den Betrieb von Windrädern krank werden.
EO: Können Sie weitere Beispiele nennen?
Kaula: Nehmen Sie eine Familie mit betroffenen Kindern: Bei ihnen war der Tiefschlaf gestört, die schulischen Leistungen sackten massiv ab. Die Lehrer wollten die Kinder schon auf eine Sonderschule schicken. Sie sind von den Windrädern weggezogen, sind aufgeblüht und besuchen jetzt wieder erfolgreich eine Realschule. Ein viel reisender Musiker beispielsweise kann fast überall schlafen, sogar neben stark befahrenen Straßen. Sobald er in der Nähe von Windrädern schlafen möchte, hat er Schlafstörungen. Ich kenne Menschen, die wegen ihres Berufes nicht wegziehen können. Die schlafen nachts nicht mehr daheim. Die fahren mehrere Kilometer weit weg zum Schlafen und nehmen die Kosten etwa für ein Hotelzimmer auf sich. Niemand sucht sich so ein Schicksal freiwillig aus.
EO: Trotzdem ist nicht jeder Anwohner eines Windparks windradkrank.
Kaula: Richtig. Das ist davon abhängig, wie stark der Schall ist, das heißt, wie hoch der Schalldruckpegel im Infraschallbereich ist. Sind Menschen dauerhaft hohen Druckpegeln ausgesetzt, wird jeder von ihnen krank. Sind die Schalldruckpegel niedrig, ist das nicht so. Wichtig sind Dosis und Dauer des einwirkenden Infraschalls. Fachleute diskutieren zudem eine genetische Veranlagung. Das ist aber noch unklar. Es scheint auch so zu sein, dass sich der menschliche Organismus darauf sensibilisieren kann, ähnlich einer Allergie und bei dem nächsten Kontakt mit den Schallwellen leichter mit Symptomen reagiert.
EO: Um die Dimension des Problems einzuordnen, können Sie ein Beispiel aus der Medizin geben?
Kaula: Hätte ein Medikament derart starke Nebenwirkungen wie die Windräder mit ihrem Infraschall, würde ein medialer und politischer Aufschrei durch unser Land gehen. Das Medikament wäre längst vom deutschen Markt gefegt. Bei der Windenergie ist es leider so, dass die Aufsichtsbehörde quasi die Bundesregierung ist. Das ist so, als wäre die Arzneimittelbehörde im Haus des Pharmaherstellers angesiedelt. Negative wissenschaftliche Erkenntnisse über das Medikament würden unterdrückt und nicht weiter verfolgt werden.
EO: Sie sprechen von einer diskriminierten Minderheit in Deutschland.
Kaula: Ja. Ein Schutzbedarf einer Minderheit besteht laut Völkerrecht, wenn die Mehrheit diese Minderheit dominiert, sie schlechter oder als minderwertig behandelt und ihr weniger Einfluss gewährt als dem Rest der Bevölkerung. Das sehe ich bei den Opfern der Energiewende klar gegeben.
EO: Worin sehen Sie Zeichen der Diskriminierung?
Kaula: Die erste Stufe ist die Ignoranz. Die Devise von Regierung, Behörden und den Mainstream- Medienanstalten lautet: Es existiert kein Problem. Unabhängige Studien zu den Nebenwirkungen der Windkraft werden vom Umweltbundesamt konsequent nicht ausgewählt oder zitiert. Auf Briefe von uns Ärzten (Offener Brief), Professoren, Ingenieuren, Bürgerinitiativen, Anwohnern an Behörden, Politiker, die Regierung gibt es meist keine Antwort. Medienvertreter sind oft nur schwer davon zu überzeugen, über das Unrecht, das in unserem Land tausendfach passiert, überhaupt ein Wort zu berichten. Oft werden dann auch noch Fakten verdreht.
EO: Worin besteht Ihrer Ansicht nach die zweite Stufe der Diskriminierung?
Kaula: Die Minderheit wird offen herabgewürdigt, ihre sachlichen Anliegen weiterhin möglichst ignoriert. Hilft das nicht, werden die inhaltlichen Anliegen verdreht und pauschalisiert, um sie lächerlich zu machen. Die Diskriminierung der Minderheit dient dazu, weiter auf sie herabsehen zu können und ihr nicht auf Augenhöhe begegnen und sich mit den Inhalten auseinandersetzen zu müssen. Dass es sich aber um ein ernst zu nehmendes Anliegen handelt, kann man etwa am hohen Anteil von Medizinern in den entsprechenden Bürgerinitiativen ablesen, die sich offen kritisch mit den Folgen der Windenergienutzung auseinandersetzen.
EO: Kommen wir zur dritten und letzten Stufe der Diskriminierung.
Kaula: Diese Stufe ist von immer offeneren Angriffen gekennzeichnet: Subtil werden Opfer- und Täterrolle vertauscht. Den Opfern, die in erster Linie nur auf das zugefügte Unrecht aufmerksam machen wollen, werden aggressive Absichten unterstellt. Sie werden zu Unruhestiftern und Windradgegnern abgestempelt, zu Aggressoren erklärt, gegen die man sich wehren und die man bekämpfen muss.
EO: Können Sie Beispiele nennen?
Kaula: Sofern Windindustrieanlagen auf Gemeindegrund geplant sind und damit Pachteinnahmen fließen würden, wird der Vorwurf erhoben, man stelle egoistische Interessen vor das Interesse der Gemeinde und verhindere wichtige Investitionen. So bekommen windradkranke Menschen unmissverständliche Signale, dass man ein Ärgernis sei, jemand, der sich nicht einordnen will und den gesellschaftlichen Frieden und Konsens gefährdet. Einschüchternde anonyme Anrufe und persönliche verbale Angriffe kommen genauso vor wie die Androhungen juristischer Konsequenzen. Auf fachliche Einwände wird Windenergiekritikern, wenn überhaupt, mit pauschaler Empörung geantwortet, man wäre ein Klimaleugner, jemand der den technischen Fortschritt und damit den Industriestandort Deutschland und seine angebliche Führungsrolle im Klimaschutz gefährde.
EO: Was ist Ihre Forderung an die Politik, insbesondere an die Bundesregierung?
Kaula: Vor zehn Jahren waren die wissenschaftlichen Daten noch vage. Inzwischen ist für mich aber eindeutig bewiesen, dass Windrad-Infraschall krank macht. Wir sprechen hier über teils schwere Erkrankungen. Es ist fahrlässig, wenn die Regierung das Problem weiterhin ignoriert. Schlimmer noch, nach dem Willen der Bundesregierung sollen immer mehr Windräder hinzukommen, und die SPD hat sogar durchgesetzt, die jetzigen Abstandsregeln zur Wohnbebauung aufzuweichen. Die Regierung muss ihrer Verantwortung gegenüber den Menschen in Deutschland nachkommen. Entsprechend dem Vorsorgeprinzip sollte sie den weiteren Ausbau der Windanlagen stoppen und die bestehenden Windräder so lange stillsetzen, bis wissenschaftlich eindeutig und von unabhängigen Forschern bewiesen ist, dass von Windrädern keine Gesundheitsgefahren für Mensch und Tier ausgehen. Stattdessen berufen sich die Behörden beim Windradausbau auf die veraltete TA-Lärm, die Infraschall nicht berücksichtigt, und sagen den Bürgern, von den Windrädern gehe sicher keine Gefahr aus. Ich kenne keinen Arzt, der sich mit dem Thema näher befasst hat, der das unterschreiben würde. Eine breite Studie, mittels eines bundesweit verteilten Gesundheitsfragebogens an Anwohner von Windradanlagen/parks, wäre der erste richtige Schritt, die krankmachende Wirkung von Windrädern epidemiologisch zu untersuchen. Wir sind immerhin weltweit das Land mit den meisten Windrädern an Land pro Fläche. Und es sollen noch viel mehr werden. Es kann nicht sein, dass betroffene Bürger nachweisen müssen, dass Windräder sie krank machen. Das ist absurd. Es ist die Aufgabe der Regierung, eindeutig zu klären, ob ein Gesundheitsrisiko besteht. Nach Auskunft des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages immerhin sei weder die krankmachende Wirkung noch das Gegenteil bewiesen.
EO: Kinder reisen um die Welt und fordern Klimagerechtigkeit für alle. Sie werden von Politikern und Medien als die Weltenretter hofiert. Hier direkt vor Ort in unserem eigenen Land erkranken Kinder und Erwachsene von den angeblich das Klima rettenden Windrädern und die Presse schweigt. Die Regierung lässt die Windräder weiter ausbauen, verringert die Abstände zur Wohnbebauung. Nach all ihren Erlebnissen mit den Betroffenen, was löst dieser Gegensatz in ihnen aus?
Kaula: Verzweiflung darüber, wie wir ignoriert werden. Ohnmächtig gegenüber der Gewalt von oben, eine Politik, die einfach stur ihre Linie durchzieht, als würden es keine Bedenken geben. Ich hätte nie gedacht, dass ich mich von einem inzwischen Gegner dieser Windenergieausbaupolitik sogar zu einem Freiheitskämpfer entwickle, der die Grundzüge unserer freiheitlichen Demokratie verteidigen muss.
EO: Dr. Kaula, vielen Dank für das Gespräch.
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