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Die Grauammer brütet da, wo Enercon seine Windräder aufgestellt hat. Welche Chancen hat der kleine Vogel gegen die großen Räder? [Foto: Rob Zweers "Grauwe Gors - Emberiza calandra" (CC BY 2.0)]

Die Grauammer vor Gericht

Umland: Der – trotz einer gerichtlich verfügten Stilllegung – errichtete Windpark bei Swisttal-Odendorf beschäftigt weiter die Gerichte. Am 19. Mai hat das Verwaltungsgericht in Köln die Klage der Gemeinde Swisttal gegen die Genehmigung der Bezirksregierung Köln zum Bau von Windkraftanlagen im Bereich von Swisttal-Odendorf abgewiesen.

Nachdem im Baugebiet mehrere Brutvorkommen der vom Aussterben bedrohten Grauammer festgestellt worden waren, war die Gemeinde gegen die erteilte Baugenehmigung der Bezirksregierung vor Gericht gegangen. Die Firma Enercon hatte im Spätherbst – trotz des schwebenden Verfahrens und auf eigenes Risiko – mit den Bauarbeiten begonnen und war auch erst mit einer Verfügung des Oberverwaltungsgerichtes Münster (OVG) im Januar gestoppt worden. Bis zum durchgesetzten Bauabbruch hatte Enercon bereits drei der vier geplanten Windanlagen errichtet und damit Fakten geschaffen. Das gegen diese Baumaßnahme von Swisttal angerufene Oberverwaltungsgericht teilte die Ansicht der Gemeinde und beanstandete eine fehlerhafte Umwelt-Verträglichkeits-Vorprüfung (UVVP). Die Bezirksregierung als Genehmigungsbehörde war der Ansicht gewesen, es lägen keine Erkenntnisse über schützenswerte Arten am Bauplatz der WEA vor. Das sah das OVG anders: Die Richter nannten als Begründung ein Urteil des europäischen Gerichtshofes, nach dem – bei neuen Erkenntnissen – auch eine juristische Überprüfung im Vorfeld getroffener Verwaltungsentscheidungen möglich bleiben muss. Das war nach deutschem Recht bisher ausgeschlossen. Mit diesem OVG Urteil im Eilverfahren war die Baumaßnahme einstweilen zu stoppen, der Sachverhalt musste durch das Verwaltungsgericht in Köln (VG) neu beurteilt werden.

EIFELON berichtete:

Grauammer gegen Windanlagen – EuGH Urteil zu Umweltschutzverfahren zeigt Wirkung
Enercon schafft Tatsachen – auch gegen einen Beschluss des Oberverwaltungsgerichts?

Der Beschluss des OVG Münster vom Dezember und die negative Beurteilung der deutschen Rechtspraxis durch den europäischen Gerichtshof zeigten am letzten Donnerstag am Verwaltungsgericht in Köln wenig Wirkung.

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Anfang des Jahres errichtete Enercon den Windpark auf dem umstrittenen Brutgelände der Grauammer bei Swisttal-Odendorf [Foto: cpm]

Die Kammer wies die Klage der Gemeinde Swisttal mit der Begründung ab, dass die Gemeinde nicht klagebefugt sei, „da sie nicht in eigenen Rechten verletzt sei.“ Ein Klagerecht sei nur für anerkannte Umweltverbände eröffnet worden, zu denen die Gemeinde Swisttal nicht zähle. Zudem sei auch die von der Genehmigungsbehörde durchgeführte Umweltverträglichkeitsvorprüfung nicht zu beanstanden. Mit dieser Rechtsauffassung weicht das Verwaltungsgericht Köln in einem entscheidungsrelevanten Punkt von der Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts Münster ab.

Danach besteht ein Klagerecht bereits bei fehlerhafter Umwelt-Verträglichkeits-Vorprüfung (UVVP) Die vorliegende UVVP – von der Bezirksregierung durchgeführt – war nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts fehlerhaft, weil diese die unzutreffende Aussage enthielt, schützenwerte Artvorkommen (die unter Artenschutz stehende Grauammer, die Red.) lägen am Standort des geplanten Windparks nicht vor, sodass eine UVVP für das Vorhaben nicht erforderlich sei.

Die Kölner Kammer ist jetzt der Ansicht, dass „auch die Rüge einer möglicherweise fehlerhaften Entscheidung über die Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung keine Klagebefugnis eröffne. Ein Klagerecht unabhängig von einer im deutschen Verwaltungsprozessrecht üblicherweise notwendigen individuellen Betroffenheit sei nur für anerkannte Umweltverbände eröffnet worden, zu denen die klagende Gemeinde offensichtlich nicht zählt,“ (Az: 13K412/14) interpretiert man in Köln den Spruch des europäischen Gerichtshofs.

Diese Ansicht teilt man bei der Gemeinde in Swisttal nicht. „Allein die fehlerhafte Umwelt-Verträglichkeits-Vorprüfung führt zu einer absoluten Verletzung des Verfahrensrechts der betroffenen Öffentlichkeit, zu welcher auch die Gemeinde zählt. Haben doch jüngste Untersuchungen erneut verschiedene Brutvorkommen der Grauammer innerhalb eines 500 Meter-Radius zu der Baustelle bestätigt,“ heißt es in einer Pressemitteilung der Kommune zu dem Urteil.

Das Verwaltungsgericht hat die Berufung gegen das Urteil zugelassen. Ob also die Grauammer und ihre Brutplätze von Swisttal vor dem OVG in Münster ein zweites Mal verteidigt werden sollen, will der Gemeinderat nach der schriftlichen Urteilsbegründung und Beratung mit der beauftragten Fachanwaltskanzlei entscheiden. Geht es doch neben dem Schutz der Brutplätze der Grauammer auch um die Frage, ob die Hoheit über die kommunalen Flächennutzungspläne noch in der Entscheidungsbefugnis der Gemeinde liegt, oder ob sich die Kölner Bezirksregierung mit fragwürdigen Rechtsauffassungen darüber hinwegsetzen kann.

27.5.2016NaturUmland0 Kommentare cpm

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