Blankenheim: Das neue Jahr beginnt für die Bewohner der drei Blankenheimer Dörfer Rohr, Reetz und Mühlheim mit einer unangenehmen Überraschung. Wie aus nicht offiziellen Quellen mitgeteilt, wurde der geplante, aber heftig umstrittene KEVER-Windpark (ENE/e-regio) bereits kurz vor Weihnachten, am 19. Dezember 2019, von der Euskirchener Kreisverwaltung genehmigt. Den Genehmigungsbescheid für die vier 230 Meter hohen Windräder (WEA) gibt es bisher allerdings weder auf der Web-Seite des Kreises Euskirchen, noch wurde er der Öffentlichkeit oder den Einwändern gegen dieses Vorhaben bekannt gegeben. Allerdings ist der Projektierer KEVER bereits im Besitz der Genehmigung.
Auf Nachfrage erklärte man EIFELON im Kreishaus, dass die 14-tägige Offenlage erst von 5. Februar bis 19. Februar geplant sei. Erst danach würde die vierwöchige Klagefrist beginnen. Damit besteht in den sechs Wochen vor der Offenlage und allgemeinen Bekanntmachung für den Projektierer bereits jetzt die Möglichkeit, etwaige natur- oder umweltrechtliche „Hindernisse“ diskret mit Kettensäge und Pflug zu beseitigen.
So weist auch Projektierer KEVER in einer Aussendung (liegt der Red. vor) an die betroffenen WEA-Grundstückseigner darauf hin, dass es in den kommenden Wochen vor allem um die Vermessung der Standorte und um die „Baufeldfreimachung“ ginge. Diese müsse noch vor dem 1. März erfolgen, um zu verhindern, „dass sich im Baustellenbereich neue Brutvögel ansiedeln.“ (Ab 1. März tritt das Frühjahresverbot Hecken und Bäume zu fällen in Kraft. die Red.)
Auch werden die Grundstücksbesitzer bzw. Landwirte im Bereich der geplanten Windenergieanlagen herzlich eingeladen die KEVER – gegen eine Aufwandsentschädigung, versteht sich – zu unterstützen. „Hierzu müssen die Flächen der Standorte und Zuwegungen wenigstens gepflügt werden, sofern nicht direkt mit den Erdarbeiten begonnen werden kann.“
Der geplante Windparkstandort ist bekannt für sein Feldlerchenvorkommen. Hier brüten Jahr für Jahr über 70 Brutpaare der selten gewordenen Spezies. Die Lerche ist ein Bodenbrüter. Somit geht es offenbar darum, im Windradumfeld das mögliche Brutrevier der Vögel zu zerstören. In diesem Jahr sollen die Lerchen – geht es nach dem Willen der KEVER – kein Brutrevier mehr vorfinden.
Das Projektgebiet der vier Windanlagen „Rohr-Reetz“ befindet sich in der „Rohrer Kalkmulde“ innerhalb einer wichtigen Pufferzonen zu den umliegenden Naturschutzgebieten.
Die Rohrer Kalkmulde besitzt eine außerordentliche Artenvielfalt an Vögeln, Insekten, Schmetterlingen und Fledermäusen. Auch der Luchs und die Wildkatze sind hier beheimatet. Mit mehr als 75 Brutpaaren findet sich hier der höchste Feldlerchenbestand in Nordrhein-Westfalen. Auch die Rotmilane verzeichnen im Projektgebiet ein Schwerpunktvorkommen. Vier bekannte Brutreviere liegen im Umkreis von 1.000 Metern um die Standorte der geplanten Windanlagen. Weitere gefährdete Arten sind Uhu, Schwarzstorch und Wespenbussard, deren Flugrouten durch die Windrad-Projektfläche führen.
Die Baumaßnahmen für die Windanlagen und der Betrieb werden das Tötungs- und Störungsrisiko für die Feldlerchen und die Rotmilane signifikant erhöhen und das Populationsvorkommen beider Arten in der Rohrer Kalkmulde erheblich schädigen“,
ist man bei den Naturschutzverbänden wenig begeistert von der seltsamen Genehmigungspraxis der Kreisverwaltung. Die Auswirkungen der Windanlagen auf die artenreiche Tier- und Pflanzenwelt und auch auf die mikroklimatische Verhältnisse sei bisher nicht hinreichend erforscht, um negative Auswirkungen sicher ausschließen zu können.
Es entsteht der negative Eindruck, als habe der Kreis Euskirchen bewusst eine sechswöchige Frist zwischen der Erteilung der Genehmigung an den Bauwerber und der öffentlichen Bekanntmachung der Baugenehmigung gelegt, um dem Projektierer die Möglichkeit einzuräumen, im Baubereich mit Hecken, Bäumen und Wiesen „aufzuräumen“.
Solange der Genehmigungsbescheid der Öffentlichkeit nicht bekannt ist, kann man auch nicht dagegen vorgehen und Gerichte über die Rechtmäßigkeit der Genehmigung entscheiden lassen.
Das erinnert fatal an das Vorgehen des Kreises Euskirchen bei der umstrittenen Baugenehmigung zu Dahlem IV, als der Kreis überstürzt, Ende 2016, genehmigte, um den Projektierer einen finanziellen Vorteil zu verschaffen. Das führte dann zu den neuen „Wahrzeichen“, den Windradstümpfen von Dahlem IV, nachdem die Baugenehmigung vom Gericht kassiert wurde.
In der Bürgerinitiative Mühlheim-Reetz ist man empört über die Verfahrenspraxis des Kreises:
Wir finden es unmöglich, dass vom Kreis Euskirchen der Projektierer sechs Wochen früher über die erteilte Genehmigung informiert wird, als die Öffentlichkeit und die Gegner des Projekts. Das ist eine riesen Sauerei und verstößt gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und das Fürsorgegebot der Behörde.“
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