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Die Demonstranten flüchteten vor dem strömenden Regen unter das Gebäude der Kreisverwaltung. [Foto: privat]

Erörterungstermin zu ENE-Windrädern in Blankenheim

Kreise, Kreis Euskirchen: Vor dem Euskirchener Kreishaus demonstrierten bei strömenden Regen die Bürger aus den drei Blankenheimer Gemeinden – Rohr, Reetz und Mülheim. Sie waren nach Euskirchen gekommen, um ihre Ablehnung des geplanten ENE-Windparks auf einem Gelände zwischen den drei Dörfern zum Ausdruck zu bringen. Ab 10.00 Uhr tagten die Beamten der Kreisverwaltung, der Gemeinde Blankenheim und Vertreter des Projektierers Kever, um sich in einer öffentlichen Anhörung die Einwendungen der Bürger gegen die Planung von vier 230-Meter-Windanlagen anzuhören.

Eine solche Anhörung verlangt das Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG), wenn „die Errichtung und der Betrieb von Anlagen, die auf Grund ihrer Beschaffenheit oder ihres Betriebs in besonderem Maße geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen hervorzurufen oder in anderer Weise die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft zu gefährden, erheblich zu benachteiligen oder erheblich zu belästigen“, geplant ist.

Das bisherige Verfahren:

Bereits im April 2017 hatte sich die Gemeinde Blankenheim und die von der Energie Nordeifel beauftragte Kever mit dem Gedanken befasst, in der Konzentrationszone zwischen den drei Gemeinden fünf Windanlagen zu installieren. Seit damals gibt es Widerstand aus den Ortschaften und rund um den Freilinger See. Fürchten die Touristiker doch um ihre Investitionen in das Freizeitparadies rund um das Gewässer. Auch mehrere Veranstaltungen eines Bürgerdialogs in den einzelnen Dörfern und eine Veranstaltung im Mai 2017 mit Beteiligung der Kever in der örtlichen Gesamtschule konnten die Bedenken nicht zerstreuen.

Als die Kever dann im August 2017 einen Antrag nach dem Bundes-Immissionsschutz-Gesetz (BImSchG) auf Errichtung der fünf Räder stellte, gingen über 1.000 Einwendungen gegen das Projekt bei der Kreisverwaltung ein. Den Bürgern wurde mitgeteilt, alle ihre Einwendungen würden geprüft, und gegen Ende November sei mit einem Anhörungstermin zu rechnen… Dazu kam es allerdings nie, die 1.000 Einwendungen und der Anhörungstermin verschwanden still und leise von der Tagesordnung. Die Gemeinde Blankenheim beschloss, ihr Einvernehmen, dh. ihre Zustimmung, zu der Planung vorerst zu verweigern. Bestehe doch auch ein rechtsgültiger Bebauungsplan, der eine Höhenbegrenzung von 75 Metern ausweise. In der Folge fasste der Gemeinderat den Beschluss, beim Kreis einen Antrag auf Zurückstellung der Windenergieplanung zu beantragen, um erst einmal einen neuen Bebauungsplan zu erstellen. Ein solcher Antrag bedeutet, dass sämtliche Bauvorhaben für diesen Zeitraum gestoppt werden.

Ein paar Monate später, im Frühjahr 2018, war dann wieder alles anders. Nun sollte, auf Wunsch der Kever, die Zurückstellung der Windenergieplanung wieder aufgehoben werden, damit der Projektierer eine neue Planung beim Kreis einreichen könne. Die Zurückstellung wurde in der Folge aufgehoben und die Firma Kever entwickelte eine neue Planung mit vier statt fünf 230-Meter-Windrädern auf der Windkonzentrationszone Rohr/Reetz. Zusätzlich erfolgte eine weitere Planung der Kever für ein Rad mit gleicher Höhe in Blankenheimerdorf.

Im Januar 2019 erfolgte die Offenlage des neuen Bauantrags beim Kreis Euskirchen. Hierzu war die Öffentlichkeit wieder um Stellungnahme gefragt. Diese öffentliche Beteiligung, zum Windpark Rohr/Reetz, zu der nun erneut über 500 Einwendungen der Bürger erfolgten, fand am vergangenen Dienstag, dem 21. Mai 2019, statt. Gleichzeitig arbeitet die Gemeinde Blankenheim an einem neuen Flächennutzungsplan (FNP), um den alten FNP mit der Höhenbegrenzung zu ersetzen.

Der Kreis vermittelte den zahlreich erschienenen Einwendern am Dienstag von Anfang an den Eindruck, nicht gerade willkommen zu sein. Während die vorne in einem U sitzenden Vertreter des Kreises, der Kommune Blankenheim und die Vertreter des Projektierers Kever mit Kaffee und Plätzchen versorgt waren, mussten sich die Vertreter der Bürger erst einmal einen Tisch organisieren, um Laptop und Unterlagen ablegen zu können. Kaffee und Plätzchen waren ebenfalls Mangelware.

Bei einem Anhörungstermin soll sich die entscheidende Behörde ein Bild von den unterschiedlichen Interessen der Beteiligten machen, um anschließend die gegensätzlichen Argumente zu beurteilen und eine ausgewogene Entscheidung auf gesetzlicher Grundlage zu treffen. Um es vorweg zu nehmen: Diesem Anspruch konnte die Veranstaltung nicht gerecht werden. Eher konnte man den Eindruck gewinnen, hier wäre „wir gegen die“ angesagt. Dazu gehörte auch, dass der Kreis und die Kever sich die Hoheit über den Beamer einträchtig teilten, um sowohl die vom Kreis in Sachgruppen zusammengefassten Einsprüchen, als auch die Ausführungen der Kever nacheinander an die Leinwand zu werfen. Eine solche Möglichkeit war für die Einwender nicht vorgesehen.

Ebenfalls interessant zu beobachten, dass Frank Fritze, der Leiter der Abteilung Planung und Umwelt im Kreis Euskirchen, in seiner Einführung darauf hinwies, dass es hier nur um sachliche Ausführungen zu dem geplanten ENE-Projekt gehen könne und Äußerungen zur Energiepolitik nicht Bestandteil der Anhörung sein sollten.

Worauf dann Matthias Mark, der Projektleiter des Projektierers, unmittelbar anschließend in seiner halbstündigen Ausführung – unterstützt vom kreiseigenen Projektor – die Notwendigkeit der Energiewende mittels Windrädern beschwor und die geplante Landschaftszerstörung in Blankenheim damit rechtfertigte, dass Deutschland die Windenergie brauche und das anderenfalls die Klimaziele nicht erreicht würden. Vor allem die Städte seine auf die Energie aus den ländlichen Regionen angewiesen. Als weiteres Hilfsargument wurden dann die zukünftigen Elektroautos bemüht und ihre Fähigkeit, als Energiespeicher herzuhalten, beschworen.

Diese Argumentation führte zu Kopfschütteln der anwesenden betroffenen Bürgern, weitere Windräder seien sinnlos, wenn der Strom nicht gespeichert werden könne und bei dem heute bereits immer öfter vorhandenen Überangebot an das Ausland verschenkt werden müsse.

Auch der Versuch von Matthias Mark, mit Statistik die Einwenderzahlen kleinzurechnen, kam nicht gut an. Nach Analysen der Kever hätten lediglich vier Prozent der Blankenheimer Einwohner Einwendungen gegen die Windanlagen erhoben.

Etwas anders sehen die Zahlen aus, wenn man sich die Einwendungen der Einwohner des Ortsteils Mülheim (445 Einwohner) ansieht. Hier gab es – laut Kever – 176 Einwendungen. Das wären dann circa 40 Prozent der Bewohner, die sich durch die benachbarten Windanlagen gestört fühlen würden. Auch in Reetz waren über 20 Prozent der Einwohner gegen den Windpark. Was auch nicht weiter erwähnt wurde, war die Tatsache, dass bereits im ersten, dann abgebrochenen Verfahren 2017, über 1.000 Einwendungen gegen den Windpark eingebracht worden waren und somit viele Bürger der Ansicht waren, sich bereits einmal zu dem Projekt geäußert zu haben. Nur hatte das in dem neuen Verfahren keine Gültigkeit mehr.

Auch dem Einwand, es hätte zu der jetzt geplanten Variante keine Information der Bürger gegeben, wurde vom Blankenheimer Bauamt bestritten. Es hätte sehr wohl eine große Veranstaltung zur Information der Bürger gegeben. Was die Bauamtsleiterin Maria Nelles allerdings nicht dazu sagte, ist die Tatsache, dass die Informationsveranstaltung zu dem 2017 abgebrochenen, ursprünglichen, Verfahren stattgefunden hat. Diese Bürgerinfo hatte dann mehr als 1.000 Widersprüche zur Folge gehabt, die aber nun nicht mehr berücksichtigt werden. Zu dem nun aktuellen neuen Verfahren hat es keine Bürgerinformation gegeben. Im Gegenteil: Durch das Hin und Her im Gemeinderat mit dem Antrag auf Zurückstellung des Bauantrags und seiner kurzfristig späteren Wiederaufhebung (siehe Infobox), um das weitere Kever-Planungsverfahren nicht zu behindern, hatte zum Schluss kaum noch ein Blankenheimer die Übersicht über den aktuellen Verfahrensstand.

Auch zu den angeblich durch die Kever an die örtlichen Vereine erfolgten Geldspenden war der Projektierer nicht bereit, Stellung zu beziehen. „Kein Kommentar“, hieß es knapp.

Das Thema Infraschall wurde ebenfalls durch die Bürger angesprochen. Dazu gäbe es im BImSch-Verfahren keine Handlungsanweisung kam vom Kreis zurück. Immerhin erfuhren die Bürger durch den Vertreter des Gesundheitsamtes, dass angeblich nun mögliche Infraschallbelastungen bis zu 700 Meter um die Windräder zugegeben werden. Das könnte noch interessant werden, beträgt hier der beantragte Mindestabstand der Räder zu Wohnungen in Außenlagen nur 600 Meter.

Auch die Höhenbegrenzung des gültigen FNP von 75 Metern wurde angesprochen. Wieso könne dann eine Planung mit der dreifachen Höhe erfolgen? Hier wurde das Eis für den Kreis wieder ganz dünn, war doch in der Vergangenheit eine Baugenehmigung für ein 120-Meter-Windrad vom Kreis – entgegen den Vorgaben des FNP – erteilt worden. Die juristischen Vertreter des Kreises und der Kever argumentierten, dass das Gericht in dem damals anhängigen Verfahren darauf hingewiesen hätte, dass eine Höhenbegrenzung von 75 Metern nicht mehr zeitgemäß sei und zu einem Vergleich zwischen beklagtem Kreis und Projektierer geraten hätte. Das interpretierten beide Anwälte als Risiko bei einer möglichen neuerlichen Klage, nun ein entsprechendes Urteil zu erhalten.

Der Vergleich zwischen den Parteien erfolgte nach der Klage eines Bauwilligen vor dem OVG. Das OVG hatte in diesem Verfahren kein Urteil gefällt und den Parteien geraten, sich zu vergleichen. Hätte doch ein Urteil in die Bauhoheit der Gemeinde eingegriffen und damit die Kompetenz des Gerichtes überschritten, wäre eine andere mögliche Interpretation dieses Vergleichsvorschlags des Gerichtes.

Nach einer Mittagspause waren die Artenschutzbelange in der hochsensiblen Region Thema der weiteren Einwendungen. Der NABU Euskirchen und die NaturschutzInitiative hatten in einer, über 60 Seiten umfassenden Stellungnahme die Schwächen der durch die Kever vorgelegten Gutachten herausgearbeitet. Die im geplanten Revier liegenden Schwarzstorch- und Rotmilanbrutplätze waren naturgemäß wichtige Punkte der Einwendungen.

Auch die Feldlerche ist gefährdet. [Foto: NABU]

Eine besonders betroffene Art bei der Errichtung der Windenergieanlagen in der betroffenen „Rohrer Kalkmulde“ ist die Feldlerche. Dazu der NABU:

In der „Rohrer Kalkmulde“ herrscht eine Feldlerchen-Revierdichte, die in dieser Größenordnung im Kreis Euskirchen sonst nicht bekannt ist. Dies weist auf eine verträgliche landwirtschaftliche Nutzung in der „Rohrer Kalkmulde“ hin, in der die bodenbrütende Feldlerche noch genügend Möglichkeiten findet, ihren Brutplatz zu errichten. Es handelt sich um ein sogenanntes „Optimal-Habitat“.

Mindestens 74 Feldlerchenpaare würden von dem Bau der Windenergieanlagen betroffen sein. Diese Feldlerchen werden durch die Errichtung der Windenergieanlagen ihren Lebensraum verlieren.

Die Funktionalität der Fortpflanzungs- und Ruhestätten soll jedoch durch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen (CEF-Maßnahmen) auf anderen landwirtschaftlichen Nutzflächen (Extensivierungen, Feldlerchen-gerechte Bewirtschaftung) im Sinne von § 44 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG im räumlichen Zusammenhang weiterhin gewahrt werden“, so heißt es im Landschaftspflegerischer Begleitplan auf S. 46 des Genehmigungsantrages.

Ein „Optimal-Habitat“, welches eine so hohe Feldlerchen-Revierdichte beherbergt, ist nicht durch eine „Feldlerchen-gerechte Bewirtschaftung“ an andere Stelle ersetzbar. In einem „optimal Habitat“ ist nicht nur die Vegetation von Bedeutung, sondern auch das vorherschende Mikroklima und die geomophologischen Begebenheiten der Landschaft. Diese beiden Faktoren sind nicht an andere Stelle ersetzbar.

Aus diesen Gründen ist dem Schutz der Feldlerche in der „Rohrer Kalkmulde“ aufgrund ihrer starken Gefährdung ein besonderes öffentliches Interesse einzuräumen, welches Vorrang vor dem Bau der Windkraftanlagen haben muss.

Damit wird sich nun die Untere Naturschutzbehörde weiter befassen müssen.

Insgesamt verblieb das Gefühl bei den Bürgern, dass der Kreis die gesetzlich vorgeschriebene Anhörung als eine lästige Pflichtveranstaltung empfindet. Es bestätige, wie ein Anlieger in der Mittagspause ausführte, die totale Missachtung der ländlichen Regionen und ihrer Bewohner durch den kreisbeteiligten Energieversorger – unterstützt von der Kreisverwaltung. Gerade für Regionen wie Blankenheim, die verstärkt vom Tourismus leben würden, wären Windräder in Erholungsräumen ein wirtschaftliches Todesurteil. „Kein Mensch verbringt seinen Urlaub freiwillig unter ständigen Windradgeräuschen.“

24.5.2019PolitikKreise, Kreis Euskirchen0 Kommentare cpm

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