Eifel: Seitdem bekannt ist, dass die Erkelenzer „Wind Repowering GmbH & Co. KG“ plant, acht der „kleinen“ Windräder in Vlatten abzureißen und durch fünf, 200 Meter hohe Windrad-Giganten zu ersetzen, brodelt es gewaltig in der Region. Nicht nur Vlattener laufen Sturm gegen diese Landschaftszerstörung des historischen Dorfes und massive Beeinträchtigung ihrer Lebensqualität; auch die Nachbardörfer rebellieren. „Die Vlattener haben die Windradriesen im Rücken, wir direkt vor der Nase“, argumentieren beispielsweise die Bürger von Mechernich-Berg. Um den Protest zu bündeln, wurden bereits diverse Informationsveranstaltungen organisiert und nun – gemeinsam mit versierten Juristen – Widersprüche der Bürger ausgearbeitet. Die Fristen laufen: Ablehnungsschreiben müssen bis zum 15. Juni im Dürener oder Euskirchener Kreishaus eingegangen sein.
Für diese Widerspruchs-Aktion öffnete die Vlattener Traditionsgaststätte „Mac“ erstmals für vier Stunden wieder ihre Türen. Hein Hoffsimmer hatte seinen ehemaligen Gastraum eigens mit Internetzugang ausgestattet, um die Einwendungen digital bearbeiten zu können. Beeindruckt von dem gebündelten Bürgerengagement ließ Ulla von Gagern den Sonntagvormittag für EIFELON Revue passieren: „Viele kamen und nannten uns ihre ganz persönlichen Bedenken: Schattenwurf beim Frühstück, Einschlaflieder durch Rotorenklänge, Disco-Beleuchtung durch die Befeuerung und Angst vor den 200-Meter-Riesen. Sie sagten mir auch, dass sie hier mit ihren Kindern sehr gerne leben, weil sie die Vielfalt der Natur lieben. Sie schrieben ihre Einwendungen, weil sie diesen Schatz gefährdet sehen. Mich macht dieser geballte Widerspruch stolz.“
Auch Sabine Metzger fand eindeutige Worte: „Das war eine super Aktion, die sehr gut angenommen wurde. Einige Bürger der Nachbargemeinden Bürvenich, Berg und Wollersheim haben das Angebot ebenfalls genutzt.“ Mit wenigen Worten fasste sie die gelungene Aktion zusammen: „Nette Gespräche über ernsthafte Themen.“
Sabine Hochsattler-Frohn, die – wie Kevin Küpper – Einwendungen der Bürger im Akkord in ihren Computer tippte, zeigte sich ebenfalls beeindruckt: „Ich finde das klasse, dass auch so viele Betroffene aus anderen Ortschaften, über die Grenzen von Vlatten hinaus, dabei waren.“ Ein großes Lob der Akteure ging auch an Dirk Nießen, der die ehemalige Kneipe kurzerhand digital vernetzt und in ein Hightech-Büro verwandelt hatte, während Claudia Hinterwälder aus dem Vlattener Burgpark als ebenfalls Betroffene erste Informationen an die zahlreichen Beschwerdeführer gab.
Doro Wirtz aus dem Nachbarort Berg brachte es auf den Punkt: „Das war perfekt vorbereitet.“ An den Wänden der ehemaligen Gaststätte hingen – auf langen Papierfahnen ausgedruckt – hieb- und stichfeste Argumente, die dem geplanten Repowering entgegenstehen. Aus der Vielfalt der Argumente suchten sich die Bürger all jene Punkte heraus, die sie persönlich beim Neubau der fünf Windrad-Riesen am meisten beeinträchtigen würden und formulierten aus diesen Bausteinen ihren ganz individuellen Widerspruch.
Für gute und entspannte Stimmung sorgte nicht zuletzt Alice Kowalla, die sich um ein köstliches Catering gekümmert hatte: Strahlend schenkte sie Kaffee aus und bot frische Teilchen an. Darunter auch selbstgebackene Blätterteig-Windräder, die mit einem herzhaften Biss vertilgt wurden.
Rechtsanwalt Justus Peters, der vor seiner Pensionierung 30 Jahre lang als Justitiar des Kreises Düren arbeitete, und der Vlattener Ex-Richter Dr. Harro Höger, seit vielen Jahren ehrenamtlicher Ombudsmann des Kreises, führten an den alten Kneipentischen profunde Rechtsberatung durch und bestärkten die Bürger in ihrem Protest gegen das Repowering-Projekt. „Vor 20 Jahren wäre das nicht möglich gewesen. Das war beeindruckend“, staunte Peters über das Engagement der Betroffenen. „Der Bürger hält nicht mehr die Klappe“, formulierte er salopp, „sondern bezieht deutlich Stellung.“
In der Tat: Kaum waren die persönlichen Briefe in die Tastatur getippt und ausgedruckt, konnten die Beschwerdeführer ihre individuellen Einwendungen unterschreiben, in bereitliegende Briefumschläge eintüten und mit der passenden Briefmarke frankieren. Für diesen kostenlosen Service hatte Hubert Hoffsimmer gesorgt. Der Weg zum nächsten Briefkasten war ebenfalls nicht weit – schließlich steht der gelbe Kasten genau gegenüber der Kneipe…
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