Eifel: Die Volksseelen nicht nur in Vlatten und Berg kochen. Grund ist das geplante Repowering der Windenergieanlage zwischen den beiden Orten. Die Bürger haben vor allem die Gutachten für das geplante Projekt ins Visier genommen. Darin gibt es für die Anrainer zu viele Ungereimtheiten.
Wenn man genau hinschaut, haben sie mit ihren Zweifeln absolut recht. Beim „Heimbacher Stadtgespräch“ wurde das sehr deutlich. Die Stadt Heimbach und ihr Bürgermeister Peter Cremer hatte zum Bürgerdialog in die Vlattener Jugendhalle zu einer Informationsveranstaltung und einer Frage- und Antwort-Runde zum Thema: „Repowering der Windenergieanlage in Vlatten“ eingeladen. Deshalb strömten die Bürger in einer großen Menge in den Begegnungsort. Es gab keinen freien Sitzplatz mehr.
Zunächst begann die Infoveranstaltung sehr ruhig. Bürgermeister Peter Cremer eröffnete die Veranstaltung und Dr. Christian Hermanns (Mediziner und Journalist) übernahm die Veranstaltung als Moderator. Hermanns erklärte kurz die Regeln des Abends und übergab dann an den Projektleiter Michael Wessel.
Wessel erklärte das beantragte Repowering des Vlattener Windparks. Die im Augenblick bestehenden acht kleinen Windräder sollen zurückgebaut werden und an ihrer Stelle fünf 200 Meter hohe, mit einer Rotorgröße von fast 150 Metern Durchmesser und mit einer Leistung von 4.500 kW errichtet werden. Anschließend erhielt Sachverständiger Volker Gemmel von der Firma IEL aus Aurich das Wort. Der Spezialist für Immissionsprognosen erklärte kurz sein Gutachten, was die neuen Anlagen für Auswirkungen auf Menschen und Gesundheit, kulturelles Erbe und Sachgüter, Wasser, Boden, Landschaft, Klima und Luft, Tiere, Pflanzen und auf die biologische Vielfalt habe.
Da die Windräder des Modells Nortex N149 bisher in Deutschland noch nicht errichtet wurden, gestaltet sich so ein Schall-Gutachten eher schwierig. So ist die Begutachtung über die zu erwartende Lautstärke nicht durch Messergebnisse gestützt und arbeitet nur mit den theoretischen Angaben des Herstellers.
Auch die beiden, vor kurzem erst gegründeten Bürgerinitiativen aus Heimbach-Vlatten (Kreis Düren) und Mechernich-Berg (Kreis Euskirchen) bekamen Zeit, ihre Bedenken und Einwendungen gegen das Vorhaben darzustellen. Für die BI „Vlatten läuft Sturm“ ging Fabian Pranter auf seine glückliche Kindheit in der heilen Welt des Dorfes ein und bezweifelte, dass die Dorfidylle durch weitgehende Beschallung und Beschattung in Zukunft noch gewährleistet sei, sollten die 200-Meter-Anlagen hoch über dem Dorf aufragen:
Ich bin – wie so viele von uns – heute Abend hier, weil ich helfen will, unser Dorf, unser Zuhause gegen die Projektierer und ihre größenwahnsinnigen Projekte zu verteidigen!
Für die BI „Berg läuft Sturm“ ging Sprecherin Dorothea Wirtz in den Ring. Sie zitierte die Seite 14 aus dem Bericht zur Umweltverträglichkeit:
Die angrenzenden Ortslagen liegen jedoch überwiegend topographisch deutlich tiefer als der bestehende Windpark und werden durch lineare Gehölzreihen entlang der Ortsränder und Bachtäler auch im Winter relativ gut visuell abgeschirmt, so dass vom Ortsrand nur in den seltenen Fällen frei Sicht auf den Windpark beseht.
Diese Aussage des Berichts widerlegte Wirtz mit einer Fotostrecke aus Mechernich-Berg sehr deutlich.
Für beide Bürgerinitiativen ging auch Rechtsanwalt Justus Peters, der früher als Kreisrechtsdirektor für den Kreis Düren gearbeitet hat, ans Mikrofon. Peters gibt den BI’s juristischen Beistand. Auch er zweifelte die Glaubwürdigkeit des Gutachtes über die geplanten Anlagen an: „Gutachten kann man so und so auslegen.“
Dabei ging er besonders darauf ein, dass das Schall-Gutachten auf einem gedrosselten Betriebsmodus fünf, mit nur 4.000 kW, basiert und die Windräder damit nicht mit ihrer vollen Leistung und ihrer größten möglichen Lärmentwicklung berechnet wurden. Der Bauantrag beim Kreis allerdings wurde über die volle mögliche Leitung von 4.500 kW gestellt. Von einem dauerhaft reduzierten Betrieb ist darin nichts zu lesen. Damit würden sich bei Volllastbetrieb die Emissionswerte gegenüber dem Gutachten deutlich erhöhen.
Das sind alles theoretische Zahlen. Was genau sein wird, wenn die großen Räder aufgebaut werden, ist ungewiss. Das ist genauso, als wenn ich mir ein Auto kaufe und mir nicht sicher bin, ob es fährt.
In der folgenden Diskussionsrunde wurde es dann deutlich hitziger. Bei Fragen um den
Flächennutzungsplan, die Gefahr für wild lebende Tiere – wie Vögel (Rotmilan) oder Fledermäuse – , die Gefahr körperlicher Schädigung durch von Windrädern verursachten Infraschall, oder die Veränderung der Kulturlandschaft durch die größeren Windräder, gab es von den Projektierern immer nur sehr vage Antworten.
Am Ende des offiziellen Teils brachte es ein Besucher auf den Punkt:
Wie die Emissionswerte, der Schlagschatten oder sonstige Veränderung in der Natur uns nach dem Bau belasten werden, können wir nicht wissen. Daher komme ich mir vor, als wären wir alle Versuchskaninchen der Windradbetreiber.“
Michael Bank von der BI „Berg läuft Sturm“ gab bekannt, dass es am 9. Mai, ab 18.00 Uhr, vor der Sitzung des Stadtentwicklungsausschuss im Heimbach Rathaus, Seerandweg 3, eine Demo der Bürgerinitiativen geben wird.
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Bisher 2 Kommentare
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„….. Daher komme ich mir vor, als wären wir alle Versuchskaninchen der Windradbetreiber.“
Ist ja nicht das erstemal das der Bürger als Versuchskaninchen gebraucht wird.
„Wir beschließen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, was passiert. Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter – Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt.
Jean Claude Junker – EU Ratspraesident
Vielleicht sollte man mal nachforschen, von wem die Repowering GmbH Co KG die bestehenden Windräder gekauft hat und wer sich hinter der GmbH&Co KG verbirgt.
Immerhin wurde diese Gesellschaft erst im Jahre 2018 gegründet.
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