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Das artenreiche Vlattener Hügelland soll durch 200-Meter Windanlagen verunstaltet werden. [Foto: cpm]

Repowering Vlatten: NABU sieht erhebliche Mängel bei der Artenschutzprüfung

Heimbach, Vlatten: Der Naturschutzbund (NABU) hat sich mit dem durch die Projektierer des Repowering Vlatten vorgelegten Artenschutzgutachten auseinandergesetzt. In Vlatten sollen acht kleine Räder abgerissen und durch neue 200-Meter-Räder ersetzt werden.

In einem Anschreiben an den Heimbacher Bürgermeister Peter Cremer – das EIFELON vorliegt – ersuchte der NABU um eine zeitnahe Weitergabe der Stellungnahme – vor der entscheidenden Sitzung am vergangenen Donnerstag – an die Ausschussmitglieder des Stadtentwicklungsausschusses.  (In dieser Sitzung sollte der Ausschuss darüber befinden, ob er dem Rat empfielt, dem Neubau von fünf 200-Meter-Windanlagen zuzustimmen oder den Neubau ablehnt, EIFELON berichtete)
Leider wurden die Ausführungen des NABU den Räten nicht mehr vor der Sitzung zur Kenntnis gebracht. Dies wäre wichtig gewesen, da das von den Projektierern vorgelegte Gutachten einige gravierende Mängel bei der Artenschutzprüfung aufweist.

Die Artenschutzprüfung (ASP) soll gewährleisten, dass die gesetzlichen Grundlagen des Bundesnaturschutzgesetzes eingehalten werden. So soll sichergestellt werden, dass wild lebende, geschützte Arten wie Rotmilan, Uhu und Feldlerche nicht durch den Betrieb der Windanlagen verletzt, getötet, in ihren Lebensumständen gestört oder behindert werden.

Diese Artenschutzprüfung ist in mehrere Teile gegliedert: Zuerst wird abgefragt, ob es im geplanten Baugebiet geschützte Tiere oder Pflanzen gibt, die durch die Baumaßnahme in ihrer Existenz bedroht werden könnten (ASP I).
In der nächsten Stufe (ASP II) geht es darum, vor Ort vertiefend herauszufinden, ob die in der ersten Stufe ermittelten Tiere im Plangebiet tatsächlich vorkommen und ob durch die Baumaßnahme ein erhöhtes Risiko besteht, dass die Tiere durch die Windradpläne in ihrer Existenz oder ihrem Erhaltungszustand gefährdet werden.

Dazu müssen die Gutachter zu verschiedenen Jahreszeiten, tagsüber und nachts vor Ort, eine Auflistung der gefundenen und beobachteten Tierarten erstellen und in einem Prüfprotokoll festhalten. Erst wenn sichergestellt ist, dass eine Gefährdung ausgeschlossen ist, kann eine Baugenehmigung erteilt werden.

In der Kurzfassung seiner Beurteilung an die Ratsmitglieder verweist der NABU auf massive Verfahrensfehler bei der vorgelegten zweiteiligen Artenschutzprüfung: Die Prüfungen wurden etwa in ihrer zeitlichen Abfolge vertauscht, durchgeführt. So wurden die Untersuchungen zur ASP II – die sogenannte „vertiefende Prüfung“ – zuerst vorgenommen, erst danach nahmen die Gutachter die ASP I – die sogenannte „Vorprüfung“ vor. Damit ist das gutachterliche Ergebnis, dass eine Unbedenklichkeit der Baumaßnahme beschreibt, in Frage zu stellen.

Die Artenschutzprüfung (ASP I) liefert erst die zwingende Voraussetzung für die vertiefende Artenschutzprüfung II. Die Erkenntnisse aus der ersten Untersuchung bilden die Grundlage für die folgende Prüfung II, ob bestimmte vor Ort vorkommende Vogel und Fledermausarten durch den Betrieb der riesigen Räder gefährdet wären.

Mit der Umkehr der Reihenfolge durch den Gutachter wurde das Beurteilungsverfahren, das prüfen soll welche Tiere von den Windanlagen bedroht werden, auf den Kopf gestellt.

Hier wäre auch die Frage zu klären, wieso dieser schwere Mangel in dem Gutachten den Experten in der Unteren Naturschutzbehörde des Kreises Düren nicht aufgefallen ist. Dazu der NABU:

Die Durchführung der Artenschutzprüfung I (ASP I) im Oktober 2018 fand zeitlich nach Durchführung der weiterführenden avifaunistischen Erfassungen der ASP II im Frühjahr 2018 statt. Die ASP II stellt jedoch auf die Vorgaben der ASP I ab. Die in der ASP I ermittelten planungsrelevanten Arten sind in der ASP II vertiefend zu betrachten. Die Erfassungszeiten sind hierbei an die jeweilige Art entsprechend des o.g. Leitfadens des Arten- und Habitatschutzes bei der Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen in NRW (2017) anzupassen.

Ohne die Kenntnis der vorkommenden Arten aus der ASP I würde in der ASP II „ins Blaue hinein“ erfasst werden. Dies beruht auf den unterschiedlichen Aktivitätszeiten der Arten, so fliegt die Feldlerche z.B. überwiegend in den Vormittagsstunden, während der Rotmilan ganztägige Flugzeiten aufweist und die eulenartigen Arten eher nachtaktiv sind. Die Aktivitätszeiten der verschiedenen Arten sind in der ASP II nur unvollständig abgedeckt worden.

Die Ergebnisse aus der ASP I und II sind fehlerhaft und somit sind die Schlussfolgerungen, dass sich das Vorhaben nicht negativ auf die vorkommenden Arten auswirken wird, nicht nachvollziehbar und erschöpfen sich in einem rein spekulativen Charakter.“

Auch an der zu geringen Entfernung der Windanlagen zueinander übt der NABU Kritik. Bedingt durch den zu geringen Seitenabstand der 150 Meter großen Rotoren entstünden Luftwirbel, die für Vögel und Fledermäuse zur tödlichen Gefahr würden. Durch die Luftturbulenzen der riesigen Rotoren mit einem Umfang von über 17.000 Quadratmetern sei ein Durchflug zwischen den Flügeln für Vögel und Fledermäuse nicht mehr gefahrlos möglich. Der Abstand sei zu gering und liege unter dem mindest geforderten vierfachen Rotordurchmesser.

Neben den fachlichen Mängeln im Rahmen der Erfassung der vorkommenden Arten und der Prüfung, ob ein Verbotstatbestand nach §44 BNatG eintreten könnte, fehlt die Betrachtung der Turbulenzgefahrenzone der Rotoren gänzlich.

Die von den um ein vielfaches größeren Rotoren der neuen Anlagen ausgehenden Turbulenzen, werden für die vorkommenden Vogel- und Fledermausarten zur tödlichen Falle.

Die fünf geplanten WEA bilden durch die erzeugten Turbulenzen infolge ihrer erheblicher Rotorflächen (Rotorfläche 17460 m² pro Anlage) im Falle der Errichtung eine undurchdringbare Barriere für Vögel und Fledermäuse im Vlattener Hügelland. Die Rotorfläche vergrößert sich pro Anlage um das 4,47 fache. Dadurch entsteht in der Gesamtbetrachtung trotz der geringeren Anzahl der Anlagen, eine Rotorfläche für das Gesamtprojekt, die um das 2,8 fache größer ist, als die Rotorfläche der bestehenden acht Anlagen. Die Rotorflächen und die daraus resultierenden Turbulenzen im Luftraum (Turbulenzgefahrenzone) beeinflussen auf einer Fläche des 4fachen Rotordurchmessers von 596 m und in Hauptwindrichtung des 8fachen Rotordurchmessers von 1092 m den Luftraum. Die Abstandsflächen der WEA zueinander betragen in allen Fällen weniger als 480 m. Weder für Fledermäuse noch für die Vogelarten ist ein Durchflug zwischen den Anlagen bei drehenden Rotoren gefahrlos möglich. Die Abstandsflächen zwischen den einzelnen Anlagen sind in allen Fällen geringer als der 4fache Rotordurchmesser bzw. die Turbulenzgefahrenzone.

Der Aspekt der Turbulenzgefahrenzone und die daraus resultierenden Gefahren für die 54 planungsrelevanten Vogelarten und 15 Fledermausarten fand in der abschließenden Bewertung keine Beachtung.

Abschließend wird darauf verwiesen, dass im Rahmen der ASP I und II keine Angaben zur lokalen Population der betroffenen Arten vorgelegt wurden. Eine sichere Beurteilung, ob ein Verstoß durch den Bau der 5 WEA gegen §44 BNatSchG vorliegt und sich der Zustand der lokalen Populationen ggf. verschlechtern wird, ist ohne diese Angaben wiederum rein spekulativ. Leichtfertig werden so die Gefahren für geschützte Arten im Sinne von §44 BNatSchG in Kauf genommen. Dies ist jedoch eine strafbare Handlung nach § 71a BNatSchG.

Nach diesen Aussage dürfte es für den Projektierer BMR schwierig werden, den Nachweis für die naturschutzfachliche Unbedenklichkeit dieser Baumaßnahme zu erbringen.

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11.5.2019NaturHeimbach, Vlatten0 Kommentare cpm

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