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Betriebsstopp für Dahlem IV wegen möglichem Tötungsrisiko für den Rotmilan. [Foto: NI]

Erhöhtes Tötungsrisiko: OVG stoppt Dahlem IV – Kreis verweigert Stopp von Dahlem I-III

Dahlem: Die drei fertig gebauten 200-Meter-Windanlagen der DunoAir im Kammerwald bleiben abgeschaltet. Das entschied am 16. Juli das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Münster und bestätigt damit den Beschluss des Verwaltungsgerichts Aachen vom 4. Juni. (EIFELON berichtete) Gegen den Betriebsstopp der Aachener Richter hatten Projektierer DunoAir und der genehmigende Kreis Euskirchen Beschwerde beim OVG eingelegt.

Das OVG hält den Betriebsstopp für die drei bereits errichteten Anlagen 3,7 und 8 von Dahlem IV zum Schutz der nistenden Rotmilane im Rotbachtal damit aufrecht.

Bereits in der gemeinsamen umfangreichen Stellungnahme der Naturschutzverbände zur Umweltverträglichkeitsprüfung für das erneute Genehmigungsverfahren zu Dahlem IV wiesen deren Vertreter ausdrücklich auf das signifikant erhöhte Tötungsrisiko der Rotmilane im Rotbachtal hin.

Die Kreis-Behörde habe den Einwendungen sowohl zu dem ansässigen Brutpaar im Rotbachtal und den benachbarten Brutpaaren, als auch zu den herbstlichen Sammelplätzen der Rotmilane keine Bedeutung beigemessen und ein erhöhtes Tötungsrisiko der Rotmilane in ihrem angestammten Lebensraum billigend in Kauf genommen.

Die Ausführungen in dem Avifaunistischen Fachgutachten Rotmilan, Fortschreibung 2019, des Diplom-Biologen Fehr zur Raumnutzung des Rotmilans in den vergangenen Jahren einschließlich der Raumnutzungskartierung […] erscheinen jedenfalls nicht von vorherein plausibel“,

kritisieren die Richter des OVG Münster.  Nachvollziehbarerweise sehe sich das Gericht außerstande, in der gebotenen Zeit die Stellungnahmen und Schriftsätze der Naturschutzinitiative e.V. (NI)  mit umfangreichstem Bild- und Videomaterial im Rahmen der Zwischenverfügung zu prüfen.

Dies würde eine vertiefte Auswertung sämtlicher Gutachten und Stellungnahmen zum Vorkommen des Rotmilans im Vorhabengebiet erfordern, was jedoch im vorliegenden Zwischenverfahren nicht geleistet werden kann“,

resümiert das Gericht. Da ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko für den Rotmilan jedenfalls ernsthaft in Betracht komme, müsse wegen der insoweit irreversiblen Folgen hier die Interessenabwägung zugunsten der vom Antragssteller (den Naturschutzverbänden, die Red.) zulässigerweise geltend gemachten Verbotstatbeständen des §44 Abs.1 Nr.1 BNatSchG ausfallen, so das OVG Münster.

Nach unserer Auffassung hätte Dahlem IV bei korrekter Prüfung der vorgelegten fachlichen Einwendungen im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) niemals genehmigt werden dürfen. Wir sind daher sehr zuversichtlich, dass das Gericht nach intensiver Prüfung unseren Ausführungen folgen wird“,

erklärt Harry Neumann, Landesvorsitzender der NI. Aber nicht nur die brütenden Rotmilane, auch die seltenen Schwarzstörche haben ein Problem mit dem Dahlemer Windpark. Neue Untersuchungen der Naturschutzverbände zum Flugverhalten der Schwarzstörche im Dahlemer Wald offenbaren regelmäßige gefährliche Querungen der Schwarzstörche auf dem Flug zu ihren Nahrungshabitaten.

Die zur Zeit laufenden Raumnutzungsanalysen zum Flugverhalten der Rotmilane und Schwarzstörche im Projektgebiet und im Dahlemer Wald zeigen täglich, welch hohem Risiko die zahlreichen Rotmilane und Schwarzstörche in ihren Nistgebieten im Bereich der Anlagen von Dahlem I-IV ausgesetzt sind“,

so Marion Zöller, Vorstandsmitglied des NABU Euskirchen und Dipl.-Geografin Claudia Rapp-Lange, Fachbeirätin der Naturschutzinitiative, die in gemeinsamer Zusammenarbeit der beiden Verbände die Flugbewegungen der nistenden Rotmilane und Schwarzstörche erfassen.

Nachdem der Kreis Euskirchen eine von NI und NABU geforderte temporäre Abschaltung der Windräder von Dahlem I-III wegen der Gefährdung der in unmittelbarer Nähe der WEA brütenden Schwarzstörche, die bei ihrer Futtersuche mehrmals täglich den Windpark durchqueren müssen, abgelehnt hatte (EIFELON berichtete) , verschärft sich nun die Situation: Die noch flugunsicheren Jungstörche unternehmen, mitten durch die Windräder, ihre ersten Ausflüge zu den Nahrungsplätzen jenseits des Windparks. Dabei besteht das Risiko für die ungeübten Jungvögel, von den Flügeln der Räder erschlagen zu werden oder in den hinter den Rädern auftretenden Turbulenzen abzustürzen.

Im Rahmen der laufenden Raumnutzungsanalyse werden täglich in genauen Listen die Flugbewegungen der seltenen Tier festgehalten und die Nähe zu den gefährlichen Windradflügeln fotografisch dokumentiert.

Die zehn Windanlagen von Dahlem I-III versperren als Querriegel die Flugstrecke der Störche aus ihren Niststätte nach Westen zu ihren angestammten Nahrungshabitate im Naturschutzgebiet Wolfweid und dem Auenbereich Berke“,

so Claudia Rapp-Lange.

Da der Kreis sich bei seiner Ablehnung, eine zeitlich begrenzte Abschaltung des Windparks zu veranlassen, auf eine fragwürdige Ferndiagnose des LANUV stützt, haben die Naturschutzverbände nun den Dienstherrn des LANUV, das Umweltministerium, um Hilfe gebeten. In einem dringlichen Brief an Umweltministerin Ursula Heinen-Esser belegen sie die riskanten Durchflüge der Jungstörche durch die Windanlagen und ersuchen die Umweltministerin von ihrer Weisungsbefugnis Gebrauch zu machen, da sich das Tötungsrisiko für die flugunerfahrenen Jungvögel im Windpark, auf ihrem Weg zu den außerhalb liegenden Nahrungshabitaten, potenziert hat:

Wir bitten Sie, sehr geehrte Frau Heinen-Esser, sich der Sache anzunehmen und eine sofortige Abschaltung der Anlagen zu bewirken bis die jungen Störche nachweislich das Brutrevier verlassen haben. Bitte helfen Sie uns die wenigen verbliebenen Schwarzstörche, ihre Niststätten und Lebensräume im Kreis Euskirchen zu schützen. Bitte beeilen Sie sich, die Jungvögel fliegen!

Sie können hier etwas bewegen und ein Umdenken in Bezug auf die Beachtung der Abstandsempfehlungen zu bedeutsamen Vogellebensräumen und ihrer Niststätten initiieren!“

3.000 Meter Mindestabstand zwischen Windanlagen und bedeutsamen Vogellebensräumen der Schwarzstörche und ihren Niststätten, fordert das „Helgoländer Papier“ der Arbeitsgemeinschaft der staatlichen Vogelschutzwarten in Deutschland. Beim Rotmilan sind es 1.500 Meter. Im Dahlemer Wald werden diese Empfehlungen weder beim Rotmilan noch beim Schwarzstorch eingehalten.

17.7.2020NaturDahlem0 Kommentare cpm

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