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Unbegreiflich: Windanlagen dürfen im Dahlemer Wald weitergebaut werden. [Foto: CRL)

DAHLEM IV: Verstößt OVG-Beschluss gegen Europarecht?

Dahlem: Der 7. Senat des Oberverwaltungsgericht NRW (OVG) hat ein weiteres Kapitel im jahrelangen Rechtsstreit um die Windenergieanlagen des Windparks Dahlem IV aufgeschlagen. Die Naturschutzinitiative e. V. (NI) ist nach Lektüre des Beschlusses vom 12.3.2021 zum Az.: 7 B 8/21 besorgt um den Schutz von Rotmilan, Schwarzstorch und anderen Tierarten.

Noch vor wenigen Tagen hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem vielbeachteten Urteil den Bezug des Artenschutzes auf das einzelne Individuum unterstrichen (Urteil vom 04.03.2021 – C 473/19, C 474/19-). Im Beschluss des OVG vom 12.3.2021 heißt es hingegen:

Die Belange einer sicheren Energieversorgung mit erneuerbaren Energien haben neben ihrer völkerrechtlichen Fundierung auch nach dem Unionsrecht eine besondere Bedeutung, (…) sie müssen jedenfalls bei dem hier gegebenen Bestand der geschützten Art (gemeint ist der Rotmilan, die Red.) nicht für die Dauer des Hauptsacheverfahren hintan angestellt werden, um bei ungewisser Rechtslage Individuen bezogenen irreparable Folgen durch Verlust einzelner Exemplare des Rotmilans zu vermeiden.“

Leider bleibt der Senat einen Beleg dafür schuldig, welchen Beitrag die angefochtenen Windenergieanlagen (WEA) „an einer ausreichenden und sicheren Energieversorgung mit erneuerbarer Energie im Rahmen der Energiewende“ für den Zeitraum, bis über die Klage entschieden ist, tatsächlich leisten. Für das Oberverwaltungsgericht hat vielmehr eine Gesetzesänderung von Ende 2020 maßgebliche Bedeutung (Investitions-Beschleunigungs-Gesetz, die Red.), nach der bei angefochtenen Genehmigungen für WEA ein Baustopp zusätzlich beantragt werden muss.

Nicht nur diese Erwägungen des Gerichts lassen uns um das Überleben der betroffenen Arten fürchten“,

so Harry Neumann, Landesvorsitzender der NI. Zudem habe das OVG erkennen lassen, dass Ausnahmen vom Verbot der Tötung selbst beim streng geschützten Rotmilan in NRW möglich sein können. Anders als noch das Verwaltungsgericht Aachen im vorausgegangenen Eilbeschluss vom Dezember 2020, hält das OVG NRW die Frage, ob gegen das Verbot der Tötung des Rotmilans verstoßen werde, für offen. Der Senat sieht sich in seinem Beschluss vom 12.3.2021 veranlasst, „vorsorglich“ darauf hinzuweisen, dass für die Windenergienutzung eine artenschutzrechtlich Ausnahme in Betracht komme, die – obwohl im Genehmigungsbescheid nicht ansatzweise thematisiert – auch als erteilt gelten dürfte. Das Ergebnis einer Ermessensentscheidung über die Erteilung einer Ausnahme sei vorgezeichnet.

Der für uns völlig unverständliche Beschluss lässt erkennen, dass das Gericht eine Entscheidung des EuGH nicht übersehen haben kann, nach der die Ausnahmevorschrift, die es im Blick hatte, auf die europäischen Vogelarten nicht angewandt werden darf“.

erklärten Harry Neumann, Landesvorsitzender der NI und Claudia Rapp-Lange, Sprecherin der NI im Kreis Euskirchen.

Diese Entscheidung halten wir für nicht mit dem gerade erst bestätigten europäischen Naturschutzrecht vereinbar und werden das nun im Hauptverfahren klären müssen

,so der Umweltverband.

Zusatzinformationen der Naturschutzinitiative:

Die Ausführungen des 7. Senates, dass tierisches Leben nicht in einer unberührten Landschaft, sondern in einer vom Menschen gestalteten Landschaft existiert, sind für große Bereiche des Dahlemer Waldes nicht zutreffend. Der Waldgürtel, in dem die Anlagen von Dahlem IV gebaut werden, ist bis zur Errichtung der Windanlagen ein unzerschnittener und störungsfreier Waldgürtel gewesen, der mit dem angrenzenden extensiv genutzten Offenland  den Rotmilanen einem ökologisch wertvollen und intakten Lebensraum mit hoher Reproduktionsrate bietet.

Die hohe Anzahl der Brutplätze und die großräumige Ausdehnung der herbstlichen Schlafplatzgesellschaften seien ein Beweis für die ökologische Wertigkeit des Raumes für die Art Rotmilan, betonte Claudia Rapp Lange, Länder- und Fachbeirätin der Naturschutzinitiative (NI).

Dies bestätigt auch Marion Zöller, Vorstandsmitglied des NABU Euskirchen, der gemeinsam mit der NI seit 2016 fortlaufende Erfassungen der Rotmilanpopulation im Wildenburger Ländchen und dem FFH-Gebiet des Manscheider Bachtales durchführt.

Wir bedanken uns herzlich bei allen ehrenamtlichen Naturschützern, die bislang geholfen haben, die Flugbewegungen der Rotmilane zu erfassen, ebenso bei der Deutschen Wildtier Stiftung und dem NABU Euskirchen für die Unterstützung in diesem Verfahren. Wir werden auch weiterhin alle Rechtsmittel ausschöpfen, um den Rotmilanen diesen so wertvollen Lebensraum zu erhalten.

Über eine unterstützende Spende würde sich die NI freuen. Sind doch die Prozesskosten für den gemeinnützigen Umweltverband eine hohe Belastung.

Stichwort: Dahlem IV

Spendenkonto:
NATURSCHUTZINITIATIVE e. V. (NI)
Westerwald Bank eG
IBAN: DE60 5739 1800 0011 5018 26


Kommentar:

Der Beschluss des 7. OVG-Senates irritiert, hatte doch die 6. Kammer des Verwaltungsgerichtes in Aachen am gleichen Tag einem Eilantrag der NaturschutzInitiative gegen die Errichtung von vier 230-Meter Windanlagen im benachbarten Blankenheim stattgegeben. Der Genehmigungsbescheid des Kreises Euskirchen sei voraussichtlich rechtswidrig, befindet hier das Verwaltungsgericht:

Mit Blick auf den streng geschützten Rotmilan drohe durch den genehmigten Anlagenbetrieb ein Verstoß gegen das naturschutzrechtliche Tötungsverbot“, (§ 44, Bundesnaturschutzgesetz).

EIFELON berichtete.  Diametral entgegen steht der Beschluss des OVG-Münster, hier wird eine Ausnahmeregelung des Tötungsverbots nach Paragraf 45 Abs.7 S1 Nr. 5 bemüht, der besagt:

(7) Die für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörden […] können von den Verboten des § 44 im Einzelfall weitere Ausnahmen zulassen […]

5. aus anderen zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art.“

Damit stellt sich das OVG gegen die erst kürzlich vom Europäischen Gerichtshof bestätigte Rechtsauffassung,

die Verbote für das Töten von Wildtier-Individuen, für das Stören, Vernichten oder Zerstören ihrer Lebensstätten im Rahmen von Eingriffen des Menschen müssen weiterhin an strengen Vorgaben des Schutzregimes von Vogelschutz-und Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der EU gemessen werden.

Der im Rahmen menschlicher Tätigkeit selbst zu anderem Zwecke in Kauf genommene Tod von Wildtieren kann nicht mit Bezug auf einen günstigen Erhaltungszustand und damit auf die Populationsebene relativiert werden. Die Verbote gelten auch für unabsichtliche Handlungen, die Störung, Zerstörung oder Vernichtung in Kauf nehmen. Der strenge Schutz gilt unabhängig von der Anzahl der Exemplare der im betroffenen Gebiet vorkommenden Art […]“ ( EuGH vom 04.03.2021)

Damit hat es der Europäische Gerichtshof abgelehnt, die Tatbestände der Tötungs- und Störungsverbote aus Gründen der Verhältnismäßigkeit nur unter Berücksichtigung des Erhaltungszustandes der betroffenen Art auszulegen.

Genau das aber macht das OVG. Durch die Verneinung eines Schutzgebotes und die Aufhebung des Bauverbotes bis zur entscheidenden Hauptverhandlung, setzt sich das Gericht dem Vorwurf aus, europäisches Recht zu missachten und die Rotmilane in der Brutzeit durch die bereits laufenden drei Windanlagen zu schicken.

19.3.2021NaturDahlem0 Kommentare cpm

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  • Die Entscheidung zeigt, wie willfährig die Gerichte geworden sind. Wer an Gesetz, Recht und Ordnung glaubt, wird zusehends enttäuscht. Die Energiewende steht vor dem Kollaps. Die fällt jetzt langsam den „Erfindern“ auf die Füße, man versucht zu retten, was nicht zu retten ist. Herr Altmeier glaubt immer noch dran und sieht jetzt im Wasserstoff die Rettung. Muss er, als Lakai der Kanzlerin. Wann beschwert sich der Bürger endlich, dass MINT-Versager Dinge bestimmen, die der Bürger und die Natur später auszubaden haben?

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