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Windpark Dahlem: Täglicher Spießrutenflug zur Nahrungssuche. [Foto: G. Damaschke, NABU EU]

Signifikant erhöhtes Tötungsrisiko: Naturschutzverbände fordern Betriebsstopp für Dahlem I-III – Kreis lehnt ab

Kreise, Kreis Euskirchen: Der Umweltverband Naturschutzinitiative e.V. (NI) und der NABU Euskirchen e.V. haben am vergangenen Dienstag gemäß § 3 Absatz 2 BNatSchG den sofortigen Betriebsstopp der Windanlagen Dahlem I-III und der drei Vestas-Anlagen am Metziger Berg in der Gemeinde Dahlem bei der Kreisverwaltung Euskirchen beantragt. Als Grund führen die Verbände die Besetzung des Schwarzstorchhorstes am Simmeler Bach in nur 340 m bis 1.700 m Entfernung zu den Anlagen von Dahlem I-III an.

„Die durch den NABU Euskirchen e.V. und die Naturschutzinitiative e.V. (NI) erfassten Flugbewegungen der Schwarzstörche zeigen hinreichend, dass regelmäßige Flugbewegungen der Schwarzstörche durch den Querriegel der Windanlagen stattfinden, wodurch ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko für das dortige Brutpaar und die Jungvögel besteht. Daher müssen die Anlagen zum Schutz der streng geschützten Art abgeschaltet werden“, erklärten Harry Neumann, Landesvorsitzender NRW der NI, sowie Claudia Rapp-Lange, Sprecherin der NI im Kreis Euskirchen, und Marion Zöller, Vorstandsmitglied des NABU Euskirchen e.V..

Die Beobachtungen in der zurzeit laufenden Raumnutzungsanalyse der Schwarzstörche zeige, dass die Vögel häufig im Direktflug durch die Anlagen die Nahrungshabitate südwestlich der Anlagen von Dahlem I-III ansteuern und sich damit das Kollisionsrisiko explizit erhöhe. Die Lage der Nahrungshabitate an den Gewässern und der Nistplatz bestimmt in der Zeit der Jungvogelaufzucht die Flugkorridore der Schwarzstörche. Dabei würden die Windanlagen nicht gemieden oder umflogen. Das belegen auch die Fotos aus der laufenden Schwarzstorch-Erfassung der Naturschutzverbände im südlichen Bereich des Kreises Euskirchen, so die Naturschutzinitiative.

Die Anlagen von Dahlem I-III zerschneide das Hauptbrutareal und trennen die Nahrungshabitate der Schwarzstörche an der Berke und dem Uthsbach von der Niststätte am Simmeler Bach ab. Die Vögel können nicht ungefährdet ihre Nahrungsräume anfliegen und müssen durch die Anlagen von Dahlem I-III manövrieren. Das sei ein risikoreiches Unterfangen, insbesondere für die unerfahrenen Jungvögel.

Der Antrag wurde vom NABU Bundesfachausschuss (BFA) für Ornithologie und Vogelschutz, vom NABU Kreisverband Düren, vom NABU Landesverband NRW, vom NABU Kreisverband Aachen-Land, von der BUND Kreisgruppe Düren und vom Komitee gegen den Vogelmord e.V. unterstützt.

Der Kreis Euskirchen lehnt ein Einschreiten der Behörde ab

Trotzdem hat der Kreis Euskirchen nun, nach Rücksprache mit dem Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV)  den eindringlichen Antrag der Naturschutzverbände, einen vorübergehenden Betriebsstopp in der Aufzuchtphase der Jungstörche – bis Ende August – für Dahlem I-III und drei weitere Windanlagen am Metzinger Berg, zu erlassen, abgelehnt:

Gemäß „Leitfaden Umsetzung des Arten- und Habitatschutzes bei der Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen in Nordrhein-Westfalen“ zähle der Schwarzstorch nicht zu den kollisionsgefährdeten Vogelarten, so dass grundsätzlich nicht von einer Gefährdung durch Kollision mit den Windenergieanlage (WEA) auszugehen sei. Auch eine Störung könne im vorliegenden Fall ausgeschlossen werden.

Der Schwarzstorch nutze den besagten Horst bereits im zweiten Jahr in Folge erfolgreich. Unter Berücksichtigung des Habitatpotentials im Umfeld des Horststandortes sei davon auszugehen, dass sich die Schwerpunkte der Nahrungshabitate in den von den Windrädern abgewandten Bereichen befinden. Der Horst befände sich in einer Laubwaldinsel. Ein Fichtenriegel schirme den Horststandort von den Windrädern ab. Direkt anschließend erstrecke sich das Gewässersystem der Simmel. Damit sei davon auszugehen, dass sich die Hauptflugrichtungen der Altvögel zur Futtersuche in östliche und süd-östliche Richtungen konzentrieren – und damit weg von den Windanlagen. Damit seien keine weiteren Schutzmaßnahmen bzw. ein Einschreiten nach § 3 (2) BNatSchG erforderlich, argumentiert die Untere Naturschutzbehörde des Kreises Euskirchen und lehnt einen Betriebsstopp der Windanlagen ab.

EIFELON hat die Naturschutzverbände dazu um eine aktuelle Stellungnahme ersucht:

Der NABU Euskirchen e.V. (NABU) und die Naturschutzinitiative e.V. (NI) haben aus der Presse erfahren, dass dem Antrag, die 13 Anlagen im Dahlemer Wald zum Schutz der beiden Brutvorkommen der Schwarzstörche vorübergehend abzuschalten, nicht entsprochen wurde. „Dass wir vom Kreis nicht über die Gründe informiert worden sind, die zu einer Ablehnung unseres Antrages geführt haben, verwundert uns“, so Claudia Rapp-Lange, Sprecherin der NI des Kreises Euskirchen. Es gäbe auch keine offizielle Pressemitteilung der Genehmigungsbehörde.

„Wir können beweisen, dass wir mit drei Teams von mehreren Beobachtern, die Flugbewegungen der Störche exakt erfassen und zusätzlich Webcam gestützte Aufnahmen beisteuern, die die Flugrouten der Schwarzstörche untermauern.

Wir arbeiten derzeit an der größten bekannten Schwarzstorch-Erfassung im Kreis Euskirchen. Es sind bislang über 200 ausgewertete, mit Bild belegte Flugbewegung dokumentiert worden. Die Raumnutzungsanalysen finden nach festgelegten Parameter zwei Mal pro Woche statt. Anhand spezifischer Merkmale sind die Störche mittlerweile von uns eindeutig einem Brutplatz zuzuordnen“, so Claudia Rapp-Lange.

„Aus unseren umfangreichen Aufzeichnungen zu den Flugbewegungen der Schwarzstörche im Bereich Dahlem I-III, geht eindeutig hervor, dass die Tiere regelmäßig, mehrmals am Tag von Berk kommend über den Höhenrücken durch die gesamten Windanlagen fliegen. Dies ist hinreichend aus unseren bildgestützten Dokumentationen zu entnehmen. Da bleibt wenig Spielraum, eine Interpretation abzusetzen, die genau das Gegenteil beschreibt“, sagt Marion Zöller,

„Das dies dem Kreis und dem LANUV nicht ausreicht, um zumindest anhand eigener Erfassungen bei einer solch kritischen Nähe eines Schwarzstorchhorstes zu den Windanlage zu initiieren, um den Sachverhalt zu überprüfen, ist nicht nachvollziehbar. Nur bei Erfassung der Flugbewegungen kann eine fachlich belegte Aussage zur Gefährdung der Schwarzstörche getroffen werden. Nach den anerkannten Standards ist innerhalb von 500 Metern das Verletzung- und Tötungsrisiko aufgrund der hohen Flugaktivitäten immer als hoch zu bewerten“, kritisiert Claudia Rapp-Lange.

Leitfaden zu Abstandsempfehlungen für Windenergieanlagen zu bedeutsamen Vogellebensräumen sowie Brutplätzen ausgewählter Vogelarten“ (Stand April 2015) der Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten (LAG VSW):
„Übersicht über fachlich empfohlene Mindestabstände von Windenergieanlagen (WEA) zu Brutplätzen bzw. Brutvorkommen WEA sensibler Vogelarten. Der in Klammern gesetzte Prüfbereich beschreibt Radien, innerhalb derer zu prüfen ist, ob Nahrungshabitate, Schlafplätze oder andere wichtige Habitate der betreffenden Art bzw. Artengruppe vorhanden sind, die regelmäßig angeflogen werden.“

Nach dieser auch gerichtlich anerkannten Tabelle beträgt der Mindestabstand beim Schwarzstorch zum Brutplatz 3.000 Meter. Der zu überprüfende Radius auf vorhandene Nahrungshabitate beträgt 10.000 Meter.

Die Abstandsempfehlungen der LAG VSW war auch Bestandteil im Urteil des VG Aachen zum Windpark Dahlem IV, vom 21.07. 2017. Zitat:

„Die Abstandsempfehlungen der LAG-VSW in der Fassung vom 15. April 2015 sehen für den Schwarzstorch einen Mindestabstand zwischen Brutplatz und Windenergieanlage von 3.000 m und einen Prüfbereich von 10.000 m vor.“

– Verwaltungsgericht Aachen, 6L 252/17, 21.07.2017, S.13 –

26.6.2020NaturKreise, Kreis Euskirchen1 Kommentar cpm

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  • Man muss an dieser Stelle kein ausgewiesener Schwarzstorchexperte oder „Hobby – Ornithologe“ sein, es reicht schon der gesunde Menschenverstand aus, um die begründeten Argumente der Naturschutzverbände nachvollziehen zu können, dass Schwarzstörche grundsätzlich sämtliche ihnen zur Verfügung stehenden Nahrungshabitate regelmäßig anfliegen, insbesondere dann, wenn sie Jungtiere aufziehen müssen. Dabei lassen sie sich auch nicht von Windkraftanlagen aufhalten. Möglicherweise hängt das verletzungsfreie Durchqueren von Windrädern beim Schwarzstorch allein vom Zufall ab.
    Es bleibt zu hoffen, dass die „artenschutzfachliche Unbedenklichkeitsbescheinigung“ der Euskirchener Kreisverwaltung für die oben benannten Windindustrieanlagen durch die Naturschutzverbände zweifelsfrei widerlegt werden kann. Notfalls auch durch eine Klage vor dem Verwaltungsgericht.

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