Kreise, Kreis Düren: Am vergangenen Mittwoch hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Münster in einem mit Spannung von dem Beklagten, der Gemeinde Kreuzau, und dem Kläger, der Stadt Nideggen, erwarteten Urteil den Bebauungsplan Lausbusch für rechtswidrig erklärt. Nideggen hat in dem Normenkontrollverfahren die korrekte Berücksichtigung ihrer Denkmalschutzinteressen am historischen Stadtbild und die möglichen Auswirkungen der Kreuzauer Windradplanung auf die Nideggener Bau- und Gewerbegebiete beklagt.
Bei einem Lokalaugenschein im Dezember hatte sich das Gericht von den Ansichten der im Bau befindlichen Windanlagen auf das mittelalterliche Stadtbild überzeugen können.
Damit wurde auch klar, dass die im Denkmalschutzgutachten der Firma Ecoda angenommenen „nur geringen Beeinträchtigungen“ durch die fünf 175 Meter hohen Windanlagen auf das historische Stadtbild tatsächlich eine erhebliche optische Einschränkung für Nideggen bedeuten.
Mit dem Urteil bestätigt das Gericht die erheblichen Bedenken, die von der Unteren Denkmalbehörde und dem Landschaftsverband Rheinland (LVR) bereits im Vorfeld an den Bauplänen geäußert wurden:
Alle (Wind-) Anlagen würden sich störend auf die Horizontlinie auswirken und durch ihre Bewegung den Blick von der Burg weg auf sich lenken. […] Aus Sicht des LVR-Amtes für Denkmalpflege im Rheinland ergibt sich damit, bezogen auf Burg Nideggen und das Dürener Tor, die Feststellung, dass die Anlagen Lausbusch […] die Schwelle zu erheblichen Beeinträchtigungen der Erscheinungsbilder der Denkmäler in einem Bereich zwischen 150 und 175 Meter (der diskutierten Anlagenhöhe, die Red.) überschreiten.“
Welche Konsequenzen das jetzt ergangene OVG Urteil auf das gleichzeitig laufende Gerichtsverfahren der Stadt Nideggen gegen den vom Kreis Düren erteilten Genehmigungsbescheid vor dem Verwaltungsgericht (VG) Aachen haben wird, ist ungewiss.
Die Gemeinde Kreuzau verweist in einer Presseaussendung darauf, dass der Bebauungsplan für die Windkonzentrationszone Lausbusch vom Gericht nicht infrage gestellt worden sei und schreibt zum beanstandeten, fehlerhaften Bebauungsplan:
Die Gemeinde hätte an zwei Stellen weitere Erwägungen anstellen müssen. Zum einen, ob die im Flächennutzungsplan der Nachbargemeinde dargestellten Wohnbauflächen nach der Errichtung der Windenergieanlagen noch realisiert werden können. Zum anderen, ob die Gemeinde mit ihrer Planung denkmalschutzrechtliche Belange (im Rahmen des städtebaulichen Denkmalschutzes) weitergehend berücksichtigen will, als dies durch das Denkmalschutzgesetz NRW vorgesehen ist“,
und zeigt sich optimistisch, den fehlerhaften Bebauungsplan problemlos korrigieren zu können, denn der Senat habe in der mündlichen Urteilsbegründung ausdrücklich hervorgehoben, dass sich durch die Berücksichtigung dieser Aspekte in der Abwägung das Ergebnis nicht ändern müsse und der (vorhandene) Planinhalt in der Sache abwägungsfehlerfrei festsetzbar sei.
Ob die Gemeinde Kreuzau mit dieser Sichtweise richtig liegt? Einen neuen Bebauungsplan für die Konzentrationsfläche Lausbusch, weniger als 1.500 Meter vor den Nideggener Wohngebieten neu auszuweisen, könnte schwierig werden. Müssen doch bei einem neuen Bebauungsplan auch die vorgelegten Gutachten überarbeitet werden, sollten sie nicht mehr dem aktuellen Stand entsprechen oder zu alt sein.
Zusätzlich muss das heute gültige Genehmigungsrecht berücksichtigt werden. Damit sind auch die im neuen Landesentwicklungsplan NRW (LEP) vorgegebenen Mindestentfernungen von 1.500 Metern zu Wohngebieten einzuhalten und damit könnte die Gemeinde Kreuzau mit dem Windpark Lausbusch vor einem Problem stehen.
In Nideggen sieht man die Sachlage naturgemäß etwas anders: Wenn der Bebauungsplan unwirksam sei, sei die Rechtmäßigkeit des Genehmigungsbescheids des Kreises Düren zur Errichtung des Windpark Lausbusch natürlich ebenfalls in Frage zu stellen.
Tatsache ist nun, dass Aufgrund einer fehlerhaften und somit ungültigen Baugenehmigung – gegen den ausdrücklichen Nideggener Widerstand – fünf Windräder errichtet wurden. „Schwarzbau“ würde man umgangssprachlich dazu sagen.
Dass sich aus einem solchen Vorgang nun wirtschaftlicher Gewinn in Form von Stromerträgen ergeben soll, ist nicht nachzuvollziehen. Also bleibt eigentlich nur dem Kreis Düren – als Genehmigungsbehörde – den Weiterbetrieb der illegalen Windanlagen zu untersagen.
Jetzt rächt sich die vorschnelle Erteilung der Dürener Genehmigung, obwohl bei der Kreisbehörde durchaus bekannt war, dass Gerichtsverfahren in diesem Fall anhängig seien und insofern auch ein Aussetzen der Genehmigung bis zur juristischen Klärung der Angelegenheit möglich gewesen wäre.
Wer nun für den entstandenen wirtschaftlichen Schaden haftet, wäre auch noch zu klären, sollte es zu einer Stilllegung und einer Abrissverfügung der Räder kommen. Besonders pikant dabei, dass sich der kreiseigene Energieversorger Rurenergie mit circa vier Millionen Euro aus dem Kreishaushalt an dem Windpark Lausbusch beteiligt hat. Somit liegt das wirtschaftliche Risiko für diese Investition auch noch bei den Bürgern des Kreises.
Die Stadt Nideggen hatte im Dezember 2019 in einem zusätzlichen Eilantrag zu ihrer Klage aus dem Sommer 2018 gegen den Genehmigungsbescheid vor dem Aachener Gericht beantragt, gegen die bauliche Errichtung der Windräder bis zu einer Gerichtsentscheidung mit einem Baustopp vorzugehen, auch um genau die nun eingetretene Situation zu verhindern.
Aber das Amtsgericht hüllte sich bisher – und das seit zwei Monaten – zu dem Eilantrag in Schweigen. Ob wegen Arbeitsüberlastung oder aus politischem Kalkül, sind die Richter seit über eineinhalb Jahren nicht in der Lage das Verfahren zu eröffnen. Vielleicht hoffte man in Aachen, dass mit der tatsächlichen Errichtung des Windparks nun Fakten geschaffen wurden und es nun schwieriger werden würde, eine Abrissgenehmigung für vollendete, gebaute Tatsachen zu erreichen?
Durch die Normenkontrollklage vor dem OVG wurde ein fehlerhafter Bebauungsplan festgestellt, das kann nun das Verwaltungsgericht in Aachen nicht ignorieren, sollte es sich irgendwann doch dazu entschließen, Recht zu sprechen.
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Bisher 3 Kommentare
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Bei der Gemeinde Kreuzau sollte sich der Bürgermeister fragen, ob er immer richtig gehandelt hat. Sich gegen die Stadt Nideggen einen Streit anzufangen, sollte doch zumindest als Nachbargemeinde anders gehandhabt werden.Wenn man jetzt meint, durch eine einfache Änderung des fehlerhaften Bebauungsplan aus der Angelegenheit heraus kommen zu können, da wird man sich noch wundern.
Der Kreis Düren mit seinem finanziellen Engagement in die WKA Lausbusch wird sich noch politisch fragen lassen müssen, ob eine Finanzanlage in diese Objekte überhaupt mit der Aufgabe einer politischen Körperschaft sinnvoll ist. Politisch trägt der Landrat hierfür die Verantwortung.
@behorn
„Politisch trägt der Landrat hierfür die Verantwortung.“
Ganz ehrlich, diese sogenannte politische Verantwortung ist es nicht wert auf Papier geschrieben zu werden und ist den Mächtigen offensichtlich völlig egal da man ja mit allem durchkommt. Man wird sogar wiedergewählt oder man schafft es durch selbst erlassenen Vorschriften und Regeln sonst irgendwie an die Futtertröge der Macht oder schafft es an den selbigen zu verbleiben.
Wie sagte Lenin noch neulich “ es wird in Deutschland nie eine Revolution geben da man dazu erst eine Eintrittskarte lösen muss“
Dieses „Schauspiel“ erinnert mich irgendwie an den Palaestina/Israel Zustand.
Erstmal Fakten schaffen, sprich ein paar Windraeder schnell hochziehen oder ein paar Siedlungen schnell illegal auf fremdem Boden hochziehen, danach dann auf die Rechtsprechung hoffen.
Es glaubt doch nicht ernsthaft irgendjemand das die Dinger wieder abgebaut oder eingeschraenkt werden. Ein Schauspiel oder Theater fuer die Commoners, mehr ist das nicht.
Ein vielleicht besserer Vergleich ist ex EU Boss Juncker:
“Wir beschließen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, was passiert (…) Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter – Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt.” Jean-Claude-Juncker, EU-Ämter-Multi, Spiegel 52/1999″
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