Nideggen: In der Ratssitzung am vergangenen Dienstag stand der neue Beschluss des Verwaltungsgerichts Aachen (VG) im Eilverfahren der Stadt Nideggen gegen die Genehmigung von fünf Kreuzauer Windanlagen vor dem Nideggener Stadtpanorama zur Diskussion.
Die Stadt hatte gegen den vom Kreis Düren genehmigten Windpark Lausbusch bereits im Juli 2018 Klage eingereicht. Zu der erteilten Baugenehmigung des Kreises gehörte auch eine „Anordnung der sofortigen Vollziehung“. Damit kann der Projektierer mit dem Bau der WEA beginnen, bevor alle Rechtsmittel gegen den Bescheid ausgeschöpft sind.
Da der Baubeginn im Windpark Lausbusch im November 2019 kurz bevorstand, das Verwaltungsgericht Aachen sich aber bis zu diesem Zeitpunkt im Hauptverfahren nicht gemeldet hatte, war es zusätzlich notwendig geworden, mit einem Eilantrag die Errichtung der im Streit befindlichen Windanlagen zu verhindern. Aber auch hierbei hatte das Verwaltungsgericht keinerlei Eile…
In einem, unabhängig vom Aachener Verfahrenen, gegen die Baugenehmigung laufenden Normenkontrollverfahren hatte das OVG Münster der Beschwerde der Stadt Nideggen im Januar recht gegeben und Fehler im Genehmigungsverfahren festgestellt. Gerügt wurde unter anderem das fehlerhafte Denkmalschutzgutachten und die Nichtbeachtung der Auswirkungen des Anlagenstandorts auf geplante Nideggener Bau- und Gewerbegebiete.
(Eifelon berichtete.) Damit hat das OVG bestätigt, dass die erteilte Baugenehmigung des Kreises fehlerhaft war und die Stadt Nideggen dadurch in ihren Rechten verletzt worden sei.
Das Aachener Verwaltungsgericht sah das in seinem Beschluss anders und negiert damit auch die Denkmal-Gutachten des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR). Das Gericht war der Ansicht, nur der Eigentümer des Denkmals sei berechtigt, gegen den Baubeschluß vorzugehen. Die Nideggener Burg befindet sich im Eigentum des Kreises Düren. Nachdem der Kreis gleichzeitig über seinen Energietocher Rurenergie mit 75 Prozent an der Millioneninvestition Lausbusch der Windenergie Kreuzau GmbH & Co. KG, einer Firma des Dürener Projektierers REA, beteiligt ist, eine eher unwahrscheinliche Möglichkeit für eine Klage.
Die weiteren, nun im Eilverfahren angeführten Gründe des VG Aachen glänzen auch nicht gerade. So führt das VG an, dass bei einer Verzögerung des Baubeginns wirtschaftliche Nachteile des Projektierers zu erwarten gewesen seien, überdies spreche das öffentliche Interesse an der Erzeugung regenerativer Energie für eine sofortige Vollziehung der Genehmigung. Deswegen sei ein Stillstand der nun errichteten WEA bis zur endgültigen Entscheidung im Hauptverfahren zu verneinen.
Hier stellt sich zum wiederholten Mal die Frage nach einer möglichen Interessenskollision des Kreises: Auf der einen Seite muss der Kreis Düren für die Wirtschaftlichkeit seiner Immobilie – der Burg – Sorge tragen, auf der anderen Seite gefährdet die Investition und der Betrieb der Lausbusch-Windräder genau die touristische Attraktivität des historischen Nideggener Stadtpanoramas.
Auf der einen Seite tritt der Kreis als Genehmigungsbehörde des Windparks auf, muss also die ordnungsgemäßen Voraussetzungen für die Baugenehmigung überprüfen, während er gleichzeitig auf der andern Seite an dem Investment, als Beteiligter am Windpark Lausbusch ein wirtschaftliches Interesse hat.
Gegen diesen Richterspruch des Verwaltungsgerichtes im „Einstweiligen Verfahren“ hat der Rat der Stadt Nideggen nun – mit der Mehrheit von CDU, MfN und FDP beschlossen – Beschwerde einzulegen.
Der Schattenschlag und die Geräuschbelastung der seit Februar laufenden, umstrittenen Windanlagen hat – vornehmlich bei Ostwind – bereits zu zahlreichen Beschwerden der Anwohner bei der Stadt Nideggen geführt. Zum Teil wird von einer massiven Geräuschentwicklung – selbst bei geschlossenen Fenstern – innerhalb der Wohnräume berichtet. Auch bei der BI WIR (Windrad-Initiative-Rureifel) haben sich zahlreiche Bürger aus den anliegenden Wohngebieten aus Nideggen und Berg gemeldet.
Die massiven Beschwerden haben die Fraktion der Menschen für Nideggen (MfN) veranlasst, einen zusätzlichen Antrag zum Thema des Kreuzauer Windparks Lausbusch in die Ratssitzung einzubringen:
Die Bürger sind darüber zu informieren, dass die Stadt nicht berechtigt ist, gegen schädliche Umwelteinwirkungen auf ihren Grundstücken rechtlich vorzugehen. Wegen der Beeinträchtigung durch Schattenwurf oder Lärmbelästigung der Windanlagen müssen sich die Betroffenen an den Kreis Düren wenden.“
Dieser Antrag wurde mit 12:11 Stimmen von der Ratsversammlung angenommen.
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Ich weiss immer das ich in einer „marktkonformen Demokratie“ lebe wenn ich „„Anordnung der sofortigen Vollziehung“ lese, muss man sich auf der Zunge langsam zergehen lassen. Schei….s auf die Gewaltenteilung, sofortiger Vollzug. „Seit 5:45 Uhr wird jetzt zurückgeschossen“, mit sofortiger Vollziehung.
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